OGH 2Ob523/60

OGH2Ob523/6013.1.1961

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Elsigan als Vorsitzenden und die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Köhler, Dr. Pichler, Dr. Bauer und Dr. Schopf als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Matthias K*****, Pensionist in ***** , vertreten durch Dr. Benedikt Lins, Rechtsanwalt in Lambach, wider die beklagte Partei Josef Z*****, Gast- und Landwirt in ***** , vertreten durch Dr. Hans Hoyer, Rechtsanwalt in Wels, wegen S 12.000,-- infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 9. November 1960, GZ 1 R 384/60-30, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom 4. Oktober 1960, GZ 4 Cg 254/59-26, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit 735 S 08 g bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Dem Rechtsstreit liegt folgender, von den Untergerichten unbekämpft festgestellter Sachverhalt zugrunde:

Der Beklagte ist selbständiger Fuhrwerksunternehmer. Er führte am 15. 4. 1958 im Auftrage der Marktgemeinde Lambach mit seinem Traktor samt Anhänger Stangenholz. Neben dem Beklagten, der den Traktor lenkte, saß der Zimmermann der Marktgemeinde Lambach, Josef G*****, der mit dem Beklagten namens der Gemeinde die Fuhr vereinbart hatte und dem der Kläger, der Arbeitnehmer der Gemeinde war, von der Gemeinde als Hilfskraft beigegeben worden war. Dem Beklagten oblag nicht die Ladetätigkeit sondern nur das Fahren mit dem Traktor. Der Kläger saß während der Fahrt auf der Holzladung am Anhänger und stürzte, als der Anhänger auf einem abfallenden Straßenstück schwankte und mit einem Rade in den Straßengraben rutschte, herab, wobei er sich Verletzungen zufügte. Der Unfall des Klägers wurde als Arbeitsunfall anerkannt. Der Beklagte wurde wegen des Unfalles rechtskräftig nach § 335 StrG verurteilt.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger vom Beklagten Schmerzensgeld. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit der Begründung statt, der Beklagte habe den Holztransport als selbständiger Fuhrwerksunternehmer für die Gemeinde Lambach durchgeführt, ihm sei nur das Fahren mit dem Traktor und die Vorsorge, dass dieser nicht überladen werde, oblegen, nicht aber eine Aufsicht oder eine Befehlsgewalt über den Kläger. Der Beklagte habe keinen größeren Wirkungskreis gehabt als ein Fahrzeuglenker, er könne daher nicht einem Dienstgeber gleichgestellt werden. Deshalb kämen auf ihn nicht die Bestimmungen des § 333 Abs 1 ASVG über die Haftungsbeschränkung zur Anwendung.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens ab. Der Beklagte sei nicht nur für das Fahren und das Funktionieren des Traktors verantwortlich gewesen sondern auch dafür, wo allfällige Begleitpersonen auf seinem Fahrzeug Platz nehmen. In diesem Umfange habe er ein Weisungsrecht gegenüber mitfahrenden Personen gehabt und müsse als Aufseher im Betriebe der Marktgemeinde Lambach, seines Auftraggebers angesehen werden. Er könne sich daher auf die Haftungsbeschränkungen des § 333 Abs 1 ASVG berufen, da nicht behauptet worden sei, dass der Unfall von ihm vorsätzlich verursacht wurde. Im vorliegenden Falle handle es sich um eine Zusammenarbeit zweier selbständiger Unternehmer, nämlich der Marktgemeinde Lambach und des Beklagten zur Erreichung eines gemeinsamen Arbeitserfolges, des Transportes des Holzes zum Lagerplatz in Lambach. Der Kläger sei Dienstnehmer des einen Unternehmers, nämlich der Gemeinde Lambach, es komme daher auch dem Beklagten als zweitem Unternehmer die Haftungsbeschränkung des § 333 ASVG zugute.

Der Kläger bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revision aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung (§ 503 Z 4 ZPO) und beantragt, das Urteil im Sinne einer Wiederherstellung des Urteiles erster Instanz abzuändern.

Der Beklagte bekämpft die Revision und beantragt ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsrüge ist nicht begründet.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in wiederholten Entscheidungen (2 Ob 152/58, 2 Ob 222/58, 2 Ob 377/59) ausgesprochen, dass das organisierte Ineinandergreifen von sonst selbständigen Betrieben zur Erbringung eines einheitlichen Erzeugnisses oder einer einheitlichen Leistung die Unternehmung ergebe, für die der Unternehmerbegriff der RVO bzw des ASVG und die diesem gewährte Haftungsbefreiung gelte. Hiefür ist nicht maßgebend, ob der beklagte Unternehmer die Versicherungsbeiträge für den Verunglückten gezahlt hat und dass der Verunglückte, der hinsichtlich des Schmezensgeldes schlechter gestellt ist, die Leistungen der Sozialversicherung aus dem Arbeitsunfall ohne Rücksicht auf eigenes Verschulden geltend machen kann, sondern das genannte Zusammenarbeiten zweier Unternehmer. Im vorliegenden Fall hat der Beklagte als selbständiger Fuhrwerksunternehmer Holztransporte für die Gemeinde Lambach durchgeführt, die hiezu zwei ihrer Arbeiter mitgab. Diese hatten die Auf- und Abladearbeiten durchzuführen. Der Beklagte hatte Weisungen über die Art des Ladens, die zulässige Menge und das Mitfahren der beiden Arbeiter zu geben. Er war also in diesem Umfange für die Durchführung des Transportes als Unternehmer verantwortlich und ist als Repräsentant des anderen Unternehmens, der Marktgemeinde Lambach anzusehen. Er haftet daher in gleicher Weise wie sie für Arbeitsunfälle, nämlich nur dann, wenn er den Unfall vorsätzlich verursacht hat. Das wurde nicht behauptet. Damit geht aber auch die Berufung auf die Bestimmungen des § 333 Abs 3 ASVG ins Leere, denn der Kläger hat den Unfall nicht als Fußgänger oder Fahrgast eines öffentlichen Verkehrsmittels erlitten, sondern in Ausübung seines Dienstes auf einem Fahrzeug, das der Unternehmer (die Gemeinde Lambach über den Beklagten) hiezu zur Verfügung gestellt hat. Der Revision war daher nicht Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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