OGH 9Os72/66

OGH9Os72/6630.6.1966

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Juni 1966 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Tesar in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zachar, Dr. Bröll, Dr. Harlfinger und Dr. Linko als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Mayer als Schriftführer in der Strafsache gegen Maria V***** und andere wegen des Vergehens nach dem § 34 Finanzstrafgesetz über die von der Angeklagten Maria V***** gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 9. November 1965, GZ 14 Vr 1367/63-32, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie über die von der Staatsanwaltschaft erhobene Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Zachar, nach Verlesung der Rechtsmittelausführungen der Angeklagten Maria V*****, der Berufungsausführung der Staatsanwaltschaft und der hiezu erstatteten Gegenausführungen der Angeklagten Maria V*****, ferner nach Anhörung der Ausführungen des Verteidigers des Angeklagten Herbert H*****, Dr. Wilhelm He*****, der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stigelbauer, und der Ausführungen des Vertreters des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern Innsbruck, Dr. Kurt Nussbaumer, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Maria V***** wird verworfen; ihrer Berufung wird nicht Folge gegeben.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und der Ausspruch über die Anwendung des Gesetzes über die bedingte Verurteilung 1949 hinsichtlich der Angeklagten Maria V*****, Herbert H***** und Dr. Herbert E***** aus dem Urteil ausgeschieden.

Gemäß dem § 390a StPO fallen den Angeklagten Maria V*****, Herbert H***** und Dr. Herbert E***** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

I.

Das Schöffengericht hat die Pensionsinhaberin Maria V*****, den Rechtsanwalt Herbert H***** und den Versicherungsbeamten Dr. Herbert E***** schuldig erkannt, in der Zeit von 1959 bis 1962 in Innsbruck fahrlässig eine Abgabenverkürzung dadurch bewirkt zu haben, dass sie zu ihrem oder eines anderen Vorteil als Abgabenpflichtige oder bei Wahrnehmung der Angelegenheiten solcher Personen eine abgabenrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht verletzten, und zwar

1.) Maria V***** beim Verkauf von Eigentumswohnungen durch Anführung von herabgesetzten Kaufpreisen in den Kaufverträgen, wodurch eine Verkürzung der Grunderwerbssteuer im Betrage von 56.477 S bewirkt wurde; der strafbestimmende Wertbetrag übersteigt somit 50.000 S;

2.) Herbert H***** dadurch, dass er

a) in seinen Kaufvertrag statt der tatsächlich erbrachten Barleistung von 73.120 S nur einen Betrag von 44.320 S aufnahm, wodurch eine Verkürzung der Grunderwerbssteuer von 2.016 S verursacht wurde,

b) in Wahrnehmung der Angelegenheiten der Maria G***** und des Dr. Fritz G***** dadurch, dass er in den von ihm verfassten Kaufvertrag bei Maria G***** an Stelle der tatsächlich erbrachten Barleistung von 84.765 S nur eine solche von 41.230 S (verkürzte Grunderwerbssteuer 3.047 S) und bei Dr. Fritz G***** an Stelle der tatsächlich erbrachten Barleistung von 88.205 S nur einen Betrag von 44.320 S aufnahm (verkürzte Grunderwerbssteuer 4.077 S);

3.) Dr. Herbert E***** dadurch, dass er in den Kaufvertrag vom 8. 3. 1962 und die Veräußerungsanzeige vom 15. 3. 1962 statt der tatsächlich erbrachten Barleistung von 180.000 S nur eine solche von 44.300 S aufnahm, wodurch eine Verkürzung der Grunderwerbssteuer von 11.585 S verursacht wurde.

Maria V*****, Herbert H***** und Dr. Herbert E***** wurden hiefür wegen des Vergehens nach dem § 34 FinStrG gemäß § 34 Abs 2 FinStrG, und zwar Maria V***** zu einer Geldstrafe von 15.000 S, im UEF zu drei Monaten Arrest, Herbert H***** und Dr. Herbert E***** zu einer Geldstrafe von je 5.000 S im UEF zu je einem Monat Arrest, verurteilt.

Gemäß den §§ 1 und 2 des Gesetzes über die bedingte Verurteilung (§ 23 Abs 2 FinStrG) wurde die Vollziehung der Geldstrafen bei allen drei Verurteilten für eine Probezeit von je drei Jahren vorläufig aufgeschoben.

Gegen dieses Urteil haben die Angeklagte Maria V***** Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung, die Staatsanwaltschaft Berufung erhoben.

II.

Nach den wesentlichen Feststellungen des Erstgerichts wurden der Angeklagten Maria V***** im Jahre 1959 auf ihr Ansuchen aus den Mitteln des Wohnhauswiederaufbaufonds für die Wiederherstellung des im Jahre 1944 durch Bomben zerstörten und in diesem Zustand in ihr Eigentum übergegangenen Hauses, Innsbruck, *****, ein unverzinsliches Darlehen in der Höhe von 4.839.800 S bewilligt. Die Zustimmung zu der von der Angeklagten in Ansehung dieser Liegenschaft angestrebten Begründung von Wohnungseigentum hatte das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau noch vor der - nach Inhalt der Akten offenbar am 2. 7. 1959 erfolgten Darlehensbewilligung mit Bescheid vom 30. 6. 1959, T 327/15 -I-4/59, erteilt, dabei aber auch die Bedingung gestellt, dass die in diesem Bescheid für die einzelnen Wohnungen des Wiederaufbauprojekts errechneten Kaufpreise nicht überschritten werden dürfen.

Maria V*****, die mit den Wiederaufbauarbeiten schon im Mai 1959 begonnen hatte, hielt jedoch in mindestens 12 Fällen diese Bedingung nicht ein. Die ihr vorgeschriebenen Kaufpreise wurden zwar in den schriftlichen Kaufverträgen angeführt und dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern Innsbruck gegenüber mittels der Veräußerungsanzeigen als erhaltene Gegenleistung deklariert, tatsächlich erhielt aber die Angeklagte V***** über ihren Wunsch von den in Betracht kommenden Käufern, darunter den Angeklagten H***** und Dr. E***** für die ihnen unter gleichzeitiger Einräumung des Wohnungseigentums verkauften Liegenschaftsanteile viel höhere Beträge ausbezahlt, wobei nach Auffassung des Erstgerichts auch die von ihr verlangten „Mehrkosten“ als der Grunderwerbsteuerberechnung zugrundezulegende Gegenleistungen iSd § 11 GrEStG anzusehen und daher der Finanzbehörde bekanntzugeben gewesen wären. Dies ist jedoch hauptsächlich deshalb nicht geschehen, weil Maria V***** ihren Käufern versicherte, dass Grunderwerbsteuerfreiheit bestehe, also der dem Finanzamt bekanntgegebene Kaufschilling bedeutungslos sei.

Auch im gegenständlichen Strafverfahren brachte die Angeklagte V***** in ihrer Verantwortung vor, dass nach ihrer Überzeugung, zu der sie vor allem aufgrund von Erkundigungen im Bundesministerium für Finanzen gelangt sei, die von ihr abgeschlossenen Kaufverträge nicht der Grunderwerbsteuer unterliegen.

Das Erstgericht stellte demgegenüber fest, dass eine solche Steuerfreiheit nicht angenommen werden könne, da das zuständige Finanzamt bezüglich des Großteils der Kaufverträge, die den Gegenstand des Strafverfahrens bilden, die Grundsteuer mit in Rechtskraft erwachsenen Bescheiden vorgeschrieben habe und es im Übrigen an den Voraussetzungen für eine Anwendung der nach Meinung der Angeklagten V***** in Betracht zu ziehenden Befreiungsvorschriften des § 4 Abs 1 Z 2 und 3 GrEStG fehle. Das Gericht billigte den Angeklagten V*****, H***** und Dr. E***** zu, gutgläubig gewesen zu sein, sprach aber aus, dass der ihnen bezüglich der angenommenen Steuerfreiheit unterlaufene Irrtum nicht entschuldbar sei. Sohin fällte es den eingangs erwähnten Schuldspruch.

III.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Maria V*****:

In ihrer Beschwerde macht Maria V***** die Nichtigkeitsgründe der Z 4, 5 und 9 lit a des § 281 StPO geltend.

1.) Als einen den erstgenannten Nichtigkeitsgrund verwirklichenden Verfahrensmangel rügt die Beschwerdeführerin die Abweisung des vom Verteidiger in der Hauptverhandlung gestellten Antrags, den Dipl.-Ing. Franz Ge***** als Zeugen darüber zu vernehmen, dass noch vor der Gewährung des zinslosen Darlehens durch den Wohnhaus-Wiederaufbaufonds eine Eigentumsgemeinschaft zur Errichtung von Arbeiterwohnhäusern (gemeint: Arbeiterwohnstätten) gegründet worden sei, für die Maria V***** lediglich als Bevollmächtigte gehandelt habe. Die Beschwerdeführerin bringt hiezu vor, falls durch den gestellten Beweisantrag hätte bewiesen werden können, dass sich ein bestimmter Personenkreis an dem Bauvorhaben zur Schaffung von Arbeiterwohnstätten - im weiteren Sinne - beteiligt habe, dann wäre damit auch dargetan worden, dass der Erwerb des Baugrundes nach § 4 Abs 1 Z 2 lit a GrEStG nicht grunderwerbssteuerpflichtig gewesen sei.

Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Richtig ist, dass nach dem Wortlaut der eben zitierten Bestimmung des GrEStG, demzufolge der Erwerb eines Grundstücks zur Schaffung von Arbeiterwohnstätten nicht der Besteuerung unterliegt, die Befreiung aus dem Titel der Arbeiterwohnstätte auch zum Zuge kommen kann, wenn eine Mehrheit von Personen gemeinsam ein Grundstück erwirbt, um auf demselben ein Wohngebäude mit Arbeiterwohnstätten zu errichten. Ein solcher gemeinschaftlicher Grundstückserwerb fand aber, wie das Erstgericht der eigenen Verantwortung der Angeklagten V***** entnehmen konnte, im vorliegenden Fall nicht statt. Denn abgesehen davon, dass die Angeklagte im erstinstanzlichen Verfahren selbst nie behauptet hat, es habe die Absicht bestanden, gerade für Arbeiter bestimmte Wohnstätten zu schaffen, was jedoch nach der Formulierung des § 4 Abs 1 Z 2 lit a GrEStG und dem Zweck dieser Gesetzesbestimmung, die Schaffung von Wohnraum für minderbemittelte Bevölkerungskreise zu erleichtern, die erste Voraussetzung für die Inanspruchnahme der bezogenen Befreiungsbestimmung ist, war ja der Baugrund in der Form des ihr gehörigen Ruinengrundstücks bereits vorhanden und der Abverkauf einzelner Anteile dieser Liegenschaft an die Wohnunginteressenten erfolgte lediglich zu dem Zweck, um ihnen Wohnungseigentum einräumen zu können (vgl hiezu S 134 des gegenständlichen Strafakts und S 39 des einen Teil der Strafanzeige bildenden Finanzstrafakts Str.L.Nr. 24/1963).

Nach dem Gesagten vermag daher auch der in der Verfahrensrüge besonders relevierte Umstand, dass nach der von der Beschwerdeführerin in der Hauptverhandlung gewählten Darstellung der Kreis der präsumtiven Wohnungseigentümer schon vor der in Rede stehende Darlehensgewährung feststand, nichts daran zu ändern, dass die Begünstigung des § 4 Abs 1 Z 2 lit a GrEStG unter keinen Umständen zur Anwendung kommen konnte. Dies war umso weniger der Fall, als diese Begünstigung auch zur Voraussetzung hat, dass die zu begünstigenden Erwerber die Arbeiterwohnstätten selbst schaffen (Dorazil, Das Grunderwerbsteuergesetz, S 67, Entscheidungsübersicht zu § 4 Abs 1 Z 2, Nr 13 bis 16). Nach der Aktenlage (vgl insbesondere S 143/144 des Strafakts sowie S 38 vo des Finanzstrafakts) war es aber die als Verkäuferin auftretende Beschwerdeführerin, die im eigenen Namen und unter Verwendung eines ihr gewährten Kredits den Wiederaufbau des Hauses, Innsbruck, *****, durchführte und dadurch die von ihr im Wohnungseigentum vergebenen Wohnungseinheiten geschaffen hat.

Bei dieser Sach- und Rechtslage durfte des Schöffengericht die Frage, ob sich die Beschwerdeführerin mit Grund auf Umstände zu berufen vermochte, die gemäß § 4 Abs 1 Z 2 lit a GrEStG Freiheit von der Grunderwerbsteuer zu Folge hatten und sohin eine Abgabenverkürzung ausschlossen, als hinlänglich geklärt erachten und die begehrte Zeugeneinvernahme ablehnen, zumal die Frage der Steuerfreiheit in erster Linie eine Rechtsfrage ist, die vom Gericht zu lösen war.

Dass das Erstgericht dabei bezüglich des in der Verfahrensrüge genannten Befreiungsgrundes, den es als nicht gegeben ansah, zu einem richtigen Ergebnis gelangte, wurde bereits dargetan. Es traf ferner die gleichfalls rechtlich unbedenkliche Feststellung, dass sich die Beschwerdeführerin auch nicht mit Grund auf die das Wohnungseigentum betreffenden Befreiungsbestimmungen des § 4 Abs 1 Z 3 GrEStG stützen konnte, da sowohl nach der ursprünglichen als auch nach der derzeit geltenden Fassung dieser Gesetzesstelle (vgl hiezu Dorazil aaO, S 61 und 64/65 Erwerbsvorgänge, bei denen als Verkäufer eine physische Person auftritt, für eine Steuerfreiheit von vornherein nicht in Frage kommen. Da das Gericht schließlich unter Hinweis auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs zutreffend ausführte, dass die im § 22 WWG normierte Befreiung von Stempel und Gebühren die Grunderwerbssteuerfreiheit nicht einschließe, hat es zu dieser Frage ausreichende Feststellungen getroffen.

2.) Demnach liegen auch die von der Beschwerdeführerin unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes der Z 5 - richtig Z 9a - des § 281 StPO behaupteten Feststellungsmängel nicht vor. Denn da im konkreten Fall Erwerbsvorgänge iSd § 4 Abs 1 Z 2 bzw 3 GrEStG gar nicht stattgefunden haben, war es entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin entbehrlich, festzustellen, ob die im Urteil genannten Käufer bzw welche von ihnen bereits fertige Wohnungen erwarben und ob die Wohnungseinheiten des mit Hilfe des WWF errichteten Gebäudes rein flächenmäßig als Arbeiterwohnstätten anzusprechen sind. Dass aber die in den Entscheidungsgründen besprochenen Kaufverträge der Grunderwerbssteuer unterworfen waren, hat das Schöffengericht in seinem Urteil mit genügender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht.

3.) Unter ziffermäßiger Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Z 9a StPO, sachlich jedoch jenen der Z 9b des § 281 StPO ausführend, wendet sich die Beschwerde dagegen, dass der Angeklagten V***** nicht der gleiche entschuldbare Irrtum zugebilligt worden ist wie den gänzlich freigesprochenen Angeklagten. Die Angeklagte V***** habe, so bringt die Beschwerde im Wesentlichen vor, für das Vorliegen eines Irrtums ihrerseits eine Reihe von Beweisen, insbesondere die Auskunft zweier Ministerialräte des Bundesministeriums für Finanzen, das eigene Studium des Grunderwerbsteuergesetzes und ihre „Umfragen“ anführen können, so dass man ihr einen Tatsachenirrtum zubilligen müsse. Es liege also ein sich als Schuldausschließungsgrund nach § 2 lit e StG darstellender Irrtum vor, womit die Beschwerdeführerin offenbar zum Ausdruck bringen will, dass der ihr ohnedies zugebilligte Irrtum auch als unverschuldet anzusehen sei.

Soweit dieses Beschwerdevorbringen auf eine Auskunft Bezug nimmt, die die Angeklagte V***** nach der Fällung des angefochtenen Urteils im Bundesministerium für Finanzen erhalten haben will, verstößt es gegen das im Nichtigkeitsverfahren geltende Neuerungsverbot und ist daher unbeachtlich. Im Übrigen ist die Rechtsrüge unbegründet.

Der für die Beurteilung der Rechtsrüge maßgebliche § 9 FinStrG unterscheidet nicht zwischenTat- und Rechtsirrtum. Jeder Irrtum ist daher geeignet, die Zurechnung eines Verhaltens zur Schuld auszuschließen, falls er entschuldbar ist. Entschuldbar ist der Irrtum, wenn der Täter ohne jedes Verschulden, also auch ohne Verletzung seiner Sorgfaltspflicht, in seiner Handlungsweise weder ein Finanzvergehen noch ein darin liegendes Unrecht erkennen konnte. Dies ergibt sich insbesondere aus dem zweiten Halbsatz des § 9 FinStrG, nach welchem bei nicht entschuldbarem Irrtum Fahrlässigkeit, also Mangel an Sorgfalt, zugerechnet wird. Sohin wurde im Finanzstrafrecht eine der modernen Rechtsentwicklung (vgl § 5 Abs 2 VStG) Rechnung tragende Irrtumsregelung getroffen, die auch darauf Bedacht nimmt, dass die Gesellschaft heute weitgehend von Normen geleitet wird, die im allgemeinen Wertbewusstsein nicht vorgebildet sind und auch nicht von jedem Normadressaten zur Gänze übersehen werden können, was insbesondere für die Vielzahl der steuerrechtlichen Vorschriften gilt. Auch ein dem Täter über die Anwendbarkeit einer steuerlichen Rechtsvorschrift unterlaufener Irrtum ist daher entschuldbar, wenn er völlig frei von Fahrlässigkeit bei ihm entstanden ist.

Diese Regelung zieht allerdings nach sich, dass eine steuerpflichtige Person, die nicht rechtskundig ist, sich jedoch eines Rechtsanwalts oder Steuerberaters bedient, meist leichter einen entschuldbaren Irrtum dazutun vermag als rechts- und steuerkundige Personen, die berufsmäßig an Vorgängen mitwirken, die eine Steuerpflicht auslösen. Denn der Steuerpflichtige, der einen sowohl mit der Materie als auch mit dem konkreten Sachverhalt vertrauten Vertreter bzw Berater hat, darf sich in der Regel auf dessen fachkundige Meinung verlassen, weshalb ihm eine Abgabenverkürzung dann kaum anzulasten sein wird, wenn er sich bei seiner auf einen Rechtsirrtum zurückzuführenden Handlungsweise bloß an diese Meinung gehalten hat (vgl SSt XXXIII/72 und Fellner, Finanzstrafgesetz, S 59 C).

Im gegenständlichen Fall verhält sich die Sache aber gerade umgekehrt. Obwohl die Beschwerdeführerin den Urteilsfeststellungen zufolge von ihrem eigenen - allerdings nur für die ersten Vertragserrichtungen herangezogenen - Anwalt darüber aufgeklärt worden war, dass bezüglich der Erwerbsvorgänge, an denen sie als Verkäuferin mitwirkte, Grunderwerbssteuerpflicht besteht, machte sie sich die - objektiv unrichtige - gegenteilige Auffassung zu eigen und stützte sich dabei vor allem auf unverbindliche und allgemein gehaltene Auskünfte, die sie nach den Annahmen des Erstgerichts von Beamten des Bundesministeriums für Finanzen erhalten hat. Dadurch verletzte aber die Beschwerdeführerin ihre Sorgfaltspflicht. Wenn sie sich nämlich trotz ihrer Rechtsunkenntnis schon nicht an die Meinung ihres Rechtsbeistands gebunden erachtete, wäre sie jedenfalls verpflichtet gewesen, auf andere geeignete Weise und unter Bekanntgabe des gesamten in Betracht kommenden Tatsachenmaterials zureichende Informationen darüber einzuholen, ob bzw inwieweit die von ihr getätigten Geschäfte einer Steuerpflicht unterliegen und welche Beträge allenfalls zu versteuern sind. Dies ist jedoch noch der eigenen Darstellung der Beschwerdeführerin nicht geschehen, da sie einräumt, bei ihren Vorsprachen im Finanzministerium die Frage der Steuerpflicht jener Gegenleistungen, die dem Finanzamt gegenüber in den - zum Teil von Maria V***** selbst erstatteten - Veräußerungsanzeigen verschwiegen und auch den angeblich befragten Ministerialbeamten gegenüber nicht erwähnt worden sind, überhaupt nicht erörtert zu haben (S 39 und 53 ff dA).

Auch der Umstand, dass die Angeklagte V***** nach ihren Angaben in der Hauptverhandlung das Grunderwerbsteuergesetz „studiert“ hat, vermag ihr den Vorwurf mangelnder Sorgfalt nicht zu ersparen, denn als Laie konnte sie dadurch niemals einen vollständigen und verlässlichen Überblick über diese - auch nach dem Beschwerdevorbringen - schwierige Rechtsmaterie erlangen. Ähnliches gilt für die in der Rechtsrüge erwähnten „Umfragen“. Wie das Erstgericht richtig erkannte, ist somit das Verhalten der Beschwerdeführerin als ein fahrlässiges zu werten, so dass ihre subjektive Überzeugung von der Grunderwerbssteuerfreiheit einen entschuldbaren Irrtum iSd § 9 FinStrG nicht darstellt.

Da demnach der Nichtigkeitsgrund des § 281 Z 9b StPO gleichfalls nicht gegeben ist, war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

IV.

Zu den Berufungen:

1.) Die Angeklagte Maria V***** strebt mit ihrer Berufung eine Ermäßigung der über sie verhängten Geldstrafe - laut Berufungsantrag auf 5.000 S - an. Sie will zusätzlich als mildernd gewertet wissen, dass sie einem Irrtum über die Steuerpflicht unterlegen sei.

Dieser Umstand kam aber schon darin zum Ausdruck, dass die Berufungswerberin nur wegen fahrlässiger Abgabenverkürzung verurteilt wurde und kann deshalb nicht einen weiteren Milderungsgrund bei der Strafbemessung bilden. Die verhängte Geldstrafe von 15.000 S ist im Hinblick auf die Vielzahl der Verkürzungsfälle durchaus nicht überhöht, die Berufung bleibt deshalb ohne Erfolg.

2.) Die Staatsanwaltschaft begehrt mit ihrer Berufung die Beseitigung des Ausspruchs über die bedingte Verurteilung hinsichtlich der Angeklagten Maria Vollmaier, Herbert Hillebrankd und Dr. Herbert E*****.

Die Berufung ist begründet. Die vom Schöffengericht verhängten Geldstrafen sind, gemessen an der Höhe der verkürzten Grunderwerbssteuerbeträge, als milde zu bezeichnen. Zum bedingten Aufschub ihrer Vollziehung fehlt es an besonderen Gründen iSd § 1 Abs 1 des Gesetzes über die bedingte Verurteilung 1949. Vielmehr erfordern generalpräventive Erwägungen die Vollstreckung der Strafen.

Es wurde deshalb über die Berufungen spruchgemäß entschieden.

Der Ausspruch über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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