OGH 3 Ob 11/75

OGH3 Ob 11/7518.2.1975

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Neperscheni, Dr. Reithofer, Dr. Stix und Dr. Schubert als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Verlassenschaft nach J*, wohnhaft gewesen in *, vertreten durch Dr. Norbert Margreiter, Rechtsanwalt in Bezau, wider die verpflichtete Partei W*, Kaufmann c/o Fa. * KG *, vertreten durch Dr. Erich Bilgeri, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen S 14.230,– samt Anhang, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgericht vom 5. November 1974, GZ. R 336/74‑6, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Bregenz vom 23. Juli 1974, GZ. E 4608/74‑1, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0030OB00011.75.0218.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben. Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

 

Begründung:

Auf Grund des gegen „W*, Angestellter, *, (Büro *)", erlassenen Zahlungsbefehles des Bezirksgerichtes Bregenz vom 7. 11. 1967, M 2187/67, beantragte der Rechtsanwalt Dr. Norbert Margreiter im Namen des J* beim Titelgericht wider den verpflichteten „W*, Kaufmann, c/o Firma * KG, * (früher *)“, zur Hereinbringung einer Forderung von S 14.230,– samt Anhang die Fahrnisexekution. Das Erstgericht bewilligte die Exekution antragsgemäß. Der Verpflichtete bekämpfte die Exekutionsbewilligung vor allem deshalb mit Rekurs, weil der schon vor der Einbringung des Exekutionsantrages verstorbene J*, dessen Nachlass bereits den Erben eingeantwortet sei, nicht mehr als betreibender Gläubiger auftreten könne. Er bestritt aber auch die Identität mit dem im Exekutionstitel genannten Schuldner, da er nie an der im Zahlungsbefehl angegebenen Adresse gewohnt habe und auch niemals dort beschäftigt gewesen sei.

Das Rekursgericht wies den Exekutionsantrag ab. Es stellte aus dem Verlassenschaftsakt A 125/74 des Bezirksgerichtes Dornbirn fest, daß J* am 1. 3. 1974 gestorben sei und daß das Verlassenschaftsgericht die vom erblasserischen Sohn E* zum ganzen Nachlaß abgegebene bedingte Erbserklärung mit Beschluß vom 4. 7. 1974 angenommen, den Nachlaß aber noch nicht eingeantwortet habe. Rechtlich führte das Rekursgericht aus, daß der Exekutionsantrag schon deshalb abzuweisen sei, weil die betreibende Partei schon vor der Erlassung der Exekutionsbewilligung nicht mehr bestanden habe. Eine fehlerhafte, einer Berichtigung zugängliche Parteibezeichnung läge nur dann vor, wenn der im Mahnverfahren als Prozeßbevollmächtigter eingeschrittene Dr. A* den Exekutionsantrag gestellt hätte. Der im Exekutionsverfahren als Vertreter der betreibenden Partei auftretende Rechtsanwalt Dr. Margreiter sei mangels Prozeßvollmacht im Titelprozeß zur Antragstellung namens der Verlassenschaft nicht befugt.

Rechtliche Beurteilung

Der von der betreibenden Gläubigerin gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes erhobene Revisionsrekurs ist nicht begründet.

Der Vertreter der betreibenden Gläubigerin schreitet im gegenständlichen Exekutionsverfahren auf Grund der ihm von der I*gesellschaft m.b.H. * am 10. 5. 1974 erteilten Prozeßvollmacht ein. J* hatte dieser Gesellschaft am 16. 8. 1973 „Prozeßvollmacht" erteilt und sie zudem ermächtigt, ihn und seine Erben in allen Angelegenheiten sowohl vor Gerichts- und Verwaltungsbehörden, als auch außerbehördlich zu vertreten, auch Rechtsmittel aller Art zu ergreifen, Exekutionen anhängig zu machen, einen Stellvertreter mit gleicher oder minder ausgedrückter Vollmacht zu bestellen und überhaupt alles vorzukehren, was er für nützlich und notwendig erachten wird.

Nach Lehre und Rechtsprechung (Fasching, Komm. zu den Zivilprozeßgesetzen II, S 248; JBl 1961, 560) kommen nur physische und nicht auch juristische Personen als Prozeßvollmächtige in Betracht, weil nur physische Personen vor Gericht handeln können. Juristische Personen können aber nach bürgerlichem Recht Vollmachtsträger sein (Staudinger, Komm. zum BGB.11 Anm. 2 b zu § 167, I. Band S. 991, EvBl 1973/25 u.a.). Eine juristische Person kann daher eine ihr erteilte Vollmacht annehmen und die im Rahmen dieser Vollmacht und der gegebenen Ermächtigung erforderlichen Maßnahmen treffen. Wenn die Erledigung der aufgetragenen Angelegenheiten die Bestellung eines Rechtsanwaltes erforderlich macht, kann sie daher auch eine Prozeßvollmacht an diesen ausstellen. Maßgeblich ist nur, daß diese Maßnahme durch die erteilte – nach bürgerlichem Recht zu beurteilende – Vollmacht und Ermächtigung des Machtgebers gedeckt ist. Der Bestimmung des § 31 Abs 1 ZPO, die nur den gesetzlichen Umfang der einem Rechtsanwalt erteilten Vollmacht regelt, kann nicht entnommen werden, daß es nur einem Rechtsanwalt gestattet sein soll, die ihm erteilte Prozeßvollmacht auf andere Rechtsanwälte zu übertragen. Es kann vielmehr auch jemand, der selbst nicht postulationsfähig ist, einem Rechtsanwalt Prozeßvollmacht erteilen, wenn ihn der Umfang der Vollmacht dazu ermächtigt, sie an einen Dritten zu übertragen (EvBl 1973/25). Das trifft nach Inhalt der von J* der I*gesellschaft m.b.H. * erteilten Vollmacht zu, weil diese auch ermächtigt wurde, einen Stellvertreter mit gleicher oder minder ausgedrückter Vollmacht zu bestellen. Das Vollmachtsverhältnis wurde durch den Tod des J* nicht aufgehoben, da sich die Vollmacht ausdrücklich auch auf den Sterbefall des Gewaltgebers erstreckt (§ 1022 ABGB.); J* erteilte nämlich die Vollmacht auch für seine Erben. Die genannte Gesellschaft konnte daher auch nach dem Tode ihres Machtgebers dem Dr. Margreiter Prozeßvollmacht zur Exekutionsführung erteilen. Daraus folgt, daß die betreibende Partei in diesem Verfahren ordnungsgemäß vertreten ist.

Der Revisionsrekurs wendet sich auch mit Recht gegen die Ansicht des Rekursgerichts, daß der Exekutionsantrag mangels Existenz der betreibenden Partei abzuweisen sei. Lautet der Titel auf eine Person, die nachher gestorben ist, so ist er bis zur Einantwortung für oder gegen die Verlassenschaft wirksam, denn nach dem zweiten Satz des § 547 ABGB wird bis dahin die Rechtslage so behandelt, als ob der Nachlaß noch vom Verstorbenen besessen würde. Wird der Exekutionsantrag im Namen des Verstorbenen und nicht im Namen der Verlassenschaft gestellt, so liegt darin nur eine fehlerhafte, einer Berichtigung zugängliche Bezeichnung der betreibenden Partei und nicht der Mangel der Parteifähigkeit vor (Heller-Berger-Stix, Komm, zur EO4 S. 184; SZ 25/16, vgl auch SZ 25/35, EvBl 1960/141). Die Berichtigung kann jederzeit auch von Amts wegen vorgenommen werden. Die vom Rekursgericht angenommenen Abweisungsgründe liegen somit nicht vor.

Eine Exekution kann nur bewilligt werden, wenn unter anderem Wesensgleichheit zwischen dem im Exekutionstitel und im Exekutionsantrag angeführten Verpflichteten vorliegt. Bei Zweifeln an der Wesensgleichheit ist der Exekutionsantrag abzuweisen. Derartige Zweifel bestehen vorliegendenfalls, weil der bedingte Zahlungsbefehl gegen einen W*, Angestellter in *, erlassen wurde, im Exekutionsantrag jedoch als verpflichtete Partei ein W*, Kaufmann in *, angeführt ist. Dagegen, daß es sich um ein- und dieselbe Person handelt, bestehen mit Rücksicht darauf, daß nicht nur die Berufs-, sondern auch die Anschriftangaben des Exekutionsantrages von jenen des Exekutionstitels abweichen, Bedenken. Die betreibende Gläubigerin hat die Wesensgleichheit des im Exekutionstitel angeführten Schuldners mit der verpflichteten Partei des Exekutionsverfahrens weder urkundlich noch sonst nachgewiesen. Der Revisionsrekurswerber hat die Wesensgleichheit im Rekurs gegen die Exekutionsbewi11igung ausdrücklich bestritten.

Das Rekursgericht hat daher den Exekutionsantrag im Ergebnis mit Recht abgewiesen.

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

Der Kostenausspruch stützt sich auf §§ 40, 50 ZPO und 78 EO.

 

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