European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0010OB00139.75.0924.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 8.218,56 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 1.920,– Barauslagen und S 466,56 Umsatzsteuer) binnen 3 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Mit Wechselzahlungsauftrag vom 21. 8. 1974 trug das Erstgericht dem Beklagten auf, dem Kläger den Betrag von S 300.000,– samt 6 % Zinsen seit 10. 4. 1974 zu bezahlen.
Der Beklagte erhob gegen diesen Wechselzahlungsauftrag fristgerecht Einwendungen und führte aus, daß es sich bei dem vom Kläger vorgelegten Wechsel um einen Gefälligkeitswechsel handle, dem ein Grundgeschäft nicht zugrunde liege. Sollte der Kläger als Rechtsgrund für die Wechselforderung einen Anspruch auf Bezahlung eines Entgelts für Arbeiten, die er an seinem, des Beklagten Hause, ausgeführt habe, geltend machen, so werde dem entgegengehalten, daß sämtliche „für diesen privaten Wohnhausbau anfallenden Kosten mit dem Kläger als Bauführer ausschließlich aus einem Bauvorhaben in L* zur Verrechnung gelangen“. Der Beklagte führte weiters aus, die durch ihn vertretene Firma T* habe für den Kläger Arbeiten geleistet, deren Abrechnung vor der endgültigen Fertigstellung stehe. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 30. 9. 1974 brachte der Beklagte weiters vor, er habe dem Kläger bereits vor Einbringung der gegenständlichen Klage hinsichtlich der Leistungen am Objekt L*, Rechnung gelegt, welche Rechnung die klagsgegenständliche Wechselsumme übersteige.
Der Kläger hat diesem Vorbringen entgegengehalten, daß der Wechsel zur Begleichung einer Verbindlichkeit des Beklagten aus der Durchführung von Arbeiten am Hause des Beklagten gegeben worden sei.
Der Erstrichter hielt den Wechselzahlungsauftrag (mit Ausnahme der Kostenentscheidung) aufrecht und stellte folgenden Sachverhalt fest:
Die Streitteile schlossen am 14. 11. 1973 einen Bauvertrag, worin der Beklagte dem Kläger die Ausführung von Baumeisterarbeiten zum Zwecke der Errichtung eines Gebäudes auf dem Grundstück Nr. * der EZ. * des Grundbuchs der KG. G* gemäß dem Anbot des Klägers vom 6. 11. 1973 mit einer Bausumme von S 1.399.148,55 übertrug. Hinsichtlich der Bezahlung des Entgelts sieht der Vertrag vor:
„1.) Rechnungen werden nach Rechnungslegung, Fertigstellung der Baumeisterarbeiten und Überprüfung entweder innerhalb von 8 Tagen mit einem Abzug von 2 % Skonto oder innerhalb 30 Tagen netto bezahlt.
2.) Wenn die Zahlung seitens der B*kasse der *kassen erfolgt und dies nicht rechtzeitig oder zur Gänze erfolgt, werden unsere Leistungen aus der Abrechnung der Baustelle L* kompensiert,
3.) oder innerhalb 30 Tagen mit Akzept, wobei die Spesen zu meinen Lasten gehen, bezahlt.
4.) Teilrechnungen können 1. nach abgeschlossenen Fundamentierungsarbeiten und 2. nach Fertigstellung der Decke über dem Erdgeschoß gelegt werden."
Eine Kompensation mit Gegenforderungen der Firma T* sollte nur dann stattfinden, wenn die Zahlung durch die B*kasse erfolgt und diese Zahlung nicht rechtzeitig oder vollständig geleistet wird. Der Kläger hat dem Beklagten am 31. 12. 1973 zwei Teilrechnungen über durchgeführte Arbeiten und zwar über S 6.496,– (Regierarbeiten) und über S 310.188,98 gelegt. Am 10. 1. 1974 ersuchte der Kläger den Beklagten, unter Hinweis auf diese Teilrechnungen um eine Teilzahlung, wozu der Beklagte bereit war. Er akzeptierte deshalb den ihm vom Kläger vorgelegten Wechsel über S 300.000,–. Der Kläger gab diesen Wechsel noch am gleichen Tage der R*kasse * zum Eskont. Da der Wechsel vom Beklagten nicht bezahlt wurde, löste ihn der Kläger ein, wobei am Wechsel ausdrücklich vermerkt wude, daß die Zahlung nicht vom Beklagten erfolgte. Der Kläger hat über die von ihm durchgeführten Arbeiten am 18. 4. 1974 und am 16. 8. 1974 Endabrechnung gelegt. Der Beklagte ist geschäftsführender Gesellschafter der Firma T* OHG., die über Auftrag des Klägers im Haus L*, Wasser- und Sanitärinstallationen ausgeführt hat; diese Arbeiten wurden im Sommer 1974 beendet. Die Forderung der Firma T* OHG. aus der Durchführung der Arbeiten belief sich auf S 2.764.578,63, wovon ein Betrag von S 2.317.948,17 bezahlt wurde, so daß ein offener Betrag in der Höhe von S 445.635,30 aushaftet.
In rechtlicher Hinsicht führte der Erstrichter aus, daß der gegenständliche Wechsel kein Gefälligkeitswechsel sei, sondern daß ihm eine Forderung des Klägers gegenüber dem Beklagten aus durchgeführten Arbeiten zugrunde liege. Es sei auch nur für den Fall, als die Zahlung durch die B*kasse nicht rechtzeitig oder nur teilweise bewirkt würde, eine Kompensation mit Forderungen der Firma T* OHG. vorgesehen worden. Im vorliegenden Fall sei aber im Sinne der vertraglich getroffenen Vereinbarung zur Bezahlung der offenen Forderung ein Wechsel gegeben worden. Im Übrigen habe der Beklagte eine Erklärung, mit Forderungen der Firma T* OHG. zu kompensieren, im Prozeß nicht abgegeben.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil gerichteten Berufung keine Folge. Es fand das durchgeführte Verfahren mängelfrei und die Beweiswürdigung des Erstrichters zutreffend. Rechtlich ging es davon aus, daß nach dem festgestellten Sachverhalt der dem Zahlungsauftrag zugrunde liegende Wechsel kein Gefälligkeitswechsel sei. Dieser einzige Einwand des Beklagten gegen den Wechselzahlungsauftrag habe sich als unzutreffend erwiesen, auf die „außerhalb der Einwendungen“ aufgestellten weiteren Behauptungen sei aber im Hinblick auf die Eventualmaxime nicht einzugehen gewesen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag, es aufzuheben und dahin abzuändern, daß der Wechselzahlungsauftrag vom 21. 8. 1974 aufgehoben werde.
Der Kläger beantragt, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht gerechtfertigt.
Der Revisionswerber wendet sich zunächst gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, den einzigen Inhalt der gegen den Wechselzahlungsauftrag vom 21. 8. 1974 erhobenen Einwendungen habe die Behauptung gebildet, daß es sich bei dem dem Zahlungsauftrag zugrunde liegenden Wechsel um einen Gefälligkeitswechsel handle, dem kein gültiges Grundgeschäft entspreche. Nun ist allerdings dem Revisionswerber einzuräumen, daß in den Einwendungen auch vorgebracht wurde, daß vereinbarungsgemäß die dem Kläger gegen ihn, Beklagten, aus der Errichtung eines Hauses zustehenden Forderungen mit Forderungen zu verrechnen seien, welche der vom Beklagten „geführten" Firma T* OHG. gegenüber dem Kläger zustehen, wobei weiters ausgeführt wurde, daß die Abrechnung dieser Forderungen vor der endgültigen Fertigstellung stehe. Damit wurde hinreichend deutlich der Bestand eines Aufrechnungsvertrages des Inhaltes behauptet, daß Forderungen des Klägers mit Gegenforderungen der Firma T* OHG. zu verrechnen seien. Nun kann grundsätzlich im Rahmen der durch Art. 17 bzw. Art. 10 WG gezogenen Grenzen dem Wechselkläger auch der Einwand von Gegenforderungen entgegengehalten werden, welche die Klagsforderung durch Aufrechnung tilgen (Fasching, Komm, IV, 612). Der Beklagte hat nun freilich in seinen Einwendungen ein konkretes Vorbringen in dieser Richtung nicht erstattet, sondern dies erst in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 30. 9. 1974 nachgeholt. Immerhin hat er aber schon in den Einwendungen den Bestand der Aufrechnungsvereinbarung behauptet. Nun ist bei Beurteilung der Frage, ob ursprüngliche Einwendungen des Beklagten verdeutlicht werden, oder ob ein im Hinblick auf die Eventualmaxime unzulässiges neues Vorbringen vorliegt, kein allzu strenger Maßstab anzulegen. Einzig legitimer Zweck der Eventualmaxime ist es ja, zur Verfahrensbeschleunigung beizutragen und diesem Zweck wird durch eine den ursprünglichen Rahmen der Einwendungen nicht überschreitende Ergänzung des Sachverhaltes nicht Abbruch getan (vgl. Fasching a.a.O. 612 f. und JBl 1963, 212). Die Eventualmaxime steht daher der Berücksichtigung der behaupteten vertraglichen Aufrechnung nicht entgegen. Damit ist aber für den Beklagten nichts gewonnen. Daß der Beklagte keine besondere Aufrechnungserklärung abgegeben hat ist freilich nicht entscheidend, weil eine solche Erklärung nur bei der einseitigen Aufrechnung, nicht aber auch bei vertraglicher Aufrechnung – sie ist auch hinsichtlich künftiger Forderungen zulässig – gefordert wird (Koziol-Welser, Grundriß I3 204, Gschnitzer in Klang, Kommentar2 VI, 493). Nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen war die Kompensation für den Fall vereinbart, daß die Finanzierung durch die B*kasse erfolgt, aber die Zahlung nicht rechtzeitig oder nicht zur Gänze effektuiert würde. Es kann zweifelhaft sein, ob hier am Wortlaut der Vereinbarung zu haften ist oder ob nicht nach dem Sinn der Vereinbarung angenommen werden müßte, daß die Kompensation auch in anderen Fällen unterlassener Zahlung Platz greifen sollte. Immerhin sei darauf verwiesen, daß offenbar auch der Kläger diese Vereinbarung so versteht, weil er seine Forderung gegenüber dem Beklagten teilweise mit der Forderung der Firma T* OHG. gegen ihn verrechnet hat (vgl. Aussage S. 38 d.A. und Blg.K). Entscheidende Bedeutung ist aber hier dem Umstand beizumessen, daß nach dem erhobenen Sachverhaltsbild der Kläger vom Beklagten Zahlung seiner Teilrechnung begehrte, womit sich der Beklagte einverstanden erklärte. Er übergab ihm zu diesem Zweck den der Klage zugrunde liegenden Wechsel. Bei dieser Sachlage muß aber angenommen werden, daß gegenüber der Wechselforderung die Kompensation nicht eingewendet werden kann. Andernfalls würde ja der Kläger die Barzahlung, an der ihm gelegen und die ihm vom Beklagten zugesichert war, wieder nicht erhalten. Es steht daher auch die Kompensationsvereinbarung der Geltendmachung der Wechselforderung nicht entgegen, so daß auch die Frage, ob der Firma T* OHG. gegenüber dem Kläger überhaupt noch eine Forderung zusteht, nicht geprüft werden muß.
Auszugehen ist daher davon, daß der vom Kläger geltend gemachte Wechsel kein Gefälligkeitswechsel ist, sondern daß ihm eine Forderung des Klägers gegenüber dem Beklagten aus erbrachten Werkleistungen (Bau eines Hauses) zugrunde liegt. Der Umstand, daß der Kläger den Wechsel von der R*kasse * rückgelöst hat, läßt, wie ergänzend bemerkt sei, keinerlei Rückschlüsse darauf zu, ob es sich um einen Gefälligkeitswechsel handelt und ob der Beklagte Zahlung zu leisten hat. Der Kläger, der den Wechsel an die R*kasse * indossiert hatte, haftete damit selbst wechselmäßig. Wenn er daher den der R*kasse * indossierten Wechsel rücklöste, weil vom Beklagten Zahlung nicht zu erlangen war, so entsprach er damit nur seiner wechselmäßigen Verpflichtung.
Demzufolge erweist sich, aber die Revision als nicht gerechtfertigt, so daß ihr der Erfolg zu versagen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich, auf §§ 41, 50 ZPO.
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