European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0010OB00136.75.0910.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei und der Nebenintervenientin die mit je 1.989,60 S (darin je 240,– S Barauslagen und je 129,60 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrt die Zustimmung der Beklagten zur bücherlichen Übertragung des Eigentumsrechtes an 290/140.190tel Anteilen der Liegenschaft EZ. * Katastralgemeinde *, mit denen das Eigentum an der Garage Nr. * im Hause * dieser Wohnhausanlage verbunden ist. Wie im Revisionsverfahren nicht mehr strittig ist, hatte die Beklagte diese Liegenschaftsanteile von der Nebenintervenientin neben einer (nicht streitverfangenen) Eigentumswohnung im gleichen Hause (gesondert) um den (Grundanteils-) Kaufpreis von S 7.000,– gekauft und am 10. 6. 1960 das bücherliche Eigentumsrecht erworben. Als die Beklagte in der Folge wegen der zu erwartenden hohen Baukosten vom Kaufvertrag über die Garage zurücktreten wollte, teilte ihr die Nebenintervenientin mit, daß das wegen der erfolgten Grundbuchseintragung nicht mehr möglich sei, daß man sich aber um einen Weiterverkauf bemühen werde. Der Kläger, der bei der Nebenintervenientin ebenfalls eine Wohnung erworben hatte, erkundigte sich dort etwas später um eine Garage. Die Nebenintervenientin bot ihm eine Garage im Hause * zum Preise von 12.000,– S Grundanteil und den nach endgültiger Berechnung bekanntzugebenden Baukosten an. Der Kläger bezahlte am 20. 12. 1962 die verlangten 12.000,– S und am 8. 7. 1963 weitere 32.000,– S, ohne noch zu wissen, von wem er den Liegenschaftsanteil mit der Garage gekauft hatte. Er benützt seit dem Jahre 1963 im Hause * eine nicht nummerierte Garage, nämlich einen Autostandplatz mit eigener Einfahrt in einer großen Halle.
Am 29. 5. 1963 ersuchte die Nebenintervenientin die Beklagte schriftlich, die Rückzahlung des Garagendarlehens an die B*kasse vorläufig noch zu bezahlen, bis der Vertrag zwischen der Beklagten und dem neuen Garageneigentümer abgeschlossen sei. Sobald der im Laufe der nächsten Wochen abzufassende Vertrag grundbücherlich durchgeführt sei, werde auch der Bausparvertrag auf den neuen Eigentümer übertragen werden. Im Zeitpunkt dieses Schreibens hatte die Nebenintervenientin die Garage noch nicht namens der Beklagten an den Kläger verkauft. Nach dem 29. 5. 1963 kam es zwischen der Beklagten und der Nebenintervenientin zu Spannungen. Die Beklagte blieb mit Baukostenbeiträgen im Rückstand und verwies dabei auf ihre Garage. Daraufhin erklärte Dr. S* namens der Nebenintervenientin, daß diese alle Bemühungen bezüglich des Verkaufes der Garage einstellen werde, und teilte dies der Beklagten auch in einem Schreiben vom 10. 6. 1963 mit dem Bemerken mit, daß sie der Beklagten freistelle, über die Garage in beliebiger Form zu verfügen. Dieses Schreiben erhielt die Beklagte nach einem Urlaub erst zugleich mit einem weiteren Schreiben der Nebenintervenientin vom 16. 7. 1963, in dem diese (im Widerspruch zu dem vorangegangenen Schreiben) mitteilte, daß die von der Beklagten gekaufte Garage der * Wohnhausanlage verkauft worden sei, einen Kontoauszug bekannt gab und erklärte, mit gleicher Post 16.000,– S an die Beklagte zu überweisen. Die Beklagte nahm diese Überweisung entgegen und unternahm in der Folge nichts mehr hinsichtlich der Garage, sondern hielt die Sache für erledigt, weil sie zwar der Meinung war, durch die Abrechnung geprellt zu sein, aber glaubte, mit dem Schreiben, einverstanden sein zu müssen und gegen die Nebenintervenientin machtlos zu sein. Da ihr andererseits niemand gesagt hatte, was für die Garage beim Weiterverkauf erzielt worden war, betrachtete die Beklagte den Betrag von 16.000,– S wohl als Anzahlung und war der Meinung, daß sie noch einen Kaufpreis bekomme.
In der Folge wurden die von der Beklagten aufgenommenen Bausparkassendarlehen, die nie getrennt für die Wohnung und für die Garage vorgeschrieben wurden, weiterhin von ihr zurückgezahlt.
Erst im Jahre 1969 oder 1970 wendete sich die Beklagte an den Kläger und erklärte ihm, daß mit der Garage etwas nicht stimme und daß sie noch immer im Grundbuch eingetragen sei. Der Kläger wandte sich, an seinen Vertreter und verständigte die Nebenintervenientin. Diese übersandte mit Schreiben vom 3. 3. 1970 der Beklagten einen erst im gleichen Jahr errichteten und nun vom Kläger unterschriebenen Kaufvertrag mit dem Ersuchen um Unterfertigung.
Im ersten Rechtsgang wies der Erstrichter das Klagebegehren aus der Erwägung ab, daß ein zwischen der Nebenintervenientin und der Beklagten allenfalls bestandenes Vollmachtsverhältnis mit 29. 5. 1963 aufgekündigt worden sei, sodaß die Nebenintervenientin später die Garage nicht mehr namens der Beklagten verkaufen durfte. Auch zu einer konkludenten Zustimmung der Beklagten im Sinne des § 863 sei es selbst durch jahrelanges Stillschweigen, nicht gekommen, zumal die Nebenintervenientin seit dem, 16. 7. 1963 nichts unternommen habe, um einen verbücherungsfähigen Vertrag herzustellen.
Dieses Urteil wurde vom Berufungsgericht wegen Feststellungsmängeln aufgehoben. Es müsse geprüft werden, ob die Beklagte sich den aus dem Geschäft entstandenen Vorteil im Sinne des § 1016 ABGB zugeeignet habe. Zu diesem Zweck bedürfe es der Feststellung, ob die von der Nebenintervenientin an die Beklagte übersendete Abrechnung über den Kaufpreis richtig sei und ob der der Beklagten gutgebrachte Verkaufserlös einen angemessenen Kaufpreis darstelle, nämlich dem Verkehrswert des Wohnungseigentums an der Garage im Zeitpunkte des Verkaufes entspreche.
Nach Durchführung weiterer Beweise gab der Erstrichter nun der Klage statt. Er stellte auf Grund von Sachverständigengutachten ergänzend fest, daß die Beklagte in der Abrechnung der Nebenintervenientin vom 16. 7. 1963 für den die Garage betreffenden Miteigentumsanteil – gegenüber den schließlichen, bei dieser Abrechnung noch nicht bekannten Gesamtkosten von 33.393,54 S (bei denen bereits eine Reduktion des Kaufpreises im Betrage von 3.540,20 S auf Grund einer im Jahre 1966 getroffenen Vereinbarung berücksichtigt wäre – mit insgesamt 29.933,74 S (bei Abzug der späteren Kaufpreisreduktion von 3.540,20 S ergäbe sich eine berichtigte Summe von 26.393,54 S) belastet wurde, denen Zahlungen der Beklagten von 13.520,– S und ein Kredit der B*kasse von 13.240,24 S, somit ein gesamt geleisteter Betrag von 26.760,24 S gegenüberstehen, der von der Nebenintervenientin in der Weise verrechnet wurde, daß der Beklagten 13.916,35 S auf die Restschuld für die Wohnung gutgeschrieben und 16.000,– S am 19. 7. 1963 überwiesen wurden. Einschließlich des Bausparkredites resultiert daraus ein buchhalterischer Mehrerlös von über 3.000,– S. Der Verkehrswert des Miteigentumsanteiles für die Garage betrug im Jahre 1963 37.433,74 S, doch war die Garage um diesen Preis nur unter der Voraussetzung veräußerlich, daß der Bauwerber den Kredit von 13.240,24 S in langfristigen kleinen Raten abzahlen konnte. Der vom Kläger tatsächlich, bezahlte Kaufpreis von 44.000,– S ist ein Liebhaberwert.
Ausgehend von der vom Berufungsgericht übernommenen Rechtsansicht war der Erstrichter im zweiten Verfahrensgang der Meinung, daß die Beklagte, die zu den Gesamtbaukosten einschließlich der Grundkosten (26.393,54 S + 7.000,– S = 33.393,54 S) außer den an sie zurückbezahlten 29.916,95 S noch weitere 6.633,30 S aufwenden hätte müssen, bei Berücksichtigung dieses Differenzbetrages nicht nur 29.916,96 S, sondern 36.550,25 S gegenüber dem Verkehrswert von 37.433,74 S bekommen habe, somit praktisch den gesamten Verkehrswert des Liegenschaftsanteiles. Die Beklagte habe also den gesamten Vorteil des Kaufgeschäftes erhalten und entgegengenommen.
Infolge Berufung der Beklagten bestätigte das Berufungsgericht dieses neue Urteil des Erstrichters. Es übernahm die Feststellungen als unbedenkliches Ergebnis eines mangelfreien Verfahrens und blieb bei der rechtlichen Beurteilung des Aufhebungsbeschlusses, wonach das Klagebegehren berechtigt sei, weil der Beklagten ein dem Verkehrswert des Wohnungseigentums an der Garage (praktisch) entsprechender Betrag zugekommen sei. Die Beklagte habe durch die Entgegennahme der Abrechnung der Nebenintervenientin und durch jahrelanges Stillschweigen überdies ihren Willen, sich den Vorteil des Geschäftes zuzuwenden, unmißverständlich zum Ausdruck gebracht.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhebt die Beklagte Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, es im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern oder es aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die Nebenintervenientin beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen. Hilfsweise beantragt sie ebenso wie der Kläger, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Das Berufungsgericht hat zwar ausgesprochen, daß der Wert des Streitgegenstandes 50.000,– S nicht übersteigt. Dieser Ausspruch ist aber im Falle des § 502 Abs 5 ZPO unbeachtlich, weil danach die Bestimmungen der beiden vorhergehenden Absätze unter bestimmten Voraussetzungen keine Anwendung finden (vgl auch Fasching ZPO –Ergänzungsband 65, 106). Daß es sich hier um einen solchen Fall handelt, bestreitet die Nebenintervenientin zu Unrecht. Der Erstrichter ist zu einem anderen Ergebnis als im ersten Verfahrensgang nur infolge der im Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes ausgesprochenen Rechtsansicht gelangt, daß eine Genehmigung des vollmachtslos geschlossenen Geschäftes im Sinne des § 1016 ABGB unter bestimmten, noch, zu klärenden Umständen in Betracht komme. Es handelte sich nicht bloß um eine Ergänzung des Beweisverfahrens, sondern um die Bindung des Erstrichters an eine andere als die von ihm im ersten Rechtsgang geäußerte Rechtsansicht.
Zur Sache selbst kann dahingestellt bleiben, ob nach den knappen Feststellungen des Erstrichters ein ausdrücklicher oder stillschweigender Auftrag der Beklagten und eine entsprechende Bevollmächtigung der Nebenintervenientin zum Weiterverkauf des Liegenschaftsanteiles über die Garage im Namen der Beklagten zustandegekommen sind und ob sie im Zeitpunkte des tatsächlichen Verkaufes des Objektes an den Kläger noch bestanden. Die Revisionswerberin bestreitet nämlich selbst nicht die zutreffende Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß sie nach § 1016 ABGB sowohl im Falle des gänzlichen Fehlens einer Vollmacht wie auch einer Vollmachtsüberschreitung (vgl. EvBl 1962/90) aus dem zwischen dem Kläger und der Nebenintervenientin für sie geschlossenen Kaufgeschäft dann verpflichtet worden ist, wem sie das Geschäft genehmigt oder sich – in Kenntnis des abgeschlossenen Geschäftes (SZ 44/21 ua.) – den aus dem Geschäft entstandenen Vorteil zugeeignet hat. Mit Recht bekämpft die Revisionswerberin allerdings die weitere Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß es dabei auf die Erzielung gerade des Verkehrswertes ankam. Auch die unbeanstandete Annahme eines geringeren, von der Nebenintervenientin erzielten Kaufpreises würde die Genehmigung des mit einem solchen Inhalt geschlossenen Vertrages bedeuten. Nicht gefolgt werden kann andererseits der weiteren Ansicht der Revisionswerberin, wonach sie nur im Falle eines „Gewinns“ aus dem Verkauf des Liegenschaftsanteiles verpflichtet worden wäre. Auch ein Geschäft ohne Gewinn, ja selbst ein Verlustgeschäft kann im Sinne des § 1016 ABGB ausdrücklich oder schlüssig genehmigt werden, wobei dann der zugewendete „Vorteil" des Geschäftes in der mehr oder weniger angemessenen Gegenleistung des Vertragspartners besteht.
Fraglich bleibt nur, welche Bedeutung dem teilweisen Einbehalten des tatsächlich erzielten Vermögensvorteiles aus dem Geschäft durch den falsus procurator zukommt. In der Beurteilung des Berufungsgerichtes, daß ein solches Vorgehen des Scheinvertreters das Zustandekommen des Geschäfts nicht hindere, kann aber ein Rechtsirrtum deshalb nicht erkannt werden, weil die Zustimmung der Revisionswerberin zu dem ihr abgerechneten (ungünstigeren) Geschäft umso mehr die Zustimmung zu dem in Wahrheit für sie günstigeren Geschäft enthalten haben muß, sodaß sie sich nicht mehr gegenüber dem Vertragstreuen Dritten, der eine höhere Leistung erbracht hat, auf die Unwirksamkeit dieses tatsächlich abgeschlossenen besseren Geschäftes berufen, sondern allenfalls die Ausfolgung des Unterschiedsbetrages vom Scheinvertreter verlangen kann. Auf die genaue Gegenüberstellung des Kaufpreises und der abgerechneten Beträge mit den von der Revisionswerberin bereits geleisteten Teilzahlungen kommt es daher nicht an.
Der Ausspruch, über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)