OGH 1Ob258/68

OGH1Ob258/6814.11.1968

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Sabaditsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Lassmann, Dr. Leidenfrost, Dr. Schneider und Dr. Mößlang als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Rosa M*****, Haushalt, ***** vertreten durch Dr. Kurt Spätauf, Rechtsanwalt in Mistelbach, wider die beklagte Partei Karl W*****, Landwirt,***** vertreten durch Dr. Hellfried Stadler, Rechtsanwalt in Mistelbach, wegen Bezahlung eines Pflichtteils und eidliche Vermögensangabe (Streitwert S 70.000) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 9. Juli 1968, GZ 7 R 163/68-23, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg vom 28. März 1968, GZ 3 Cg 283/67-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 1.234,35 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrt 1.) die Feststellung, sie habe einen vollen Pflichtteilsanspruch gegenüber der Verlassenschaft nach ihrer am 8. Juni 1966 verstorbenen Adoptivmutter Rosa W*****; 2.) der Beklagte sei schuldig, anzugeben, dass sein Vermögensbekenntnis vom 9. Mai 1967 im Verlassenschaftsverfahren nach Rosa W***** zu ***** des Bezirksgerichtes Mistelbach vollständig sei und dass er vom Nachlassvermögen nichts verschwiegen oder verheimlicht habe; der Beklagte sei ferner schuldig, einen Eid dahin zu leisten, dass seine Angaben richtig und vollständig seien; 3.) der Beklagte sei schuldig, der Klägerin den Pflichtteilsanspruch nach Rosa W***** in der Höhe von S 31.306,16 oder mehr zu bezahlen, wobei die endgültige Höhe des Pflichtteilsanspruches vom Ergebnis des Eidesverfahrens nach Art XLII EGzZPO abhänge.

Das Erstgericht wies das Begehren zur Gänze ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Der am 13. März 1898 geborene Karl W***** und seine am 4. August 1904 geborene Ehefrau Rosa seien Eigentümer einer etwa 9 Joch großen Landwirtschaft mit einer Kuh, einem Pferd, Schweinen und Kleintieren in E***** gewesen; ihr einziger Sohn sei während des Krieges tödlich verunglückt. Im Winter 1954/55 haben sie die Klägerin - eine Nichte der Rosa W***** - eingeladen, zu ihnen auf den Hof zu kommen um ihnen eine Hilfe in der Landwirtschaft zu sein; zu Ostern 1955 sei die Klägerin auf den Hof der Eheleute W***** übersiedelt und habe von da an hauptsächlich in deren Landwirtschaft wie eine Landarbeiterin gearbeitet. Als in der Folge die Eheleute W***** die Aufforderung erhalten hätten, für die Klägerin Krankenkassenbeiträge zu bezahlen, hätten sie sich entschlossen, um dieser Zahlungspflicht zu entgehen, die Klägerin an Kindesstatt anzunehmen. Die Eltern der Klägerin hätten sich mit einer Adoption einverstanden erklärt. Daraufhin hätten die Eheleute W***** die Klägerin mit dem Vertrag vom 9. Juli 1956 an Kindesstatt angenommen. Die Klägerin habe im Zeitpunkt des Abschlusses des Adoptionsvertrages wissen müssen, dass sie für ihre auf dem Hof weiterhin zu leistende Arbeit auf eine Bargeldentlohnung nicht rechnen könne und dass ihr als Gegenleistung für ihre Arbeit beim Tode ihrer Wahleltern die Landwirtschaft zufalle. Am 5. Juni 1957 habe der Beklagte einen Schlaganfall erlitten; seither sei er arbeitsunfähig. In einem wechselseitigen Testament vom 27. Juni 1957 hätten die Eheleute W***** die Klägerin als Erbin nach dem zuletzt Versterbenden eingesetzt. Im September 1957 habe der Beklagte einen zweiten Schlaganfall erlitten; seither sei er auf der rechten Seite gelähmt und könne mit der rechten Hand nicht mehr arbeiten. Die in der Wirtschaft anfallenden Arbeiten haben von da an seine Ehefrau und die Klägerin verrichten müssen. Die Klägerin sei auf dem Hof sehr bescheiden gehalten worden und habe nur fallweise von der Ehefrau des Beklagten Geld für Kino und andere Vergnügungen erhalten; zu Weihnachten habe der Beklagte der Klägerin kein Geschenk gegeben. Die Lebensverhältnisse auf dem Hof seien in Anbetracht seiner Größe überhaupt sehr bescheiden gewesen. Der Beklagte habe wohl versprochen, der Klägerin ein Fahrrad zu kaufen, das Versprechen aber nicht gehalten. Die Klägerin habe Männerbekanntschaften gesucht und sei schließlich darüber unwillig geworden, dass sie ohne Entgelt arbeiten müsse. Am 30. Jänner 1958 habe sie den Eheleuten W***** eröffnet, sie gehe fort, um sich anderso Geld zu verdienen; "sie lege sich nicht hinter einen grünen Baum und warte bis dieser dürr werde."

Der Beklagte habe auf die Äußerung erwidert, wenn die Klägerin gehen wolle, so solle sie das tun, doch müsse sie den Namen der Wahleltern "abtreten". Die Klägerin sei weggegangen und habe sich zu ihren Eltern begeben. Einige Zeit darnach sei es zu einem Vergleichsversuch vor dem Gerichtsvorsteher des Bezirksgerichtes Mistelbach gekommen; doch sei es ihm nicht gelungen, eine Versöhnung herbeizuführen. Am 2. August 1958 habe der Beklagte durch seinen Rechtsfreund Dr. Stadler die Klägerin ersuchen lassen, zu ihnen zurückzukommen, weil er vollständig arbeitsunfähig sei und daher die gesamte Arbeitslast auf seiner Ehefrau laste. Die Klägerin habe sich wohl mit Dr. Stadler in Verbindung gesetzt, sei aber nicht zurückgekehrt; in der Folge habe überhaupt kein Kontakt zwischen der Klägerin und ihren Wahleltern bestanden. Am 7. August 1958 haben die Adoptiveltern der Klägerin ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie die Klägerin ausdrücklich mit der Erklärung enterbt haben, die Klägerin habe sie am 30. Jänner 1958 im Notstand hilflos gelassen. Vor einigen Jahren habe die Klägerin geheiratet; zu ihrer Hochzeit habe sie den Beklagten eingeladen, dieser habe aber geantwortet, "er sei froh, dass nun sein Name aus N***** verschwunden sei". Am 9. Mai 1967 (richtig am 8. Juni 1966) habe die Adoptivmutter der Klägerin Selbstmord begangen. Ihr Nachlass sei dem Beklagten eingeantwortet worden. Dieser besitze derzeit nur noch drei Joch Äcker; davon verblieben ihm etwa 800 S als Pachtzins, ferner beziehe er eine landwirtschaftliche Zuschussrente von monatlich 182 S. Bis jetzt habe er zwar nicht hungern müssen, seinen Lebensunterhalt könne er jedoch nur durch fallweisen Verkauf seiner Äcker fristen.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die Wahleltern hätten die Klägerin gemäß § 768 ABGB zu Recht enterbt, weil sie ihre Wahleltern in Kenntnis ihres Notstandes, nämlich in Kenntnis, dass sie infolge ihres schlechten Gesundheitszustandes die kleine Landwirtschaft allein nicht mehr bewirtschaften könnten, verlassen habe und nicht zu ihnen zurückgekehrt sei.

Gegen dieses Urteil erhob die Klägerin die Berufung wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge; es führte aus, die Klägerin habe die Berufungsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen Beweiswürdigung entgegen der Vorschrift des § 471 Z 3 ZPO gemeinsam ausgeführt, allfällige Unklarheiten müssten daher zu Lasten der Klägerin gehen; im Übrigen fand das Berufungsgericht das Verfahren des Erstgerichtes mängelfrei, die Beweiswürdigung unbedenklich und übernahm die tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichtes; es teilte auch die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes und führte aus, der Enterbungsgrund gemäß § 768 Z 2 ABGB sei deshalb zu Recht angenommen worden, weil die Klägerin ihre Wahleltern in Kenntnis des bedrängten Zustandes derselben im Notstand hilflos gelassen habe. Das Berufungsgericht teilte die Ansicht von Weiss im Klang-Komm2, III. Band, S 845, dass unter Notstand im Sinne dieser Gesetzesstelle jener Zustand gemeint sei, der nach den Grundsätzen der Menschlichkeit gerechterweise zu der Erwartung berechtige, dass der Pflichtteilsberechtigte dem Erblasser helfen werde, dies aber unterlasse, obwohl ihm der Zustand des Erblassers bekannt sei und er helfen könnte.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhebt die Klägerin die vorliegende, die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung (§ 503 Z 2 und 4 ZPO) geltend machende Revision mit dem Antrag, das Urteil dahin abzuändern, dass dem Klagebegehren vollinhaltlich stattgegeben, allenfalls das Urteil aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an eines der Untergerichte zurückverwiesen werde. Der Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht begründet.

Die Mangelhaftigkeit des Verfahrens soll darin liegen, dass das Berufungsgericht auf die Ausführungen der Klägerin in ihrer Berufung zur Feststellung des Erstgerichtes über die Krankheit und Arbeitsunfähigkeit der Adoptiveltern der Klägerin sowie über die Ursache der Grundstücksverkäufe der Adoptiveltern der Klägerin nicht näher eingegangen sei. Das Berufungsgericht hätte sich, meint die Klägerin, mit den verschiedenen gegenteiligen Zeugenaussagen auseinandersetzen müssen und sich auch nicht damit begnügen dürfen, darauf hinzuweisen, dass infolge Klärung des Sachverhaltes die Beischaffung der Krankengeschichten der Adoptiveltern zur Dartuung ihres Gesundheitszustandes nicht erforderlich gewesen sei. Eine wesentliche Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens ist nur dann gegeben, wenn sich das Berufungsgericht mit der Rüge eines angeblich in erster Instanz unterlaufenen Mangels durch den Berufungswerber nicht befasste (vgl SZ XXV 219, 6 Ob 347/65, 6 Ob 165/68 ua). Davon kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein; denn das Berufungsgericht hat sich mit der von der Klägerin bekämpften Beweiswürdigung des Erstgerichtes sehr eingehend auseinandergesetzt und im Rahmen der Beweiswürdigung insbesondere darauf hingewiesen, dass der Beklagte einige Zeit nach dem Abschluss des Adoptionsvertrages zwei Schlaganfälle erlitten und dass die Klägerin zugegeben habe, sie habe nach dem Verlassen ihrer Adoptiveltern von diesen einen Anwaltsbrief erhalten, in dem sie unter Hinweis auf die Schlaganfälle des Beklagten und die dringende Notwendigkeit einer Hilfe in der Landwirtschaft der Adoptiveltern zur Rückkehr zu denselben aufgefordert worden sei. Das Berufungsgericht hat ferner ausgeführt, auf die Ausführungen der Klägerin, ihre Adoptiveltern hätten die Grundstücke nur zwecks Erlangung der sogenannten "Bauernrente" abverkauft, könne mangels Aufstellung einer entsprechenden Behauptung in der ersten Instanz nicht eingegangen werden, was durchaus der Aktenlage entspricht.

Auf die weitere Ausführung in der Revision, die Klagebeantwortung sei laut des Protokolls in der Streitverhandlung nicht vorgetragen worden, kann nicht Bedacht genommen werden, weil die Klägerin diesen Mangel des Verfahrens erster Instanz in der Berufung nicht gerügt hat und jeder Mangel nur in der nächsthöheren Instanz geltend gemacht werden kann.

Die Unterlassung der Beischaffung der Krankengeschichte der Adoptiveltern der Klägerin zur Dartuung des Gesundheitszustandes derselben wurde bereits in der Berufung gerügt und das Berufungsgericht erkannte, dass es sich dabei in Anbetracht der Klärung des Sachverhaltes durch andere Beweismittel um keinen wesentlichen Mangel handle. Die Unterlassung der Durchführung diesese Beweisantrages kann im Revisionsverfahren nicht nochmals gerügt werden (vgl SZ XXII 106 ua).

Die Ausführung der Revisionswerberin, das Erstgericht habe einerseits festgestellt, dass der Beklagte seit dem Jahr 1957 halbseitig gelähmt ist, anderseits dass er seit dem Jahr 1958 ständig mit dem Moped fährt, womit sich das Berufungsgericht hätte auseinandersetzen müssen, geht von einer aktenwidrigen Unterstellung aus; das Erstgericht stellte nämlich nur fest, dass der Beklagte infolge der Schlaganfälle "halb gelähmt" ist (S 85), weiter, dass er sich im Jahr 1958 ein Moped kaufte, um seine Frau zur Arbeit auf das Feld führen zu können: darin liegt kein Widerspruch.

Auch die Ausführung der Klägerin in der Revision über die Aussage des Beklagten, wie es zum Abverkauf einzelner Grundstücke durch die Eheleute W***** gekommen ist und wieso der Beklagte nunmehr die landwirtschaftliche Zuschussrente erhält, stellt eine aktenwidrige Wiedergabe der Aussage des Beklagten dar (S 65).

Die von der Revisionswerberin vermeinte Verpflichtung des Berufungsgerichtes, auf alle einzelnen Aussagen einzugehen, besteht dann nicht, wenn, wie im vorliegenden Fall, das Berufungsgericht gegen die Beweiswürdigung keine Bedenken hat (vgl JBl 1959 S 238, 6 Ob 352/67, 1 Ob 54/68, 6 Ob 109/68 ua).

Die Beweisfrage kann entgegen der Meinung der Revisionswerberin im Revisionsverfahren nach der Regelung des § 503 ZPO überhaupt nicht aufgerollt werden.

Mit der Rechtsrüge bekämpft die Klägerin die Ansicht der Untergerichte über das Vorliegen des Enterbungsgrundes nach § 768 Z 2

ABGB.

In der Entscheidung EF-Slg 4567 hat sich das Revisionsgericht unter Heranziehung der einschlägigen Literatur mit der Frage befasst, wann der Fall des § 768 Z 2 ABGB anzunehmen ist. Dort wurde ausgeführt, dass schon Unger (Österreichisches Erbrecht, 3. Auflage, S 352), Stubenrauch (8. Auflage, I. Band, S 939 Anm 2) und Anders (Grundriss des Erbrechtes, 2. Auflage, S 131) die Ansicht vertreten, unter dem im § 768 Z 2 ABGB normierten Begriff des Notstandes sei nicht nur die pekuniäre Bedürftigkeit, sondern jeder Zustand der Bedrängnis zu verstehen. Ehrenzweig (2. Auflage, II/2, S 583) meint, dass dabei vor allem an den Fall zu denken sei, dass der Noterbe absichtlich seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht aus verwerflicher Gesinnung nicht nachkommt; Swoboda (Das österreichische Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch2, 4. Teil, Erbrecht, S 90) versteht darunter Umstände, die gerechterweise zu der Erwartung berechtigen, dass der Pflichtteilsberechtigte dem Erblasser helfen werde, also auch Unterlassung der Krankenpflege und anderer notwendiger Hilfeleistungen. Ähnlich bezeichnet Weiß in Klang2 III. Band S 845 einen Notstand im Sinne dieser Gesetzesstelle als jenen Zustand, der nach den Grundsätzen der Menschlichkeit gerechterweise zu der Erwartung berechtigt, dass der Pflichtteilsberechtigte dem Erblasser helfen werde. Gschnitzer bezeichnet in seinem Lehrbuch Erbrecht S 47 den Notstand vor allem, aber nicht nur als den Fall, dass der Noterbe seine gesetzliche Unterhaltspflicht gegen den Erblasser vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht erfüllt.

Im Sinne dieser Lehrmeinungen und den in gleicher Richtung weisenden Rechtsprechung haben die Untergerichte im vorliegenden Fall einen Enterbungsgrund zu Recht bejaht. Auch in der Entscheidung EvBl 1965 Nr 198 wurde ausgeführt, dass es gewiss keine Verpflichtung eines Wahlkindes gibt, dauernd eine billige Arbeitskraft für seine Wahleltern abgeben zu müssen, und dass nicht jedes Verlassen der Wahleltern einen Enterbungsgrund nach § 768 Z 2 ABGB darstellt. Der mit der Annahme an Kindesstatt verfolgte zulässige Nebenzweck, den alten und gebrechlich gewordenen Wahleltern eine Stütze in ihrem Alter und in ihrer Berufsausübung zu sein, darf aber auch im vorliegenden Fall nicht außer Acht gelassen werden. Im vorliegenden Fall wusste die Klägerin, dass ihre Wahleltern ohne sie nicht mehr in der Lage seien, die in der Landwirtschaft anfallenden Arbeiten zu verrichten. Die Klägerin war im Zeitpunkt der Annahme an Kindesstatt beinahe 21 Jahre alt und wusste, dass sie nach der Adoption genauso wie schon längere Zeit vorher auf dem Hof ihrer Wahleltern zu nicht sehr günstigen Bedingungen landwirtschaftliche Arbeiten werde verrichten müssen. Dies nahm sie zuerst offenbar deshalb in Kauf, weil sie das Erbrecht nach ihren Wahleltern vor Augen hatte. Obwohl sich der Gesundheitszustand der Wahleltern der Klägerin nach dem Abschluss des Adoptionsvertrages noch weiter verschlechterte, hat die Klägerin ihre Wahleltern verlassen und war trotz aller Bemühungen ihrer Wahleltern nicht dazu zu bewegen, zu ihnen zurückzukehren. Durch dieses Verhalten hat die Klägerin ihr Erbrecht nach den Wahleltern verwirkt. Mit Recht sind die Untergerichte davon ausgegangen, dass die Klägerin durch ihr Verhalten gegen ein Gebot der Menschlichkeit gegenüber ihren Wahleltern verstoßen hat. Die Klägerin hat dem Adoptionsvertrag ihren Sinn genommen. Darauf, ob die Landwirtschaft der Wahleltern der Klägerin an sich schon gar nicht recht lebensfähig war, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an; maßgeblich für die Beurteilung der Enterbung der Klägerin sind allein die Umstände, unter denen sie adoptiert wurde und unter denen sie ihre Adoptiveltern hilflos im Stich gelassen hat.

Da die Klägerin von ihren Wahleltern somit zu Recht enterbt worden ist, konnte eine Überprüfung der näheren Umstände zu Pkt 2 und 3 des Klagebegehrens unterbleiben, weil das diesbezügliche Klagebegehren nur dann zum Tragen hätte kommen können, wenn die Enterbung der Klägerin nicht zu Recht erfolgt wäre.

Der Revision war der Erfolg daher zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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