OGH 7Ob278/57

OGH7Ob278/5719.6.1957

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Rat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kisser als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Sabaditsch, Dr. Turba und Dr. Lachout sowie den Rat des Oberlandesgerichtes Dr. Lassmann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei "W*****", *****, Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Richard Ehrenhaft, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei N.V. H*****, vertreten durch Dr. Kurt Schneider, Rechtsanwalt in Wien, wegen hfl 1.100 (S 7.700) sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 9. April 1957, GZ 5 R 110/57-25, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien vom 15. Jänner 1957, GZ 2 C 2120/56-20, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben und die angefochtene Entscheidung dahin abgeändert, dass das erstinstanzliche Urteil wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 488,27 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit S 588,56 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei begehrt die Unwirksamerklärung eines Schiedsspruches gemäß § 595 Z 1 ZPO, weil der Schlussbrief vom 30. Juli 1954, in dem die Vereinbarung auf ein Schiedsgericht als Nebenabrede enthalten ist, nicht von einem vertretungsbefugten Geschäftsführer, sondern von Dr. Robert K***** unterfertigt wurde, der in diesem Zeitpunkte nicht Geschäftsführer der klagenden Partei war.

Das Prozessgericht erster Instanz nahm den geltend gemachten Unwirksamkeitsgrund als vorhanden an und erkannte nach dem Klagebegehren.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Die klagende Partei habe zu einer Zeit, da der bestellte Geschäftsführer für sie nicht mehr tätig war, der neue Geschäftsführer aber seine Tätigkeit noch nicht aufgenommen hatte, zugelassen, dass Dr. Robert K*****, der Sohn einer Gesellschafterin, die, wenn auch wenige Geschäfte der Gesellschaft führte und ihm zu diesem Zwecke die Geschäftsstampiglie zur Verfügung gestellt. Dr. K***** habe die von der beklagten Partei gefertigte Gleichschrift des Schlussbriefes vom 30. Juli 1954 angenommen und in der Folge auch ein Drittel der vereinbarten Holzmenge an die beklagte Partei geliefert. Die Unterschrift aus dem Schlussbrief enthalte keinen auf ein Bevollmächtigungsverhältnis hinweisenden Zusatz, doch konnte die beklagte Partei als Empfängerin davon ausgehen, dass die Unterschrift von einem vertretungsbefugten Geschäftsführer herrühre. Dieser bedürfe keiner eigenen Vollmacht, sohin auch keiner schriftlichen Vollmacht bei Unterfertigung eines Schiedsvertrages. Durch den Austausch der von beiden Parteien unterfertigten Schlussbriefgleichschriften sei der Schiedsvertrag gültig zustandegekommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der klagenden Partei aus den Gründen des § 503 Z 3 und 4 ZPO mit dem Antrag, das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen. Die beklagte Partei stellt den Antrag, das angefochtene Urteil zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist begründet.

Voraussetzung für die Wirksamkeit des Schiedsspruches ist die Gültigkeit des Schiedsvertrages. Dieser bedarf, wie aus § 577 Abs 3 ZPO hervorgeht, der Schriftform. Übereinstimmende, schriftlich zustandegekommene Willenserklärungen der Parteien sind unabdingbare Voraussetzung für die Gültigkeit des Schiedsvertrages. An dieser Voraussetzung gebricht es im gegebenen Fall. Auf dem Schlussbrief vom 30. Juli 1954, laut welchem für den Streitfall ein Schiedsgericht vorgesehen ist, fehlt die Unterschrift eines zur Vertretung der klagenden Partei befugten Organes. Dem Gültigkeitserfordernis der Schriftlichkeit ist daher nicht entsprochen. Dieser Mangel wird auch durch eine teilweise Ausführung des Geschäftes im Sinne des Schlussbriefes nicht behoben. Wenn das Gesetz Schriftform verlangt, müssen alle anderen Beweise für das Zustandekommen einer Willensübereinstimmung unbeachtlich bleiben (vgl JBl 1924, Nr 92). Daher vermögen auch nachträgliche formlose Willenserklärungen und konkludente Handlungen die schriftliche Vertragsform nicht zu ersetzen. Der Umstand, dass sich die klagende Partei auf die Verhandlung vor dem Schiedsgericht eingelassen hat, ist bedeutungslos, da, anders als im deutschen Recht (vgl § 1027 Abs 1 dZPO) ein Schiedsvertrag durch sachliche Verhandlung beider Parteien vor dem Schiedsgericht rechtswirksam nicht zustandekommen kann. Diese Erwägungen führen zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Die Aussprüche über die Kosten gründen sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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