European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0010OB00081.75.0064.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagten sind zur ungeteilten Hand schuldig, den Klägern die mit S 2.031,59 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 132,71 Umsatzsteuer und S 240,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen zu. ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Liegenschaft EZ. 4 KG. O*, vulgo F*, zu deren Gutsbestand 25 Parzellen gehören, steht im Eigentum, der Kläger. Die auf der Baufläche Nr. 104 errichtete Hofstelle mit dem Wohnhaus Nr. 4, Wirtschaftsgebäude und Schweinestall sowie die Baufläche Nr. 102 mit Presse befinden sich im südöstlichen Teil der Liegenschaft am Buße des S*, das auf der Baufläche Nr. 101 errichtete, nicht mehr bewohnte Winzerhaus Nr. 5, liegt in ca. 400 m Entfernung im nordwestlichen Teil der Liegenschaft auf der Höhe des S* nahe der Grundgrenze zu den Beklagten und ist mit der Hofstelle durch einen zur Gänze auf dem Grunde der Kläger verlaufenen Weg verbunden.
Zu der nördlich und nordwestlich vom Besitze der Kläger gelegenen Liegenschaft der Beklagten, EZ. 5 KG. O*, vulgo Sch*, gehört unter anderem das Gartengrundstück Nr. 1080, das sich – nordwestlich des Winzerhauses der Kläger – ab der Grundgrenze als ca. 6 m breiter Wiesenstreifen zwischen der Wiesenparzelle Nr. 1082 und dem Weingarten Nr. 1081 in Richtung Nordwesten bis zur Hofstelle der Beklagten mit dem Wohnhaus Nr. 6 und nördlich bzw. nordöstlich derselben weiter bis zur öffentlichen Wegparzelle Nr. 1146/1, dem sogenannten „S*weg“, erstreckt. Dieser Weg führt vom östlich der Liegenschaft der Kläger gelegenen „W*“ in vorherrschend westlicher Richtung auf den S* zunächst zum Anwesen der Beklagten und dann zu solchen mehrerer anderer Besitzer. Von der Hofstelle der Kläger führt in nördlicher Richtung eine Zufahrt zum W*.
Mit der Behauptung, ein Gehrecht sowie ein Fahrrecht mit Wirtschaftsfahrzeugen aller Art über das Grundstück Nr. 1080 als natürliche Fortsetzung ihres eigenen Weges und zugleich als kürzeste Verbindung auf den S* durch über 50 Jahre währendes ungestörtes Gehen und Fahren durch sie selbst und ihre Besitzvorgänger erworben zu haben, an dessen weiterer Ausübung sie durch einen von den Beklagten im Jahre 1971 an der Grundgrenze ausgehobenen Graben gehindert würden, beantragten die Kläger nach einer im Verlaufe des Verfahrens vorgenommenen Modifizierung des Klagebegehrens (Seite 15 f.) 1.) gegenüber den Beklagten als den derzeitigen Eigentümern der Liegenschaft EZ. 5, KG. O* festzustellen, daß den Klägern als den derzeitigen Eigentümern der Liegenschaft EZ. 4, KG. O*, als Dienstbarkeit das Recht zusteht, über das Grundstück Nr. 1080 Garten und zwar über den zwischen den Grundstücken Nr. 1081 und Nr. 1082 liegenden Wiesenstreifen und von dort in gerader Linie nordöstlich an der Baufläche Nr. 100 vorbei, zur Bewirtschaftung der Liegenschaft zu gehen und mit Wirtschaftsfahrzeugen aller Art zu fahren und 2.) die Beklagten zu verurteilen, a) in die bücherliche Einverleibung der zu 1.) beschriebenen Dienstbarkeit einzuwilligen sowie b) den an der Grenze zwischen den Grundstücken Nr. 1071, KG. O*, der Kläger einerseits und Nr. 1080, KG. O*, der Beklagten andererseits ausgehobenen Graben wieder zuzuschütten und in Zukunft jegliche Behinderung der Ausübung der zu Punkt 1.) bezeichneten Dienstbarkeit zu unterlassen.
Die Beklagten anerkannten das Bestehen der behaupteten Dienstbarkeit des Gehens und das sich hierauf beziehende Begehren auf grundbücherliche Einverleibung, bestritten jedoch das darüber hinausgehende Mehrbegehren der Kläger.
Im ersten Rechtsgang gab das Erstgericht dem gesamten Klagebegehren statt. Die Berufung der Beklagten, die nur den Ausspruch über die.Feststellung und die grundbücherliche Einverleibung der Dienstbarkeit des Fahrrechtes sowie den Auftrag des Erstgerichtes, den ausgehobenen Graben wieder zuzuschütten und künftige Behinderungen zu unterlassen, bekämpfte, blieb ohne Erfolg. Der gegen dieses Urteil erhobene Revision wurde mit Beschluß vom 21. 2. 1973, 1 Ob 16/73, Folge gegeben, das Urteil des Berufungsgerichtes und jenes des Erstgerichtes im Umfang der Anfechtung aufgehoben und die Streitsache an das Erstgericht zurückverwiesen. Im Aufhebungsbeschluß wurde ausgeführt, die Beklagten hätten sich darauf berufen, daß der streitgegenständliche Weg im Zeitpunkt des Erwerbes der Liegenschaft durch sie verwachsen und ein Befahren dieses Weges unmöglich gewesen sei. Treffe dies zu und wäre es den Beklagten auch bei gehöriger Aufmerksamkeit nicht möglich gewesen das Bestehen einer Dienstbarkeit und damit einen vom Grundbuchstand abweichenden Sachverhalt zu erkennen, käme dem Begehren der Kläger keine Berechtigung zu.
Im zweiten Rechtsgang gab das Erstgericht dem Klagebegehren im wesentlichen neuerlich statt, lediglich das Teilbegehren, die Beklagten schuldig zu erkennen, den an der Grenze zwischen den Grundstücken 10/1 und 1080 der KG. O* ausgehobenen Graben zuzuschütten, wurde abgewiesen.
Folgende Feststellungen wurden getroffen:
Im Verlassenschaftsverfahren nach dem am * verstorbenen G* wurde das Eigentum an der Liegenschaft EZ. 5 des Grundbuches der KG. O* (vulgo Sch*) zu 2/5 Anteilen für die erblasserische Witwe J* N* und zu je 1/5 Anteil für die erblasserischen Kinder G*, Ju* und Jo* N* (verehelichte H*) einverleibt. Mit Kaufvertrag vom 21. 12. 1946 erwarb die Zweitbeklagte weitere 2/5-Anteile dieser Liegenschaft von ihrem Bruder G*. Mit Ehe- und Erbvertrag vom 25. 1. 1947 errichteten die Beklagten, die am 11. 1. 1947 geheiratet hatten, eine allgemeine Gütergemeinschaft unter Lebenden, in deren Rahmen dem Erstbeklagten u.a. das Miteigentum an den 3/5-Anteilen der EZ. 5, KG. O*, eingeräumt wurde. Im Teilungs- und Übergabsvertrag vom 25. 5. 1951 übergab schließlich die Mutter der Zweitbeklagten, J* N*, ihre 2/5-Anteile an der genannten Liegenschaft an die Beklagten, sodaß diese seither je zur Hälfte Eigentümer der gesamten EZ. 5, KG. O*, sind. Mindestens seit dem Jahre 1920 fuhren die Besitzer der Liegenschaft EZ. 4, KG. O*, vulgo F*, mit Fuhrwerken über das GrundstückNr. 1080 der Liegenschaft EZ. 5 auf den S* und zurück auf ihre Liegenschaft. Insbesondere benützte jedenfalls seit 1930 der Vater des Erstklägers und der Knecht der Familie St*, der schon seit 1917 beim Haus war, die Liegenschaft EZ. 5 zu Fahrten mit Ochsenfuhrwerken auf den S*, weil sie dort bei verschiedenen Besitzern (vulgo Z*, Ho*, W*, Sa*) Anbauarbeiten verrichteten, die ihrerseits bei der Familie St* Tagwerke leisteten. Zu diesem Zwecke wurden jeweils im Frühjahr und im Herbst einigemale über das streitgegenständliche Grundstück gefahren. Die Besitzer, für welche die Familie St* Anbauarbeiten leisteten, erhielten von St* als Gegenleistung für ihre Tagwerke aber auch Holz und Gras, welches ebenfalls über die Liegenschaft der Beklagten transportiert wurde. Diese Liegenschaft wurde bis 1947 von Winzern bewirtschaftet; das heutige Wohnhaus Nr. 6 war damals eine Winzerkeusche. Die Familie N* (vulgo W*) einschließlich der Zweitbeklagten wohnten im Haus O* Nr. 3, östlich des klägerischen Anwesens. Zu Lebzeiten des G* (bis zum Jahre 1926) fragten die Besitzer der Liegenschaft EZ. 4 KG. O* um Erlaubnis, wenn sie über den Grund fahren wollten, später jedoch nicht mehr. Die Winzer machten der Familie N* von diesen Fahrten Mitteilung. Eine Beanstandung der Rechtsvorgänger der Kläger durch N* erfolgte jedoch nicht. Die Besitzer N* äußerten sich zwar, daß „alle dort fahren“ und daß dies nicht zulässig sei, daß sie aber deshalb keinen Prozeß wollten. Außerdem waren sie der Meinung, daß der Weg ohnehin nicht häufig zum Fahren in Anspruch genommen würde. Während des zweiten Weltkrieges und bis 1949 fuhr auch die Cousine des Erstklägers, J* M*, ein paar Mal jährlich mit Ochsenfuhrwerken über das gegenständliche Grundstück, z.B. um bei den Besitzern M* und P* anzubauen. Auf diese Weise fuhr sie auch, um im Herbst Getreide mit der auf dem Anwesen Pommer befindlichen Getreideputzmaschine putzen zu lassen. In dieser Zeit führte die Familie St* weiters Obst zur Obstsammestelle, es wurden auch vom Kaufhaus Sch* in Ne* Baumaterialien und Kunstdünger mit Ochsenwagen auf die Liegenschaft St* gebracht. Seit Mitte der 50er Jahre fuhr der Erstkläger selbst mit Ochsengespannen, um auf der Liegenschaft vulgo Z* anzubauen. Seit 1962 führte er für die Besitzer A* vulgo D* Holz, wobei er in allen diesen Fällen den streitgegenständlichen Weg benützte. Seit seiner Eheschließung im Jahre 1965 besteht zwischen der Liegenschaft der Kläger und jener der Besitzer A* (der Schwiegereltern des Erstklägers) ein reger Leistungsaustausch. Sowohl der Vater des Erstklägers, dessen Knecht, als auch der Erstkläger selbst sind auch im Winter gelegentlich mit einem Schlitten über das Grundstück 1080 gefahren. Bis vor ca. 7 Jahren befuhr auch Karl K* (vulgo F*) mit seinem Traktor dieses Grundstück, da er für die Kläger verschiedene Arbeiten z.B. Weingarten und Holzarbeiten verrichtete. Alois und J* H* zogen nach ihrer Eheschließung am 11. 1. 1947 in die Winzerkeusche (jetzt Haus Nr. 6). Auch die Beklagten duldeten das Fahren seitens der Besitzer St* auf ihrem Grund, ohne irgendwelche Einwendungen zu erheben. Zwischen ihnen und den Klägern bestand immer ein gutes Einvernehmen. Erst nachdem sich die Kläger im April 1971 einen Traktor angeschafft und der Erstkläger ein paar Mal mit dem Traktor zu A* gefahren war, untersagten die Beklagten den Klägern die weitere Wegbenützung und errichteten Hindernisse, um ein Befahren des gegenständlichen Grundstückes unmöglich zu machen. Insbesondere hoben sie im September an der Grenze zur Liegenschaft der Kläger einen Graben aus, der aber inzwischen wieder eingeebnet wurde.
Das Grundstück Nr. 1080 der Beklagten stellt sich als ca. 6 m breiter, von der Liegenschaftsgrenze in einer Länge von ca. 40 m zur Hofs teile der Beklagten hin verlaufender Wiesenstreifen dar, auf dem Fahrspuren nicht ersichtlich sind. Dann vermindert sich in nordwestlicher Richtung die Breite dieses Grundstückes auf 2 - 3 m. In der Folge gelangt man über festen Erdgrund zum Wirtschaftsgebäude der Beklagten. Der von den Klägern und ihren Vorgängern benützte Weg führt unmittelbar an diesem Wirtschaftsgebäude vorbei. Auf Höhe der Nordwestkante des Wirtschaftsgebäudes wird die Durchfahrt überdies durch eine Holzhütte woweit eingeengt, daß mit einem Traktor gerade noch durchgefahren werden kann. Unmittelbar danach fällt das Gelände zum öffentlichen Weg Nr. 1146/1, KG O*, ab. Das Grundstück Nr. 1080 war immer grasbewachsen. Auf der Wiesenfläche war in früherer Zeit ein ausgetretener Fußpfad vorhanden, da zahlreiche Personen über dieses Grundstück gingen. Die Fuhrwerke hinterließen im Gras sichtbare Abdrücke, das Erdreich wurde dabei nicht aufgebrochen; wenn es feucht war, sind die Wagenräder allerdings auch etwas ins Erdreich eingesunken. Seit dem Beginn der 60er Jahre waren Fahrspuren schwer zu erkennen, weil der Erstbeklagte damals die obere lockere Erdschichte abhob und für seinen Weingarten verwendete. Deutliche Spuren waren dann zu sehen, wenn bei Schnee (entweder mit einem Wagen oder mit einem Schlitten) gefahren wurde. Zumindest leichte Spuren (niedergedrücktes Gras) waren insbesondere in den 40er und 50er Jahren, somit auch zur Zeit des Einzugs der Beklagten in das Haus O* Nr. 6 immer zu sehen. Die Beschaffenheit und der Bewuchs des gegenständlichen Grundstückes auch im. Bereich der Hofstelle war in der Zeit um 1947 im wesentlichen gleich wie heute. Eine Verwachsung des Fahrweges bestand zu keiner Zeit. Wohl hingen vereinzelte Äste in den Fahrweg, die das Durchfahren jedoch nicht wesentlich behinderten, derartige Äste wurden vom Erstbeklagten weggeschnitten. Der Weg über das Grundstück Nr. 1080 war als Fahrweg der Familie St* ortsbekannt und wurde von dieser als Hausweg angesehen.
Hieraus folgerte das Erstgericht in rechtlicher Hinsicht, daß die Ersitzungsvoraussetzungen für das von den Klägern beanspruchte Fahrrecht während der ganzen Ersitzungszeit vorgelegen seien und sich die Beklagten für die behauptete Rechtsfreiheit auch nicht auf die Bestimmung des § 1500 ABGB berufen können. Die Zweitbeklagte sei bereits seit 1926 Miteigentümerin der Liegenschaft; seit damals benützten die Rechtsvorgänger der Kläger die Liegenschaft für Wirtschaftsfuhren, ohne die Eigentümer N* um Erlaubnis zu fragen. Selbst wenn man aber auf das Jahr 1951 abstellte, als die Zweitbeklagte in den Besitz der gesamten Liegenschaft gekommen war, wäre für sie nichts gewonnen, weil sie zu dieser Zeit bei gehöriger Aufmerksamkeit jedenfalls die offenkundige Ausübung der Dienstbarkeit hätte erkennen müssen, zumal die Ausübung der Dienstbarkeit allgemein bekannt gewesen sei. Dem Erstbeklagten, der nicht aus der Gegend stamme, seien zwar die Verhältnisse nicht bekannt gewesen, doch hätte auch er bei gehöriger Aufmerksamkeit, jedenfalls zur Zeit, als er (gemeinsam mit der Zweitbeklagten) die restlichen 2/5-Anteile erwarb, das Bestehen einer Dienstbarkeit erkennen müssen. Im übrigen sei die Ausübung der Dienstbarkeit des Fahrrechtes durch die Beklagten bis 1971 auch geduldet worden.
Der gegen den stattgebenden Teil dieses Urteils gerichteten Berufung gab das Berufungsgericht keine Folge; es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,-- übersteigt. Das Berufungsgericht fand die Beweiswürdigung des Erstgerichtes zutreffend, das durchgeführte Verfahren mängelfrei, verneinte das Vorliegen einer Aktenwidrigkeit und billigte im wesentlichen auch die rechtliche Beurteilung durch den Erstrichter. Im einzelnen führte es aus, die Vielzahl der für den Zeitraum von 50 Jahren festgestellten Benützungshandlungen dienten einem gemeinsamen Zweck, nämlich der Verbesserung und Erleichterung der landwirtschaftlichen Nutzung der Liegenschaft der Kläger, keinesfalls nur der Förderung bloß zeitweiliger oder persönlicher Bedürfnisse der jeweiligen Liegenschaftseigentümer. Dies gelte für die mit verschiedenen Typen landwirtschaftlicher Fahrzeuge ausgeführten Fahrten ebenso wie für die Fuhren, die von Anrainern und Grundnachbarn vorgenommen wurden. Diese Fahrten seien auch keineswegs heimlich oder nur bittweise erfolgt. Demzufolge sei aber der Anspruch der Kläger begründet.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens an das Erstgericht zurückzuverweisen in eventu es dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren ganz oder teilweise stattgegeben werde.
Die Kläger haben beantragt, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht gerechtfertigt.
Unter dem Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens wiederholen die Revisionswerber ihre schon im ersten Rechtsgang erfolglos gebliebene Mängelrüge, es wäre durch Einvernehme eines Sachverständigen zu klären gewesen, ob der in Rede stehende Fahrweg mit einem Traktor samt Anhänger überhaupt befahren werden kann. Das Berufungsgericht hatte aber nach den im erstinstanzlichen Verfahren getroffenen Feststellungen über die Beschaffenheit des Weges keinen Anlaß, ein Sachverständigengutachten einzuholen, sodaß es sieh bei diesem Vorbringen nur um den zum Scheitern verurteilten Versuch handelt, noch im Revisionsverfahren die Beweiswürdigung der Vorinstanzen hinsichtlich der Beschaffenheit des Weges und seiner Eignung zum Befahren mit Wirtschaftsfuhren aller Art zu bekämpfen.
Der von den Beklagten angerufene Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit ist nur bei einem Widerspruch zwischen aktenkundigen Tatsachenangaben und deren Wiedergabe im Urteil des Berufungsgerichtes gegeben. Es muß sich also entweder um einen Übertragungsirrtum oder um eine Übertragungsdiskrepanz handeln, die aus den Streitakten selbst erkennbar ist. Sobald dieser Widerspruch das Ergebnis tatsächlicher oder rechtlicher Schlußfolgerungen darstellt, kann von einer Aktenwidrigkeit nicht mehr gesprochen werden (vgl. Fasching, Komm, IV, 318 f und die dort enthaltenen Judikaturhinweise, 1 Ob 272/70, 1 Ob 16-/75). Die Revisionswerber bekämpfen aber unter diesem Revisionsgrund lediglich die Feststellungen des Erstgerichtes über die Benützung des streitgegenständlichen Weges sowie die weitere Feststellung, daß dieser Weg niemals verwachsen gewesen sei. Damit wird aber der Revisionsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht.
Was aber die Ausführungen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung betrifft, so werden damit überwiegend die vom Erstgericht getroffenen und vom Berufungsgericht als unbedenklich übernommenen Feststellungen mit dem Hinweis auf Beweisergebnisse bekämpft, aus denen sich andere Feststellungen ergeben sollen. Dies erweist vor allem schon der Umstand, daß die Ausführungen der Revision zum Großteil in der Berufung unter dem Berufungsgrund der unrichtigen Beweiswürdigung vorgetragen wurden. Es kann auch keine Rede davon sein, daß die von den Untergerichten betroffenen Tatsachenfeststellungen durch die Beweisergebnisse nicht gedeckt wären und die Urteile der Vorinstanzen jeder Beweisgrundlage entbehrten. Das Erstgericht hat sich vielmehr mit den Ergebnissen des Beweisverfahrens eingehend auseinandergesetzt und schlüssig begründet, auf Grund, welcher Erwägungen es zur Feststellung gelangte, daß der gegenständliche Weg durch mehr als 30 Jahre hindurch von den Klägern, bzw. ihren Rechtsvorgängern mit Wirtschaftsfuhren befahren wurde. Gleiches gilt auch für die weiteren Feststellungen, aus denen sich ergibt, daß den Beklagten im Zeitpunkt des Erwerbes der Wirtschaft, bei gehöriger Aufmerksamkeit erkennbar gewesen wäre, daß die Kläger eine Dienstbarkeit ausüben. Auf die bezüglichen Ausführungen des erstgerichtlichen Urteils (S. 471 ff. d.A.) kann verwiesen werden. Es kann aber auch keine Rede davon sein, daß die Benützung der Liegenschaft auf Grund einer wechselseitigen Gefälligkeitsvereinbarung mit den Beklagten erfolgt wäre. Eine solche Vereinbarung haben die Beklagten zwar zunächst behauptet, in der Folge aber ihr bezügliches Vorbringen widerrufen (S. 318 d.A.). Nach den getroffenen Feststellungen kann jedenfalls seit dem Jahre 1926 auch von einer bloß bittweisen Gestattung des Befahrens des Weges nicht gesprochen werden.
Eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache erblicken die Revisionswerber darin, daß sich Inhalt und Umfang einer ersessenen Dienstbarkeit nach den Grenzen der Besitzausübung bestimme. Gegenstand des ersessenen Rechtes könne nur das sein, was Gegenstand der Ersitzungshandlung gewesen sei. Da die Kläger den gegenständlichen Weg stets nur mit Ochsenfuhrwerk benützt hätten, könne ihnen nicht das Recht zugestanden werden, mit Wirtschaftsfahrzeugen aller Art, zu fahren. Die Umstellung auf Motorfahrzeuge dürfe jedenfalls nicht zu einer stärkeren Belastung des dienenden Gutes führen.
Diese Ausführungen sind jedoch nicht geeignet, die rechtliche Beurteilung der Sache durch das Berufungsgericht zu erschüttern. Richtig ist, daß sich der Umfang des durch Ersitzung erworbenen Rechtes, insbesondere einer Dienstbarkeit, nach dem Umfang des Besitzes richtet, der zur Ersitzung geführt hat. Das war in dem durch die III. Teilnovelle aufgehobenen § 1467 ABGB ausdrücklich ausgesprochen, ergibt sich aber als logische Folge daraus, daß das ersessene Recht durch die Fortdauer des Besitzes entsteht. Diesem Grundsatz kommt bei Dienstbarkeiten besondere Bedeutung zu, weil damit der Umfang der Dienstbarkeit bestimmt wird (vgl. Klang, Komm2 VI, 662). Es gilt aber auch für ersessene Dienstbarkeit die Vorschrift des § 484 ABGB, wonach der Besitzer des herrschenden Gutes das Recht auf die ihm gefällige Art ausüben darf, sofern nur der Umfang der Servitut dadurch nicht erweitert wird. Der Inhalt obs Servitutsrechtes versteinert nicht, Natur und Zweck der Dienstbarkeit, deren Berücksichtigung § 484 ABGB ausdrücklich vorschreibt, erfordern vielmehr, dem Berechtigten die Ausübung der Dienstbarkeit in der Form zu gestatten, wie sie die vorteilhafte Bewirtschaftung des Betriebes notwendig macht, sofern damit nur nicht eine merkliche Mehrbelastung des dienenden Grundstückes verbunden ist; dies gilt insbesondere auch für die Umstellung eines landwirtschaftlichen Betriebes von Ochsengespannen auf Motorfahrzeuge (vgl. SZ 25/304 sowie Klang a.a.O. II 564, Ehrenzweig System 1/2, 311). Jedenfalls ist das Recht, auch wenn die Grunddienstbarkeit ohne Beschränkung im Grundbuch einverleibt wird, so auszuüben, daß das dienende Grundstück möglichst wenig belastet wird (6 Ob 109, 144/72, 8 Ob 206/74). Der Umstand, daß der Erwerb des Servitut durch Befahren mit Schlitten- und Ochsengespannen erfolgte, steht daher der Berechtigung des Begehrens, den Klägern stehe das Recht zu, den Weg mit Wirtschaftsfahrzeugen aller Art zu befahren, nicht entgehen.
Der Beweis der Unredlichkeit des Ersitzungsbesitzes der Kläger wäre im Hinblick auf die Bestimmung des § 328 ABGB, wonach die Vermutung für die Redlichkeit des Besitzes streitet, den Beklagten oblegen; ein solcher Beweis wurde nicht erbracht. Nun ist ein Rechtsbesitzer redlich, wenn er glauben kann, daß ihm die Ausübung des Rechtes zusteht (Koziol-Welser, Grundriß3 II 19). Im vorliegenden Ball steht fest, daß die Rechtsvorgänger der Beklagten und diese selbst die Ausübung des Servitut jedenfalls bis 1971 widerspruchslos geduldet haben. Bei dieser Sachlage ist aber an der Redlichkeit des Rechtsbesitzes der Kläger nicht zu zweifeln, weil daraus von den Klägern bzw. ihren Rechtsvorgängern auf die Berechtigung zur Besitzausübung geschlossen werden konnte.
Was aber die Frage betrifft, ob auf Grund der Bestimmung des § 1500 ABGB die außerbücherlich durch Ersitzung erworbene Servitut auch gegenüber den Beklagten wirksam ist, so ist nicht entscheidend, ob die Beklagten seit dem Erwerb der Liegenschaft Fahrspuren wahrgenommen haben, sondern nur, ob sie dies bei gehöriger Aufmerksamkeit wahrnehmen konnten. Nach den getroffenen Feststellungen waren in den 40er und 50er Jahren leichte Fahrspuren durch niedergedrücktes Gras immer zu sehen. Zu keiner Zeit hat eine Verwachsung des Fahrweges bestanden, die die Ausübung der Dienstbarkeit verhindert hätte. Der gegenständliche Weg war auch als Fahrweg der Familie S* ortsbekannt, er führte auch unmittelbar an dem von. den Beklagten bewohnten Gebäude vorbei. Bei dieser Sachlage sind die Untergerichte zutreffend davon ausgegangen, daß den Beklagten bei gehöriger Aufmerksamkeit der Bestand der Dienstbarkeit nicht entgehen konnte. Es bedarf daher auch nicht der Prüfung der Frage, ob nicht schon der Umstand, daß die Zweitbeklagte Miteigentumsanteile im Erbweg erworben hat, der Berufung auf den öffentlichen Glauben des Grundbuches entgegensteht (vgl. hiezu 1 Ob 16/75).
Demgemäß war der Revision der Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Bemessungsgrundlage für die Kosten des Revisionsverfahrens war der Streitwert in Höhe von S 15.000,--; der Ausspruch des Berufungsgerichtes, daß der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,-- übersteigt, ist für die Frage der Revisionszulässigkeit von Bedeutung, für die Bemessung der Kosten jedoch ohne Belang.
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