OGH 7Ob299/65

OGH7Ob299/6527.10.1965

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Dinnebier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Berger, Dr. Schopf, Dr. Steinböck und Dr. Machowetz als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ernst M*****, vertreten durch Dr. Thomas Watzenböck, Rechtsanwalt in Kremsmünster, wider die beklagten Parteien 1.) Friedrich P*****, 2.) Anna P*****, vertreten durch Dr. Rudolf Schuh, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterzeichnung einer Urkunde, Abgabe von Grundbuchserklärungen, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 8. Juli 1965, GZ 4 R 125/65‑15, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Kreisgerichts Steyr vom 30. April 1965, GZ 2 Cg 491/64‑9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1965:0070OB00299.650.1027.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, den Beklagten die mit 1.386,17 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

 

Entscheidungsgründe:

Unbestritten ist, dass der Kläger Eigentümer der Liegenschaften EZ ***** und ***** der KG ***** ist und den Beklagten die Liegenschaften EZ ***** und ***** der KG ***** gehören.

Der Kläger bringt vor, er habe mit den Beklagten vereinbart, dass diese ihm gegen ein jährliches Entgelt von 5.000 S und Lieferung bestimmter Mengen an Bier zu Gunsten seiner Liegenschaften auf ihren Besitz die Dienstbarkeit des Wasserbezugsrechts einräumen. Der betreffende Vertrag sei verbindlich abgeschlossen worden. Er beantragt, die Beklagten zu verurteilen, eine Urkunde, die in der Klage näher bezeichnet ist, zu unterfertigen. Dieses umfangreiche Schriftstück enthält als wichtigste Bestimmung die Einwilligung zur Einverleibung der Dienstbarkeit des Wasserbezugsrechts und der Gestattung der Errichtung von Wasserbezugsanlagen auf den Liegenschaften der Beklagten. Die Beklagten wenden ein, es sei nur zu Vorbesprechungen, jedoch nicht zu einem bindenden Vertragsabschluss gekommen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und stellte folgenden Sachverhalt fest:

Der Kläger, der auf einer ihm gehörigen Liegenschaft in K***** eine Getränkeerzeugung betreibt, bezieht das hiezu benötigte Wasser zum kleineren Teil aus der im S***** (Eigentümer S*****) entspringenden Kellerquelle, zum größeren Teil hingegen aus der auf den Gründen der Beklagten entspringenden Hofbrunnenquelle. Der Kläger war zunächst der Meinung, dass die Verfügungsberechtigung über das bezogene Wasser ausschließlich dem S***** zustehe und leistete deshalb auch an dieses hiefür ein Entgelt. Als er erkannte, dass die Beklagten als Verfügungsberechtigte über die Wassernutzung anzusehen sind, verhandelte er mit diesen hierüber, wobei an den diesbezüglichen Verhandlungen auf Seite der Beklagten, der Erstbeklagten und der von beiden Beklagten bestellte Rechtsanwalt Dr. Henkl und später der Erstbeklagte und den von diesem bevollmächtigte Vertreter Rechtsanwalt Vlasek beteiligt waren.

Die erste diesbezügliche Besprechung fand am 25. 7. 1962 statt. Dabei kam es nach Besichtigung an Ort und Stelle zwar zu keiner allgemeinen Einigung, doch näherten sich die beiderseitigen Standpunkte hinsichtlich des vom Kläger zu leistenden Entgelts insoferne, als der Kläger eine Zahlung von jährlich 8.000 S und eine Bierlieferung ins Auge fasste, wovon 5.500 S den Beklagten zugutekommen sollten, soferne das S***** mit einer Reduzierung der bisher an dieses geleistete Entschädigung von 5.000 S auf 2.500 S jährlich einverstanden sein sollte.

Eine weitere Besprechung fand am 25. 9. 1962 statt. Bei dieser kam es hinsichtlich des Entgelts zu einer Einigung insoferne, als an die Beklagten 5.000 S und an das S***** 3.000 S geleistet werden sollten, wobei von einem Wasserbezug des Klägers im bisherigen Ausmaße ausgegangen wurde. Hingegen wurden die verschiedenen mit dieser Regelung eng zusammenhängenden weiteren Probleme zwar besprochen, doch kam es diesbezüglich zu keiner einverständlichen Regelung. Dabei handelte es sich darum, dass der Kläger das gesamte auf den Grundstücken der Beklagten entspringende Wasser, sofern nicht das S***** darauf Anspruch hatte, für sich in Anspruch nehmen wollte, weiters die Frage der Neufassung der vorhandenen Quellen und der Errichtung und Erhaltung der notwendigen Wasserbehälter, sowie vor allem auch das Ausmaß der dem Kläger vorzubehaltenden eigenen Wasserbezugsrechte, hinsichtlich welcher Punkte keine Einigung zustandekam, obwohl diese Umstände für eine Gesamtbereinigung der bezüglich der Wassernutzung zwischen den Streitteilen bestandenen Differenzen notwendig gewesen wäre. Im Übrigen verlangte der Erstbeklagte ausdrücklich, dass der spätere Vertrag schriftlich errichtet werden muss und erklärte, sich vorher diesbezüglich nicht gebunden zu fühlen. Am Ende dieser Besprechung erhielt der Klagevertreter den Auftrag, einen schriftlichen Entwurf über die einzuräumenden Wasserbezugs‑ und Wasserleitungsrechte vorzulegen und Rechtsanwalt Dr. Henkl zu übermitteln. Tatsächlich übermittelte dann der Klagevertreter am 2. 11. 1962 einen derartigen Vertragsentwurf an Dr. Henkl, wobei er in seinem Begleitschreiben erklärte, dass er zur „Information Dr. Henkls den ersten Entwurf übermittle, und dankbar wäre, möglichst bald eine Stellungnahme hiezu zu erhalten“. In diesem Entwurf (Blg 3) war eine Vereinbarung zwischen allen drei Interessenten, nämlich den Streitteilen und dem S***** vorgesehen. Da die Beklagten eine Stellungnahme zu diesem Entwurf jedoch unterließen, wurde zunächst nichts weiters unternommen.

Die nächste Besprechung der Streitteile fand am 19. 11. 1962 statt. Auch bei dieser wurde wieder über die Höhe der vom Kläger an das S***** und an die Beklagten zu leistende Entschädigung gesprochen. Es kam dabei zwischen dem S***** und den Beklagten zu einer Einigung, aufgrund welcher in der Folge zwischen diesen Parteien ein schriftlicher Vertrag verfasst wurde, der deren wasserrechtliche Beziehungen abschließend regelte. Der Kläger selbst, der bei dieser Besprechung ohne Rechtsbeistand anwesend war, erklärte, wegen der Abwesenheit seines Rechtsfreundes keine rechtsverbindlichen Erklärungen abgeben zu können.

Im Jahre 1963 wurde zwischen den Streitteilen nicht weiter verhandelt und auch kein neuer Vertragsentwurf verfasst. Erst Anfang Jänner 1964 ging Dr. Henkl vom Klagevertreter ein neuer Vertragsentwurf zu, den dieser wiederum an den Erstbeklagten mit der Aufforderung zur Stellungnahme weiterleitete, wobei jedoch auch diesmal eine solche unterblieb.

Bei einem Zusammentreffen des Erstbeklagten mit dem Klagevertreter, bei welchem beide Teile einander entgegengesetzte Meinungen über die Frage, ob bisher schon eine endgültige Vereinbarung zustande gekommen sei, vertraten, beauftragte der Erstbeklagte Rechtsanwalt Vlasek, ihn nunmehr in der Wasserrechtsangelegenheit zu vertreten und übergab diesem den ihm (den Erstbeklagten) von Dr. Henkl übermittelten Entwurf des Klagevertreters, wobei er ausdrücklich darauf hinwies, dass es zwischen den Streitteilen noch nicht zu einer endgültigen Einigung über verschiedene Vertragspunkte, insbesondere auch über die Höhe des Entgeltes gekommen sei.

Am 28. 1. 1964 fand eine vierte Besprechung der Streitteile statt, bei welcher auf Seite der Beklagten der Erstbeklagte und Rechtsanwalt Vlasek teilnahmen. Auch hiebei vertraten der Kläger und sein Vertreter den Standpunkt, dass schon eine rechtsverbindliche Vereinbarung der Streitteile vorliege, was aber von der Gegenseite bestritten wurde. Es wurde dabei der frühere Vertragsentwurf Dris. Watzenböck durchbesprochen, doch kam es zu keiner endgültigen Einigung. Auch in der Folge fand eine solche Einigung nicht mehr statt, insbesondere wurde eine schriftliche Abmachung von keiner der Parteien unterfertigt, obwohl der Erstbeklagte wie erwähnt, bereits am 25. 9. 1962 ausdrücklich erklärt hatte, vor schriftlicher Vertragserrichtung sich nicht gebunden zu fühlen.

Bereits nach der Besprechung vom 25. 9. 1962 nahmen die Beklagten Zahlungen von 2.500 S und 5.000 S entgegen und wiesen erst einen am 9. 10. 1964 überwiesenen weiteren Betrag zurück. Ebenso holten sie auch zunächst und zwar vom 18. 12. 1962 bis 19. 9. 1963 die ursprünglich vorgesehenen Bierlieferungen vom Kläger ab und nahmen sie in Empfang.

Das Erstgericht kam zu dem rechtlichen Ergebnis, dass der behauptete Vertrag nicht zustande gekommen sei. Daraus, dass die Beklagten Zahlungen und Bierlieferungen entgegengenommen haben, könne nicht geschlossen werden, dass sie sich bereits an einen Vertrag gebunden erklärt hätten, weil der Kläger weiter das Wasser bezogen habe und selbstverständlich sei, dass er dafür ein Entgelt leisten müsse.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Streitwert 15.000 S übersteige. Es übernahm sowohl die Feststellungen als auch die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts. Ebenso erachtete es den Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der darin gelegen sein soll, dass der Klagevertreter nicht nochmals als Zeuge vernommen wurde, als nicht gegeben.

Gegen das Urteil zweiter Instanz richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, es aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Beklagten beantragen, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht begründet.

Der Kläger macht Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend, weil der Klagevertreter Dr. Thomas Watzenböck, wie schon in der Berufungsschrift gerügt worden ist, nicht zur Korrespondenz vernommen wurde. Hiebei übersieht der Kläger jedoch, dass es zum Revisionsgrund nach § 503 Z 2 ZPO erforderlich ist, dass das Berufungsgericht selbst vom Mangel betroffen ist. Hingegen reicht es nicht aus, dass die zweite Instanz nach Ansicht des Revisionswerbers zu Unrecht einen von ihm in der Berufung behaupteten Mangel nicht als gegeben erachtet. Da gemäß § 519 ZPO der Beschluss des Berufungsgerichts, mit dem einer wegen Nichtigkeit ergriffenen Berufung nicht Folge gegeben wurde, nicht bekämpfbar ist, kann umso weniger der Oberste Gerichtshof gegen die Entscheidung, dass ein geringerer Verfahrensmangel als Nichtigkeit zu Unrecht geltend gemacht wurde, angerufen werden (s Entsch SZ XXII/106, SZ XXVII/4, EvBl 1959 Nr 71 und 361).

Der Kläger erklärt, im Wege des Revisionsverfahrens noch illustrativ auf die wesentlichen Tatsachen eingehen zu wollen. Seine Ausführungen sind aber nichts anderes als eine Bekämpfung der Feststellung der Untergerichte, dass eine Willenseinigung ausdrücklich nicht erklärt worden sei, vielmehr der Erstbeklagte bemerkt habe, dass er sich vor Errichtung eines schriftlichen Vertrags nicht gebunden fühle. Die Ausführungen stellen sich daher als eine im Revisionsverfahren unzulässige Anfechtung der Beweiswürdigung der Untergerichte dar. Es kann auch nicht gesagt werden, dass sie etwa der Sache nach die Geltendmachung einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung enthielten. Dies wäre dann der Fall, wenn der Kläger darzutun versuchte, dass unter Zugrundelegung der erstgerichtlichen Feststellung im Sinne der §§ 863 Abs 2 und 914 ABGB anzunehmen sei, die Parteien hätten zum Ausdruck gebracht, bereits gebunden zu sein. Der Kläger hat das aber nicht getan, sondern geht von der feststellungswidrigen Annahme aus, der Erstbeklagte hätte nicht gesagt, er fühle sich vor Abschluss des schriftlichen Vertrags nicht als gebunden. Diese Annahme schließt es auch aus, die Äußerungen und das Verhalten der Parteien rechtlich anders zu werten, als dies die Untergerichte getan haben.

Die unbegründete Revision musste also erfolglos bleiben.

Der Kostenausspruch beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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