European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1969:0070OB00140.690.0903.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs des Gegners der gefährdeten Partei wird nicht Folge gegeben.
Hingegen wird dem Revisionsrekurs der gefährdeten Partei teilweise Folge gegeben und der angefochtene Beschluss, der im Übrigen bestätigt wird, hinsichtlich der Höhe der Kaution dahin abgeändert, dass die Kaution mit 10.000 S (statt mit 55.800 S) festgesetzt wird.
Der Gegner der gefährdeten Partei hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen. Der Antrag der gefährdeten Partei auf Zuspruch von Kosten des Revisionsrekurses wird abgewiesen.
Begründung:
Die klagende und gefährdete Partei (im Folgenden kurz Kläger genannt) brachte gegen den Beklagten und Gegner der gefährdeten Partei (kurz Beklagten) eine Klage ein, in der sie beantragt, den Beklagten schuldig zu erkennen, Zug um Zug gegen Übergabe von 55.800 S die Erklärung abzugeben, dass ohne weiteres Wissen und Einvernehmen des Beklagten jedoch nicht auf seine Kosten ob der Liegenschaft EZ ***** KG ***** das Eigentumsrecht für den Kläger einverleibt wird. Er behauptet, vom Beklagten das Haus ***** samt Grund mit Kaufvertrag vom 23. 3. 1965 um einen vereinbarten Preis von 50 S pro m2 gekauft zu haben. Das Grundstück Nr ***** Baufläche, auf der das angeführte Haus stehe, habe ein Ausmaß von 1.116 m2, sodass ein Kaufpreis von 55.800 S den Parteienvereinbarungen entspreche. Der Beklagte weigere sich nunmehr einen schriftlichen Kaufvertrag zu unterfertigen. Mit dieser Klage verband der Kläger den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mit dem an den Beklagten gerichteten Verbot, die angeführte Liegenschaft zu veräußern, zu belasten oder zu verpfänden. Dieses Verbot sei notwendig, um den Kläger vor Schaden zu bewahren, weil der Beklagte, ungeachtet des mit dem Kläger geschlossenen Kaufvertrags die Liegenschaft im Jahre 1967 der Mutter des Klägers zum Kauf angeboten habe.
Der Beklagte bestritt sowohl die Berechtigung des vom Kläger erhobenen Anspruchs als auch die Gefahr.
Der Erstrichter erließ die einstweilige Verfügung. Der Anspruch des Klägers sei durch das Schreiben vom 23. 3 1965 ausreichend bescheinigt, eine Gefahr für die Verwirklichung des Anspruchs des Klägers liege darin, dass der Beklagte ein Kaufanbot über diese Liegenschaft an die Mutter des Klägers gerichtet habe.
Das Rekursgericht änderte diesen Beschluss infolge des Rekurses des Beklagten dahin ab, dass es dem Kläger den Erlag einer Sicherheit von 55.800 S auftrug. Es verneinte das Vorliegen einer Nichtigkeit, die der Beklagte darin sah, dass die Zeugin Elisabeth S***** im Rechtshilfewege vernommen, ohne dass dem Beklagten Gelegenheit gegeben wurde, dieser Vernehmung beizuwohnen. Auf die Behauptung, die EZ ***** KG ***** bestehe nicht nur aus dem Grundstück Nr *****, sondern aus insgesamt 37 Grundstücken ging das Rekursgericht als unzulässige Neuerung nicht ein und verwies den Kläger auf die Bestimmung des § 399 Abs 2 EO. Den Anspruch und die Gefahr erachtete das Rekursgericht als ausreichend bescheinigt. Eine Kaution sei jedoch deshalb erforderlich, um einen allfälligen Ersatzanspruch des Beklagten für den Fall seines Obsiegens sicherzustellen. Eine Sicherheitsleistung in Höhe des behaupteten Kaufpreises sei dem Kläger, der sich zur Leistung dieses Betrags Zug um Zug gegen Abgabe der Erklärung durch den Beklagten bereits erklärt habe, auch zumutbar.
Dieser Beschluss des Rekursgerichts wird vom Kläger insoweit mit Revisionsrekurs bekämpft, als der Vollzug der einstweiligen Verfügung vom Erlag einer Sicherheit abhängig gemacht wurde; vom Beklagten wird dieser Beschluss in seinem ganzen Umfange bekämpft.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs des Klägers ist teilweise begründet, jener des Beklagten ist nicht begründet.
Da der Beklagte den Beschluss des Rekursgerichts im weiteren Umfang bekämpft, wird auf seinen Revisionsrekurs zuerst eingegangen.
Der Beklagte wiederholt seine Rechtsansicht, dass das Verfahren vor dem Erstrichter nichtig sei, weil er von der gerichtlichen Vernehmung der Zeugin Elisabeth S***** nicht verständigt wurde. Er wäre in der Lage gewesen, ihre Behauptung, der Kläger hätte von der Vereinbarung zwischen dem Beklagten und der Zeugin S***** nichts gewusst, zu widerlegen.
Eine Nichtigkeit der Entscheidung des Rekursgerichts wird vom Beklagten nicht behauptet, sie liegt auch nicht vor.
Das Rekursgericht hat das Vorliegen einer Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens verneint. Ein angeblicher Mangel des erstgerichtlichen Verfahrens, der vom Rekursgericht nicht als solcher erkannt wurde, kann nach dem Grundsatz, dass jeder Verfahrensmangel immer nur einmal und zwar in der nächsthöheren Instanz wahrgenommen werden kann, nicht abermals geltend gemacht werden. Auf die Ausführungen des Beklagten, er wäre im Falle seiner Intervention bei der Vernehmung der Zeugin Elisabeth S***** in der Lage gewesen, deren Aussage zu widerlegen, ist daher ebensowenig einzugehen, wie auf die Frage, ob die Parteienvertreter zur Vernehmung dieser Zeugin zu laden gewesen wären.
Der Beklagte ist der Ansicht, seine erst im Rekurs aufgestellte Behauptung, die Liegenschaft EZ ***** KG ***** bestehe nicht nur aus dem Grundstück Nr *****, sondern aus insgesamt 37 Grundstücken, sei keine unzulässige Neuerung. Er habe im erstgerichtlichen Verfahren sämtliche Behauptungen der Klage bestritten, damit auch die Behauptung des Klägers, dass die Liegenschaft EZ ***** nur aus einem Grundstück bestehe. Das Gericht wäre daher verpflichtet gewesen, infolge dieser Bestreitung Feststellungen aus dem vom Kläger beantragten Grundbuchsauszug zu treffen.
Die Klage mit dem Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung wurde dem Beklagten mit der Aufforderung zur Stellungnahme binnen 8 Tagen zugestellt. In seiner Äußerung zur einstweiligen Verfügung hat der Beklagte weder generell die Behauptungen des Klägers bestritten noch hat er speziell gegen die Behauptung des Klägers, die Liegenschaft EZ ***** bestehe nur aus dem Grundstück Nr *****, Stellung genommen. Dass der Beklagte sodann in der Klagebeantwortung das gesamte Vorbringen des Klägers, soweit es von ihm nicht außer Streit gestellt wurde, bestritt, machte es nicht erforderlich im Provisorialverfahren Erhebungen über den Umfang der Liegenschaft EZ ***** KG ***** anzustellen. Die erst im Rekurs aufgestellte Behauptung, dass zu dieser Liegenschaft insgesamt 37 Grundstücke gehören, hat das Rekursgericht sohin zutreffend als Neuerung nicht beachtet.
Ein Kaufvertrag kommt durch die Willensübereinstimmung der Vertragsteile über Kaufgegenstand und Kaufpreis zustande. Der Kaufgegenstand wurde im Schreiben vom 23. 3. 1965 mit dem Haus ***** einschließlich des Grundes, auf dem das Haus steht, festgelegt. Der Kaufpreis wurde pro m2 vereinbart, ist daher – da sich die Größe des verkauften Grundes unschwer feststellen lässt – ohne Schwierigkeiten bestimmbar. Dass die Nebenvereinbarungen dem „Kaufvertrag“ (gemeint: schriftlicher Kaufvertrag) vorbehalten blieben, beeinflusst nicht die Rechtswirksamkeit des mündlich geschlossenen Kaufvertrags. Mit Rücksicht auf den Text der Bestätigung vom 23. 3. 1965 kann von einem Vorvertrag keine Rede sein, da keine Vereinbarung festgehalten ist, künftig einen bestimmten Vertrag schließen zu wollen.
Zur Frage des Irrtums hat es der Beklagte unterlassen, Tatsachenbehauptungen aufzustellen, die ihn ihm Sinne des § 871 ABGB berechtigen würden, die Rechtswirksamkeit des Vertrags zu bekämpfen. Er hat weder behauptet, dass ein allfälliger Irrtum von der gefährdeten Partei veranlasst wurde, noch dass er dieser hätte auffallen müssen, noch dass er rechtzeitig aufgeklärt wurde.
Die objektive Gefährdung ist dadurch gegeben, dass der Beklagte der Ansicht ist, er sei an den mit dem Kläger geschlossenen Vertrag nicht gebunden, er könne auch noch weiterhin über die Liegenschaft verfügen (SZ XXXIII/78).
Der Oberste Gerichtshof ist jedoch nicht der Ansicht, dass der von der gefährdeten Partei erhobene Anspruch ausreichend bescheinigt ist. Es muss auffallen, dass ein Haus mit jenem Grundstück verkauft wurde, auf dem das Haus errichtet ist. Da dieses Haus, wie der Kläger selbst zugibt, keine Verbindung zum öffentlichen Wegenetz hat, ist es unwahrscheinlich, dass über einen Zugang zum Haus nichts vereinbart wurde. Dass dies der Fall gewesen wäre, wurde vom Kläger nicht behauptet. Es ist weiters zumindest nicht üblich, dass bei dem Verkauf eines Hauses lediglich mit dem entsprechenden Baugrundstück, der Kaufpreis nach m2 des Grundes bestimmt wird. Es müssen daher Zweifel bestehen, ob die vom Beklagten ausgestellte Bestätigung vom 23. 3. 1965 tatsächlich so aufzufassen ist, dass nur der Grund des darauf errichteten Hauses verkauft wurde oder ob nicht vielleicht ein größeres Grundstück gemeint war. Dieser Zweifel rechtfertigt jedoch die Auferlegung einer Sicherheit (§ 390 Abs 1 EO), die mit ungefähr 20 % des vom Kläger behaupteten Kaufpreises bemessen wurde. Dass die Einschränkung der Verfügungsgewalt des Beklagten infolge des Verbots einer Veräußerung, Verpfändung oder Belastung der Liegenschaft mit erheblichen Vermögensnachteilen verbunden sein kann, bedarf keiner weiteren Begründung. Die Bestimmung des § 394 Abs 1 EO kann entgegen der Ansicht des Rekursgerichts für die Festsetzung einer Sicherheit nicht herangezogen werden.
Der Rekurs des Klägers ist daher nur insoweit begründet als eine Herabsetzung der Sicherheitsleistung gerechtfertigt war.
Der Kostenausspruch hinsichtlich der beklagten Partei stützt sich auf §§ 40, 50 ZPO, § 78 EO, der Kostenausspruch hinsichtlich des Klägers auf § 393 Abs 1 EO.
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