Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird, soweit damit dem Rekurse des Antragsgegners Folge gegeben wurde, dahin abgeändert, dass der sohin in seinem abweisenden Teil in Rechtskraft erwachsene erstgerichtliche Beschluss im Übrigen mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, dass er zu lauten hat:
Zur Sicherung des Anspruches der gefährdeten Partei auf Errichtung einer verbücherungsfähigen Urkunde und auf Einverleibung ihres Eigentumsrechtes ob den Liegenschaften EZ 6 und EZ 19 des Grundbuches über die KG U***** wird dem Gegner der gefährdeten Partei verboten, diese Liegenschaften zu veräußern, zu belasten oder zu verpfänden. Unter einem wird die Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes ob diesen Liegenschaften angeordnet. Diese einstweilige Verfügung wird für die Zeit bis die Antragstellerin den zu sichernden Anspruch infolge rechtskräftigen Urteiles in dem darüber von ihr einzuleitenden (und unterdessen zu GZ 1 Cg 756/60 beim KG St. Pölten fristgerecht eingeleiteten) Rechtsstreit mittels Zwangsvollstreckung geltend machen kann, längstens bis 31. 12. 1961 bewilligt.
Der gefährdeten Partei wird gemäß § 391 Abs 2 EO aufgetragen, die Einbringung der Klage bis zum 31. 10. 1960 dem BG Hainfeld nachzuweisen, widrigens die einstweilige Verfügung über Antrag oder von Amts wegen aufgehoben werden würde.
Text
Begründung
Die gefährdete Partei brachte vor, sie habe dem im Konkurs befindlich gewesenen Antragsgegner zur Erfüllung des von ihm angemeldeten Zwangsausgleiches insgesamt S 115.322,60 vorgestreckt und für ihn ferner weitere S 134.677,40 aus dem Titel der Wirtschaftsführung aufgewendet. Dafür habe der Antragsgegner, von dem auch ein Eheversprechen abgegeben worden sei, der gefährdeten Partei wiederholt versprochen, ihr seinen gesamten Betrieb, insbesondere die Liegenschaften EZ 6 und EZ 19 KG U***** gegen Bezahlung aller seiner Schulden (Hauptgläubiger Sparkasse LM mit etwa S 560.000) und auf Abschlag ihrer Forderungen zu überlassen. Es sei sohin mündlich der Verkauf dieser Liegenschaften an die Antragstellerin vereinbart, und der Kaufpreis dabei fix bestimmt worden. Der Antragsgegner verweigerte jedoch die Ausstellung einer einverleibungsfähigen Urkunde und habe erklärt, die Liegenschaften anderwärtig verkaufen zu wollen. Außerdem seien gegen ihn verschiedene Exekutionen anhängig. Es bestehe daher die Gefahr einer Vereitlung oder Erschwerung der Durchsetzung des Anspruches der Antragstellerin. Die gefährdete Partei beantragte zur Sicherung des behaupteten Anspruches, ihr mittels einstweiliger Verfügung die Verwaltung der Liegenschaften EZ 6 und EZ 19 KG UM einzuräumen, ferner dem Antragsgegner zu verbieten, diese Liegenschaften zu veräußern, zu belasten oder zu verpfänden. Das Erstgericht bewilligte im zweiten Rechtsgang das beantragte Belastungs- und Veräußerungsverbot, sprach unter einem aus, dass die einstweilige Verfügung bis zur Beendigung des Rechtsstreites zu gelten habe, mit welchem die gefährdete Partei ihren Anspruch auf Übertragung der Liegenschaften EZ 6 und EZ 9 KG U*****geltend mache und setzte der gefährdeten Partei gemäß § 391 Abs 2 EO bis zum 31. 10. 1960 eine Rechtfertigungfrist zur Einbringung der Klage. Das auf Bewilligung der Verwaltung der Liegenschaften gerichtete Begehren wurde abgewiesen.
Über Rekurs beider Parteien bestätigte das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluss in seinem abweisenden Teil, in welchem Umfang Rechtskraft eingetreten ist. Im Übrigen änderte es den Beschluss dahin ab, dass es auch die beantragte Erlassung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes abwies.
Die Untergerichte erachteten auf Grund des durchgeführten Bescheinigungsverfahrens den Anspruch der gefährdeten Partei für bescheinigt. Doch befand das Rekursgericht entgegen der Auffassung des Erstgerichtes die Gefährdung des Anspruches nicht glaubhaft gemacht. Der Antragsgegner habe nämlich in seiner Einvernahme vor dem Erstgericht ausdrücklich erklärt, dass er nicht die Absicht habe, die Wirtschaft zu verkaufen. Auch lägen keine konkreten Angaben der gefährdeten Partei darüber vor, aus welchem Grund ihr Gefahr drohe, so etwa weil Exekutionen bevorstünden. Die Behauptung aber, dass gegen den Antragsgegner derzeit Exekutionsverfahren anhängig seien, sei durch die Ergebnisse des Bescheinigungsverfahrens widerlegt. Im Übrigen habe der Erstrichter gegen § 405 ZPO verstoßen, weil er eine Rechtfertigungsfrist bis zum 31. 10. 1960 gewährte, obwohl im Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung nur eine Frist bis 15. 9. 1960 begehrt worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen erhobene, auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses abzielende Revisionsrekurs der gefährdeten Partei ist begründet.
Für die Bewilligung der einstweiligen Verfügung nach § 381 EO genügt objektive Gefährdung ohne besonderes Verhalten des Gegners (7 Ob 312/57, nicht veröffentlicht). Die bloße Möglichkeit abträglicher Verfügungen reicht nach den Umständen des Falles aus, um die Besorgnis einer erheblichen Erschwerung der Rechtsverwirklichung objektiv zu rechtfertigen (6 Ob 248/58, nicht veröffentlicht). Es genügt, wenn eine Verteilung oder erhebliche Erschwerung der Rechtsverfolgung nur droht (GlUNF 7187, 6 Ob 263/60, nicht veröffentlicht). Im vorliegenden Fall ist nach den Ergebnissen des Bescheinigungsverfahrens der Grundbesitz des Antragsgegners mit mehr als S 500.000 belastet. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um eine Darlehensforderung der Sparkasse L*****. Der Antragsgegner hat zwar bei seiner Vernehmung vor dem Erstgericht am 26. 9. 1960 (S 28) angegeben, dass derzeit nicht die Absicht bestehe, die Wirtschaft zu verkaufen. Doch räumte er unter einem ein, er habe gehört, dass die Sparkasse L***** beabsichtige, ihn wegen der ausstehenden Forderung von ca S 600.000 einzuklagen. Wenn die Sparkasse wirklich klagen sollte, so werde er möglicherweise verkaufen müssen. Die Sparkasse habe zugesichert, dass er mit der Abdeckung des Kredites etwa 10 Jahre Zeit habe. Diese Zusicherung habe er auf Grund von Verhandlungen der Antragstellerin mit der Sparkasse erhalten. Angeblich sei auch jetzt wieder die Antragstellerin dahinter, dass ihm das Darlehen aufgekündigt oder es sogar eingeklagt werde. Zieht man in Betracht, dass somit nach den eigenen Angaben des Antragsgegners eine Einklagung der Darlehensschuld von ungefähr S 600.000 seitens der Gläubigerin möglicherweise bevorsteht und dass dies den Anlass zu einer - vom Antragsgegner schon jetzt als allenfalls notwendige Maßnahme erwogenen - Veräußerung der Liegenschaften abgeben könnte, so ist damit nach den Umständen des konkreten Falles eine objektive Gefährdungslage geschaffen, die die Erlassung des beantragten Belastungs- und Veräußerungsverbotes (§§ 381, 382 EO) rechtfertigt (ähnlich auch 7 Ob 312/57, nicht veröffentlicht). Es bedarf daher auch im Provisorialverfahren keiner näheren Klärung der Frage, ob etwa der Antragsgegner im August 1960 der Antragstellerin gegenüber auch erklärte, er werde die Liegenschaften verkaufen, "denn wenn er nichts davon habe brauche auch sie nichts davon haben", wie dies schon im Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung behauptet und unter Beweis gestellt, jedoch nicht zum Gegenstand des Bescheinigungsverfahrens genommen wurde.
Was noch die Gewährung der Rechtfertigungsfrist betrifft - die im Übrigen von der gefährdeten Partei eingehalten wurde -, so kann der Auffassung des Rekursgerichtes von einem Verstoß des Erstgerichtes gegen § 405 ZPO nicht gefolgt werden. Die Rechtfertigungsfrist des § 391 Abs 2 EO ist eine richterliche Frist, die nach ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung "angemessen" zu sein hat. Wenn im Zeitpunkt der Bewilligung der einstweiligen Verfügung der von der Antragstellerin ins Auge gefasste Zeitraum für die Einbringung der Klage überhaupt schon abgelaufen war, wie hier, so konnte nach Sinn und Zweck der Bestimmung des § 391 Abs 2 der Richter jedenfalls eine ihm angemessen erscheinende Frist gewähren, ohne dabei die Bestimmung des § 405 ZPO zu verletzen.
Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und die vom Erstgericht bewilligte einstweilige Verfügung mit der aus dem Spruche ersichtlichen Maßgabe wiederherzustellen, die sich, abgesehen von den vorgenommenen Verdeutlichungen, auf § 391 Abs 1 EO stützt. Ein Zuspruch von Rekurskosten wurde nicht begehrt und könnte mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 393 Abs 1 EO auch nicht stattfinden.
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