OGH 7Ob83/68

OGH7Ob83/6830.4.1968

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Dinnebier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Berger, Dr. Schopf, Dr. Neperscheni und Dr. Piegler als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Georg S*****, vertreten durch Dr. Hugo Weber, Rechtsanwalt in Mittersill, wider die beklagte Partei Anglo D*****, vertreten durch Dr. Werner Winkler, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Feststellung infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 27. Februar 1968, GZ 1 R 19/68‑44, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 13. Dezember 1967, GZ 2 Cg 82/67‑30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1968:0070OB00083.680.0430.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 952,10 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

 

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war Eigentümer eines LKWs, Marke Magirus Deutz, Type Saturn FAK, für den er bei der beklagten Versicherungsgesellschaft unter Polizzennummer ***** für die Dauer von fünf Jahren eine am 10. 1. 1963 begonnene Fahrzeugvollversicherung (Kaskoversicherung) abgeschlossen hatte. Er führte aus, dass das versicherte Fahrzeug am 28. 6. 1966 auf der Zufahrt zu einer Baustelle am Z***** in S***** durch Unfall beschädigt worden sei. Zunächst begehrte er die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Betrags von 23.705,35 S sA (das sind die Reparaturkosten von 24.953 S abzüglich eines 5%igen Selbstbehalts von 1.247,65 S). Später beantragte er aufgrund des Einwands der Beklagten, dass nach § 14 AKB noch keine Zahlung gefordert werden könne, hilfsweise die Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten.

Die Beklagte wendet ein, es seien durch den vom Kläger behaupteten Unfall am Wagen keine Schäden entstanden. Vielmehr handle es sich bloß um Betriebs- und Abnützungsschäden, gegen die der Kläger nicht versichert ist. Außerdem behauptete die Beklagte Leistungsfreiheit gemäß § 39 VersVG wegen Verzugs in der Zahlung einer Folgeprämie. Diese Einwendung hält die Beklagte in der Revision nicht mehr aufrecht.

Das Erstgericht wies das Zahlungsbegehren ab, gab dem Feststellungsbegehren statt und stellte hinsichtlich des für das Revisionsverfahren allein strittigen Sachverhalts, nämlich ob Schäden am Wagen durch den Unfall entstanden sind, fest:

Am 28. 6. 1966 war Georg W***** aushilfsweise als Kraftfahrer für den Kläger tätig. Er sollte mit dem LKW, auf dem er 4 m³ Schotter geladen hatte, zur Mittelstation der Z*****bahn fahren. Dabei musste er auf einem schmalen, etwa 2,30 m breiten, erst kurz vorher von einer Schubraupe ausgeschobenen Wegstück bis zu einer Stelle etwa 200 bis 300 m oberhalb dieser Mittelstation fahren und dann wieder auf einem steilen Stück zur Mittelstation hinunterfahren. Auf diesem Steilstück war schiefriger Boden ohne Schotterbelag. Es herrschte damals regnerisches Wetter. Bei dieser Fahrt hatte Georg W***** den Berghang rechts und die abfallende Böschung links vor sich. Beim Befahren des Steilstücks musste Georg W***** bremsen, wobei der LKW auf dem regennassen Weg etwa 1 m weit im gebremsten Zustand rutschte. Während dieses Rutschens brach plötzlich der Weg an der Außenböschung unter den Hinterrädern des LKWs weg. Dadurch kippte der LKW nach links und zwar mit seinem rückwärtigen Teil stärker als mit seinem Vorderteil. Der LKW blieb dann auf seiner linken Seite unmittelbar an der Hangkante liegen. Durch das Umkippen wurde zumindest das LKW‑Fahrerhaus beschädigt, nämlich dessen linke Seite verbogen. Vor diesem Schadensereignis hatte der LKW keine technischen Mängel aufgewiesen.

Das Erstgericht nahm daher an, dass die Beklagte für den Schadenseintritt deckungspflichtig sei.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass der Berufungsstreitwert 15.000 S übersteige.

Gegen dieses Urteil zweiter Instanz richtet sich die Revision des Beklagten mit dem Antrag, es dahin abzuändern, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde, oder es aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Kläger beantragt, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht begründet.

Die Beklagte bezeichnet das Berufungsverfahren als mangelhaft, weil die als Zeugen geführten Ing. Eugen H***** und Johann G***** nicht vernommen wurden. Diese hatten als private Kraftfahrsachverständige den Wagen nach dem Unfall besichtigt. Schon im Berufungsverfahren hatte die Beklagte diesen Verfahrensmangel erfolglos geltend gemacht. Wie der Oberste Gerichtshof wiederholt (SZ XXII 106, SZ XXVII 4 ua) ausgesprochen hat, bildet ein in erster Instanz angeblich unterlaufener Verfahrensmangel, der vom Berufungsgericht als nicht gegeben angenommen wird, nicht den Revisionsgrund nach § 503 Z 2 ZPO. Die entgegengesetzte Ansicht, wie sie in der letzten Zeit von Schima (ÖJZ 1967, S 605) vertreten wurde, übersieht, dass sie zu einem widersprüchlichen Ergebnis führt. Ist der behauptete Mangel so schwer, dass er bei Vorhandensein eine Nichtigkeit begründen würde, so entscheidet das Berufungsgericht darüber gemäß §§ 471 Z 5, 473 Abs 1 ZPO durch Beschluss, der, wenn die Nichtigkeit verneint wird, gemäß § 519 ZPO nicht mehr anfechtbar ist, weil keiner der dort angeführten Fälle vorliegt. Nun liegt es auf der Hand, dass ein Mangel nicht gerade deshalb noch in dritter Instanz geltend gemacht werden kann, weil er schwächer ist als eine Nichtigkeit. Ein einfacher Größenschluss bestätigt daher die Richtigkeit der oben angeführten Rechtsprechung.

Unter dem Gesichtspunkt der unrichtigen rechtlichen Beurteilung stellt die Beklagte die Beweisergebnisse dar und führt aus, dass sie zu ihren Gunsten sprächen. Die Feststellungen der Untergerichte könnten sich nur auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Schwarz stützen. Dieser habe jedoch den Wagen nicht unmittelbar nach dem Unfall besichtigt, sodass sein Gutachten nicht geeignet sei, die gegenteiligen Äußerungen der angeführten sachverständigen Zeugen zu widerlegen.

Mit diesen Ausführungen führt die Beklagte den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht dem Gesetz gemäß aus. Von einer gesetzmäßigen Ausführung kann nur gesprochen werden, wenn das Gericht den Sachverhalt, von dem es ausgeht, rechtlich verfehlt würdigt. Was die Beklagte bekämpft, ist nichts als die Feststellung, dass der Schaden durch den Unfall entstanden ist. Die Ausführungen der Beklagten erschöpfen sich daher in einer im Revisionsverfahren unzulässigen Bekämpfung der untergerichtlichen Beweiswürdigung.

Das unbegründete Rechtsmittel musste also erfolglos bleiben.

Der Kostenausspruch beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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