OGH 3Ob24/60

OGH3Ob24/6019.4.1961

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Ersten Präsidenten Dr. Heller als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Dinnebier, Dr. Machek, Dr. Berger und Dr. Überreiter als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Magda B*****, 2.) Auguste R*****, 3.) Anna R*****, 4.) Charlotte P*****, sämtliche vertreten durch Dr. Erich Schwinner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Johann S*****, vertreten durch Dr. Alfred Fürst, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung, Löschung des Eigentumsrechtes und von Pfandrechten (Streitwert 1,000.000 S) infolge Rekurses beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 27. November 1959, GZ 5 R 538/59-62, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 30. Juli 1959, GZ 40 Cg 71/58-54, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Beiden Rekursen wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben, die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Rekurskosten sind als Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung

Das Erstgericht stellte folgenden Sachverhalt fest:

Die Liegenschaften EZ 3333, 3334 und 3381, KG *****, standen im bücherlichen Eigentum der Hermann H***** AG mit dem Sitz in Budapest. Auf Grund des Gesetzes Art XXV/1948 wurden die Aktien dieser Gesellschaft von der ungarischen Volksrepublik verstaatlicht, ohne dass die Aktionäre eine Entschädigung erhalten hätten. Im Zeitpunkt der Verstaatlichung gehörten die gesamten Aktien dieser Gesellschaft zu 32 % der Erst- und Zweitklägerin, zu 27,5 % der Drittklägerin, zu 7 % der Viertklägerin und zu 1,5 % dem ehemaligen Geschäftsführer Adrian B*****. Die Aktiengesellschaft betrieb seinerzeit auf den genannten Liegenschaften eine Salamierzeugung, im Zeitpunkt der Verstaatlichung waren die Liegenschaften jedoch an einen Tischlermeister vermietet. Die Verwaltung der Liegenschaft lag in den Händen des Franz V*****, dem ehemaligen Leiter der Fabrik in Temesvar. Er handelte im Auftrag Adrian B*****. Von diesem erhielt er auch wahrscheinlich noch vor der Verstaatlichung den Auftrag, die Wiener Fabrik zu verpachten oder zu verkaufen. Der Beklagte suchte Ersatz für seine ausgebombten Räume, er trat mit V***** in Unterhandlungen und fuhr auch nach Budapest. Es kam aber vorerst zu keiner Einigung, weil der Beklagte mit den Pachtbedingungen nicht einverstanden und ein Verkauf nicht zu erreichen war. Der Beklagte erkundigte sich bei V***** um die Hauptperson, die ihm über das Unternehmen Auskunft geben könnte. V***** verwies ihn an den ehemaligen Präsidenten der Aktiengesellschaft Robert B***** in London, den Gatten der Erstklägerin. Dieser verwies ihn - nachdem er von V***** Informationen über den Beklagten eingeholt hatte - an Andreas R***** in Zürich. Am 3. 6. 1949 fand zwischen dem Beklagten und R***** eine Konferenz statt. Diesem teilte der Beklagte seine Kaufabsicht - in Kenntnis der Verstaatlichung - mit. R***** gab eine ausweichende Antwort, die Familie sei einem Verkauf nicht abgeneigt, doch müsse erst eine Klärung der Situation abgewartet werden (damals lebte die Zweitklägerin noch in Budapest). Schließlich schloss der Beklagte mit den Organen der trotz Verstaatlichung der Aktien in ihrem Bestand unberührt gebliebenen Hermann H***** AG am 17. 10. 1949 bzw 14. 11. 1950 einen Kaufvertrag und erwirkte am 6. 4. 1951 bzw 8. 1. 1952 die Einverleibung seines Eigentumsrechtes auf den Liegenschaften.

Die Kläger begehren 1.) die Feststellung, dass die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Beklagten nichtig, 2.) die Einverleibung des Eigentumsrechtes zu löschen, 3.) die Feststellung, dass der Beklagte unredlicher Besitzer sei, 4.) den Beklagten schuldig zu erkennen, die seither eingetragenen Pfandrechte auf eigene Kosten vorbehaltlos löschen zu lassen. Die entschädigungslos enteigneten Aktionäre stellten hinsichtlich des in Österreich befindlichen Vermögens der Aktiengesellschaft eine communio incidens dar und seien entsprechend ihrem Aktienbesitz am inländischen Vermögen anteilsmäßig beteiligt. Die Organe der Aktiengesellschaft hätten kein Eigentumsrecht übertragen können. Der Beklagte sei bei Abschluss des Kaufvertrages schlechtgläubig gewesen und daher auch zur Löschung der Pfandrechte verpflichtet.

Der Beklagte wendet vorerst Mängel der Aktivlegitimation ein. Er bestreitet den Aktienbesitz der Kläger und das Beteiligungsverhältnis. Da nicht auch Adrian B***** als Kläger auftrete, seien die Klägerinnen schon deshalb nicht legitimiert. Es liege auch keine entschädigungslose Enteignung vor, da den Aktionären eine Entschädigung zugesagt worden sei. Aber selbst wenn die Aktien konfisziert worden wären, könnten die Klägerinnen kein bücherliches Eigentum in Anspruch nehmen, weil die Enteignung keine Übertragung der bücherlichen Rechte bewirkt habe. Der Anspruch der Klägerinnen sei überdies verwirkt, weil sie bereits im Jahre 1949 von der Veräußerung der Liegenschaft Kenntnis erlangt und erst im Jahre 1958 die Klage eingebracht hätten. R***** habe erklärt, dass die Familie an dem Verkauf nicht interessiert sei. Den Klägerinnen fehle auch ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Nichtigkeit. Das Löschungsbegehren sei unmöglich, weil nach diesem Begehren eine nicht existierende Person wieder im Grundbuch eingetragen werden müsse. Das Begehren auf Löschung der Pfandrechte entbehre jeglicher Grundlage. Der Beklagte sei redlicher Besitzer. Außerdem beruft er sich auf ein Zurückbehaltungsrecht wegen Aufwendungen auf die Liegenschaften. Das Erstgericht stellte die Nichtigkeit der Eintragung fest, wies jedoch das Mehrbegehren ab. Die Aktivlegitimation der Klägerinnen sei auf Grund ihres Aktienbesitzes gegeben. Da über den Anteil B***** durch die Feststellung der Nichtigkeit nicht verfügt werde, seien die Klägerinnen zur Gänze zur Klage legitimiert. Sie hätten ihr Recht auch nicht verwirkt, ein Stillschweigen, aus dem der Beklagte die Zustimmung der Klägerinnen zum Verkauf hätte ableiten können, liege gar nicht vor. Auch das rechtliche Interesse der Klägerinnen an der Feststellung sei gegeben. Hingegen sei das Löschungsbegehren deshalb unzulässig, weil nicht gleichzeitig die Einverleibung eines anderen Eigentumsrechtes begehrt worden sei. Durch die Löschung des Eigentumsrechtes des Beklagten werde nicht das frühere Eigentumsrecht wiederhergestellt. Es würde vielmehr die rechtlich unmögliche Situation entstehen, dass im Grundbuch überhaupt kein Eigentümer eingetragen wäre. Dadurch werde dem weiteren Begehren auf Löschung der Pfandrechte der Boden entzogen. Die Feststellung der Unredlichkeit des Beklagten werde nur zur Abwehr des Zurückbehaltungsrechtes begehrt. Dazu sei sie aber ungeeignet, denn die Bestimmung des § 471 ABGB setze Redlichkeit nicht voraus. Das Berufungsgericht hob dieses Urteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Das Verfahren sei mangelhaft geblieben, weil nicht alle beantragten Beweise über die Verteilung des Aktienbesitzes durchgeführt worden seien. Solange der Aktienbesitz der Klägerinnen nicht ausreichend geklärt sei, könne die Aktivlegitimation der Klägerinnen nicht beurteilt werden. Es sei nicht notwendig, die Nichtigerklärung des Kaufvertrages zu begehren. Dies sei nur eine Vorfrage für die Nichtigerklärung der Eintragung. Dass eine angemessene Entschädigung für die Aktien bezahlt worden sei, habe der Beklagte nicht nachgewiesen. Bei einer entschädigungslosen Enteignung treten aber hinsichtlich des in Österreich befindlichen Vermögens die Aktionäre an die Stelle der nicht mehr bestehenden Aktiengesellschaft. Doch könne ein Teil der Aktionäre nicht die Rechte der übrigen wahrnehmen. Die Klägerinnen können die Nichtigerklärung daher nur hinsichtlich ihrer Quoten, nicht aber hinsichtlich der ganzen Liegenschaft begehren. Damit wäre der Abweisung hinsichtlich der Löschung der Pfandrechte der Boden entzogen. Einer Feststellung des unredlichen Besitzes bedürfe es nicht.

Gegen diesen Beschluss erheben beide Parteien Rekurs. Die Klägerinnen führen aus, der Vindikationsanspruch sei unteilbar. Er stütze sich darauf, dass für den Beklagten überhaupt kein giltiger Titel vorliege. Es könne daher jeder Teilnehmer an der communio incidens diesen Anspruch hinsichtlich der ganzen Liegenschaft geltend machen, denn es handle sich um die Wahrung eines Gesamtrechtes, welche Wahrung von jedem Teilhaber unabhängig von der Höhe seiner Beteiligung vorgenommen werden könne.

Der Beklagte führt aus, er hätte im Berufungsverfahren durch Urkundenvorlage nachgewiesen, dass die Feststellung des Erstgerichtes über den Aktienbesitz der Klägerinnen unrichtig sei. Die Klägerinnen repräsentieren nur 65 % des Aktienbesitzes. Eine Aufhebung wäre nicht erforderlich gewesen. Die Klägerinnen repräsentieren nach ihren eigenen Angaben nicht das gesamte Aktienkapital. Aber nur die Gesamtheit der Aktionäre wäre zur Klage berechtigt. In der Verstaatlichung der Aktien liege auch keine völkerrechtswidrige Konfiskation. Der Beklagte habe im Berufungsverfahren durch Urkundenvorlage nachgewiesen, dass mit verschiedenen Staaten bereits Abkommen über die Entschädigung ihrer Staatsbürger getroffen wurden, darunter auch mit Großbritannien, dessen Staatsangehörige zwei der Klägerinnen seien. Jedenfalls seien für die entschädigungslose Enteignung die Klägerinnen beweispflichtig. Einen solchen Beweis hätten sie nicht erbracht. Die Klägerinnen hätten aber auch ihren Anspruch verwirkt. Es sei auch unzulässig, dass eine nicht bestehende Aktiengesellschaft wieder in das Grundbuch eingetragen werde. Dies müsste aber nach dem Klagebegehren die Folge sein, weshalb die Löschungsklage mit Recht abgewiesen worden sei. Es sei aber auch die Frage der Redlichkeit nicht zu prüfen, weil Redlichkeit für das Zurückbehaltungsrecht nicht vorausgesetzt werde.

Rechtliche Beurteilung

Beide Rechtsmittel sind, wenn auch zum Teil aus anderen Gründen, berechtigt.

Unbestritten ist, dass die Aktien der Hermann H***** AG auf Grund des Gesetzes Art XXV/48 verstaatlicht wurden. Der Beklagte behauptet, darin liege keine Konfiskation, weil die Aktionäre entschädigt wurden. Soweit er sich diesbezüglich erst auf mit dem Rekurs vorgelegte Urkunden beruft und im Rekurs neue Behauptungen aufstellt, handelt es sich hiebei um unzulässige Neuerungen, die nicht zu beachten sind. Es liegt darin auch keine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, dass das Berufungsgericht solche neue Vorbringen nicht berücksichtigt hat. Richtig ist allerdings, dass nicht der Beklagte zu beweisen hat, dass eine angemessene Entschädigung geleistet wurde, sondern die Klägerinnen die Enteignung ohne angemessene Entschädigung nachzuweisen haben. Allein damit ist dem Beklagten nicht gedient. Denn er musste in der ersten Instanz zugeben, dass die Klägerinnen bisher keine Entschädigung erhalten haben, eine solche vielmehr nur durch ein Gesetz in Aussicht gestellt wurde, ohne dass dieses gesetzliche Versprechen irgendwelche greifbare Formen angenommen hätte. Der Oberste Gerichtshof hat sich bereits mit der Verstaatlichung auf Grund dieses Gesetzesartikels befasst und ist zur Erkenntnis gekommen, dass in dieser Enteignung eine Konfiskation liegt (1 Ob 996/53). Es besteht kein Anlass, heute, nachdem weitere 7 Jahre vergangen sind, ohne dass eine Entschädigung geleistet wurde, einen anderen Standpunkt einzunehmen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes erfasst die Konfiskation nur das im konfiszierenden Staat befindliche Vermögen, nicht aber das österreichische Vermögen der Gesellschaft. Dabei ist die entschädigungslose Vermögensentziehung das Entscheidende und nicht die juristische Form, in der die Konfiskation vor sich ging. Man darf bei Lösung derartiger Probleme nie darauf vergessen, dass die juristische Person nur ein Konstruktionsbehelf ist, um einer Mehrheit von Personen die gemeinsame Ausübung ihrer Rechte zu ermöglichen. Jede Verfügung eines ausländischen Staates, die bezweckt, die wirtschaftliche Rechtsposition dieser Personenmehrheit durch was immer für Namen habende konfiskatorische Maßnahmen zu entziehen, ist nur territorial beschränkt wirksam. Die Konfiskation der Anteilsrechte ist daher wie eine Konfiskation des Gesellschaftsvermögens zu behandeln (vgl Wahle in Klang V S 574). Durch die Konfiskation der Aktien ist eine Einmanngesellschaft entstanden, der alleinige Aktionär ist der ungarische Staat. Die rechtliche Selbständigkeit dieser Einmanngesellschaft muss unbeachtlich bleiben, wenn sie einfach zu Tarnungszwecken, nämlich für die Durchführung der Verstaatlichung verwendet wird. Wenn man aus diesem Grunde die Fiktion einer selbständigen Rechtspersönlichkeit fallen lässt und sich an die wirtschaftlichen Gegebenheiten hält, ist diese Einmanngesellschaft der Staat, der sie geschaffen hat. Es stellt daher auch den Anspruch der staatlichen Einmanngesellschaft auf Rechtsnachfolge in das Auslandsvermögen der AG nicht anderes dar, als einen Anspruch des Staates auf dieses außerhalb seiner Grenzen gelegene Vermögen. Dieser Anspruch ist kraft des Grundsatzes der Nichtanerkennung exterritorialer Konfiskationsansprüche wirkungslos (so auch Seidl-Hohenveldern, JBl 1952 S 411). Die Entziehung der Aktien ist daher auch hier wie die Konfiskation des Gesellschaftsvermögens zu behandeln.

Daraus ergibt sich, dass trotz des Umstandes, dass sich formell an der Eintragung der AG in Ungarn nichts geändert hat und die Hermann H***** AG rein formalrechtlich weiterhin grundbücherliche Eigentümerin blieb, infolge der nur auf das Territorium des konfiszierenden Staates (Ungarn) beschränkten Wirkung der Konfiskation der Anteilsrechte und der Nichtanerkennung dieser Konfiskation in Österreich ein wesentlicher Unterschied zwischen der ungarischen Hermann H***** AG und dem in Österreich verbliebenen Restvermögen besteht. Die in Ungarn weiterbestehenden Hermann H***** AG und das in Österreich befindliche Restvermögen haben nicht nur wirtschaftlich, sondern auch rechtlich ein eigenes und voneinander unabhängiges Schicksal. Daraus folgt weiters, dass in Österreich nur mehr das hier befindliche Restvermögen existiert und die frühere Hermann H***** AG nicht - sei es auf welche Weise immer - rechtlich existent werden kann. Dies wäre aber gerade die Folge, wenn dem Klagebegehren zu 2 Folge gegeben würde. Denn damit würde der Beklagte als Erwerber und nunmehriger grundbücherlicher Eigentümer gelöscht und der bücherliche Vormann (die Hermann H***** AG) wieder als Eigentümerin aufscheinen. Dies ohne diesen in irgendeiner Weise - sei es nun als Prozesspartei oder als Nebenintervenient - gehört zu haben. Es würde damit in die Rechte einer am Verfahren nicht beteiligten Person eingegriffen und ihr unter Umständen gegen ihren Willen eine Rechtsstellung zuerkannt, die zu - von den Klägerinnen nicht beabsichtigten - Folgerungen führen könnte. Nämlich dann, wenn die durch eine Löschung des Beklagten wieder als bücherliche Eigentümerin auflebende Hermann H***** AG (Budapest) über dieses bücherliche Eigentumsrecht neuerlich verfügt (z.B. die Liegenschaft veräußert, belastet u.a.m.). Denn diese Aktiengesellschaft hat ja bereits erklärt, nicht mehr bücherliche Eigentümer sein zu wollen und hat ihre angeblichen Rechte entgeltlich auf den Beklagten übertragen. Es geht daher nicht an, ihre bücherlichen Rechte gegen ihren Willen wiederherzustellen. Die Meinung der Klägerinnen, dass sie auf Grund des von ihnen beantragten Urteiles ihre Eigentumseintragung erwirken könnten, ist irrig. Ihre Berechtigung zur Einverleibung ihres Eigentums ginge aus dem Spruch eines solchen Urteiles nicht hervor. Die Begründung des Urteiles reicht aber für eine grundbücherliche Eintragung nicht hin. Dies müsste umso mehr gelten, wenn die Meinung der Klägerinnen richtig wäre, dass ein Aktionär oder doch die Mehrheit der Aktionäre ohne Rücksicht auf ihren Anteil berechtigt wären, die Löschung zu begehren, weil dann aus dem Urteil ihre Anteilsrechte gar nicht hervorgehen müssten. Die Löschungsklage ist jedenfalls fehl am Platz, vielmehr müsste durch eine Leistungsklage - allenfalls Eigentumsklage - der Grundbuchstand auf die gegenwärtige Rechtslage durch Eintragung der nunmehr wirklich Berechtigten richtig gestellt werden. Hiezu kommt noch: Die Klägerinnen bezeichnen ihre Klage ausdrücklich als Löschungsklage und begehrten auch deren Anmerkung. Diese Bezeichnung ist nach dem gestellten Begehren auch zutreffend. Denn die Klage geht, so wie jede Löschungsklage, auf Unwirksamerklärung der bücherlichen Eintragung und Löschung des eingetretenen Rechtes. Allein eine Löschungsklage steht nach § 61 GBG nur dem zu, der in seinen bücherlichen Rechten durch eine materiell unrichtige Eintragung verletzt wurde. Kläger einer Löschungsklage kann also nur sein, wer im Grundbuch schon eingetragen war und durch die nachfolgende ungerechtfertigte Eintragung aus dem Buch verdrängt wurde, also beim Eigentum eben nur der frühere bücherliche Eigentümer. Die Klägerinnen waren aber niemals bücherliche Eigentümer. Damit fällt das Klagebegehren Punkt 1, weil nur im Zusammenhang mit einer Löschungsklage denkbar ist.

Die Begehren zu 3 und 4 schließlich haben zur Voraussetzung, dass die Klägerinnen bücherliche Eigentümerinnen der gegenständlichen Liegenschaften geworden sind. Erst dann könnten sie diese Klagebegehren erheben. In diesem Stadium des Verfahrens ist hiefür kein Raum.

Abschließend sei zur Frage der nach der gegenwärtigen Rechtslage wirklich berechtigten Personen der Vollständigkeit halber Folgendes bemerkt: Die österreichische Rechtsordnung enthält keine positive Norm über die Folgen der Nichtanerkennung einer ausländischen Konfiskation auf das im Inland gelegene Vermögen einer Gesellschaft. Jedoch hat sich der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 5. 1. 1955 SZ XXVIII 1 mit diesem Problem befasst und schon damals ausgesprochen, dass in derartigen Fällen an Stelle der konfiszierten ausländischen Gesellschaft eine communio incidens der ehemaligen Gesellschafter getreten sei, an der die Gesellschafter quotenmäßig beteiligt sind. Gegen diese Auffassung sind verschiedene Argumente vorgebracht worden. Fasching lehnt in seinem Kommentar zu den Zivilprozessgesetzen die Konstruktion der communio incidens mit der Begründung ab, dass durch die Konfiskation keine neue Gesellschaft entstehen könne, sondern nur ein Sondervermögen geschaffen werde, das durch einen Kurator zu vertreten sei. Vorwiegend im Interesse der Gläubiger wird von Beitzke in seiner Besprechung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 6 Ob 67/59, in der Zeitschrift der Rechtsvergleichung 1961 einer Liquidationsgesellschaft das Wort geredet. So schwerwiegend diese Einwendungen auf den ersten Blick scheinen, kann jedoch gegen diese Auffassung Folgendes ins Treffen geführt werden: Abgesehen davon, dass der Oberste Gerichtshof die Bestellung eines Kurators für diese durch die territoriale Beschränkung der Konfiskation geschaffenen Sonder(oder Zweck-)vermögen abgelehnt hat, spricht vor allem dagegen, dass völlig offen bleiben muss, wie der Kurator dieses Sondervermögen zu verwalten hat. Grundsätzlich sind zwei Möglichkeiten denkbar: die Weiterführung des Betriebes oder die Liquidation.

In ersterem Falle ergeben sich eine Anzahl großer rechtlicher und wirtschaftlicher Schwierigkeiten. Im Falle der Liquidation bleibt die Frage der Befriedigung der Gläubiger ungelöst, da keine rechtliche Handhabe für einen Gläubigeraufruf ähnlich etwa dem § 19 des 1. StVDG vorhanden ist und auch sonst keine Vorschriften hiefür wenigstens analog angewendet werden können. Bei der Konstruktion einer Liquidationsgesellschaft wiederum darf nicht außer Betracht bleiben, dass auch hier keine gesetzlichen Normen, nach denen diese Liquidation durchgeführt werden soll und auch keine Vorschriften bestehen, durch welche die wirklich Berechtigten gezwungen werden, dieses Vermögen zu liquidieren. Das österreichische Recht kennt dagegen verschiedene Einrichtungen, die dem an sich berechtigten Schutz der Gläubiger gerecht werden. Es sei in diesem Zusammenhang - grundsätzlich - nur an die Bestimmung der Haftung des Übernehmers eines Vermögens oder Unternehmens nach § 1409 ABGB erinnert oder an die Bestimmung des Handelsrechtes für derartige Fälle (§ 25 HGB). Sollten die Voraussetzungen dieser gesetzlichen Bestimmung jedoch fehlen, so hat die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl Entscheidung vom 22. 10. 1952, SZ XXV 266 und ihr folgend zahlreiche andere) aus den Grundsätzen der Gesamtsache eine befriedigende Regelung zum Schutz der Interessen der Gläubiger abgeleitet. Es darf nicht übersehen werden, dass auch die EO für Fälle der Gefährdung der Befriedigungsmöglichkeiten einschlägige Bestimmungen im Abschnitt über die einstweiligen Verfügungen enthält. Damit ist ein bestmöglicher Gläubigerschutz bereits nach bestehenden positiven Rechtsnormen erreicht; eine absolute Sicherung der Gläubiger ist wohl ausgeschlossen, da auch eine lebende Gesellschaft sich ihres ganzen Vermögens entäußern und dadurch die Gläubiger schädigen könnte.

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