OGH 1Ob156/57

OGH1Ob156/5720.3.1957

Der Oberste Gerichtshof als Revisionsgericht hat durch den Rat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hohenecker als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmeisser, Dr. Gitschthaler, Dr. Stanzl und Dr. Zierer als Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Anton J*****, 2.) Therese J*****, beide vertreten durch Dr. Ernst Frohner, Rechtsanwalt in Oberpullendorf, wider die beklagte Partei Johann P*****, vertreten durch Dr. Ernst Stühlinger, Rechtsanwalt in Oberpullendorf, wegen Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 24. Jänner 1957, GZ 45 R 84/57‑8, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Oberpullendorf vom 17. Dezember 1956, GZ C 307/56 ‑4, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1957:0010OB00156.570.0320.000

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Kläger sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Beklagten die mit 516,25 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Entscheidungsgründe:

Die beiden Kläger wurden zu C 86/54 des Bezirksgerichts Oberpullendorf mit dem Urteil vom 5. 4. 1955 unter anderen schuldig erkannt, 1.) die aus einem direkten Wasserlauf bestehende unmittelbare Zuleitung des Traufen‑ und Abwassers von ihrem Grundstück Nr 23 auf das Grundstück Nr 24, sämtliche KG ***** des Beklagten, in der Nähe der auf dem Grundstück Nr 24 befindlichen Scheune der klagenden Partei auf ihrem Grunde zuzuschütten und zu beseitigen und 2.) in Hinkunft jede direkte Zuleitung von Traufen und Abwässern auf das Grundstück Nr 24 KG ***** zu unterlassen.

Hinsichtlich der Verpflichtung zur Zuschüttung und Beseitigung wurde die Exekution zu E 1196/55 des Bezirksgerichts Oberpullendorf gegen die beiden Kläger gemäß § 353 EO bewilligt.

Zu E 1745/56 des nämlichen Gerichts behauptet der Beklagte, dass die beiden Kläger der Verpflichtung aus dem obgenannten Urteil „in Hinkunft jede direkte Zuleitung von Traufen und Abwässern auf das Grundstück Nr 24 der KG ***** zu unterlassen, nicht nachgekommen seien“.

Gemäß § 355 wurde die Exekution bewilligt, indem eine Haft in der Dauer von fünf Tagen angedroht und den beiden Klägern aufgetragen wurde, für den durch ein neues Zuwiderhandeln entstehenden Schaden eine Sicherheit von 300 S zu erlegen.

Gegen diese Exekutionsbewilligung richten sich die Einwendungen der Kläger, in welchen ausgeführt wird, dass gegen die Unterlassung jeder direkten Zuleitung von Traufen und Abwässern auf das Grundstück Nr 24 nicht verstoßen worden sei.

Das Erstgericht hat dem Klagebegehren, wonach die mit dem Beschluss vom 13. 9. 1956 zu E 1745/56‑2, bewilligte Exekution unzulässig ist, stattgegeben und folgenden Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Das Grundstück der Kläger Nr 23 neigt sich leicht gegen das Grundstück des Beklagten Nr 24. Auf dem Hofgrundstück der Kläger befindet sich eine offenbar künstlich angelegte Abflussrinne parallel zur Grundgrenze in einer Entfernung von 1 1/2 ‑ 2 m von dieser. Diese Abflussrinne führt direkt auf die vordere Scheunenmauer der Scheune der Kläger zu und ist bis auf eine Entfernung von 8 ‑ 10 m von dieser Scheunenmauer betoniert. Etwa 3/4 m von dieser Scheunenmauer nehmen die Abwässer Richtung auf den Grund des Beklagten und fließen von dort in einer Rinne, die nicht in gerader Linie verläuft und von der es heute nicht ersichtlich ist, ob sie künstlich angelegt wurde oder nicht, zum Eck der Scheune auf dem Grunde der Kläger und von dort in einer Entfernung von etwa 40 cm von der seitlichen Scheunenmauer parallel zu dieser. Beim Scheuneneck ist die beschriebene Rinne durch eine Lehmaufschüttung in einer Höhe von etwa 30 cm und einer Breite von etwa 50 cm am Grund, die sich nach oben verjüngt, abgesperrt worden. Diese Aufschüttung ist in der Mitte in einer Breite von oben ca 20 cm, am Grund ca 10 cm durchbrochen und fließen die Abwässer deutlich sichtbar durch diese Durchbrechung.

Seit dem Verfahren zu C 86/54 des Bezirksgerichts Oberpullendorf hat sich an dem bestehenden Wasserablauf nichts geändert. Die in diesem Urteil im Punkt 1 erwähnte, aus einem direkten Wasserlauf bestehende unmittelbare Zuleitung ist ident mit den oben beschriebenen Abflussgraben.

Da die Kläger den ersten Teil des Urteilsspruchs zu C 86/54 nicht Folge leisteten, wurde dem Beklagten zur Durchsetzung seines Anspruchs auf Zuschüttung und Beseitigung des oben genannten Wasserablaufs die Exekution gemäß § 353 bewilligt. Im Zuge dieser Exekutionsführung hat der Beklagte selbst die heute sichtbare Absperrung dieses Wassergrabens errichtet.

Im Exekutionsantrag zu E 1745/56 des Bezirksgerichts Oberpullendorf hat nun der Beklagte behauptet, dass die Kläger nicht nur die direkte Zuleitung von Traufen‑ und Abwässern unterlassen, sondern auch von ihrem Klosett und von ihrem Misthaufen Abwässer unmittelbar auf dem Grund des Beklagten abgeleitet haben. Aufgrund dieser Behauptung wurde dem Beklagten die Exekution gemäß § 355 bewilligt.

Diese Exekution ist aber unzulässig.

Den Klägern seien durch das Urteil zu C 86/54 des Bezirksgerichts Oberpullendorf zwei Verpflichtungen auferlegt worden, nämlich 1.) die Zuschüttung der bestehenden unmittelbaren Zuleitung und 2.) die Unterlassung jeder direkten Zuleitung in Hinkunft. Die erstere Verpflichtung ist im Exekutionsweg gemäß § 353 und im zweiten Fall nach § 355 EO durchsetzbar.

Nach den Feststellungen haben aber die Kläger seit der Urteilsfällung zu C 86/54 an dem bestehenden direkten Wasserlauf nichts geändert. Die Absperrung dieses Wasserlaufs durch eine Lehmaufschüttung sei durch den Beklagten anläßlich der bewilligten Exekution zu E 1196/55 erfolgt. Wenn der Beklagte diesen Graben so ungeschickt zugeschüttet habe, dass das Wasser weiter auf seinen Grund herüber rinnen könne, so dürfe dies nicht den Klägern zur Last gelegt werden. Im Übrigen stehe es dem Beklagten aufgrund der erteilten Ermächtigung gemäß § 353 EO frei, einen direkten Zuleitungsgraben zuzuschütten. Er sei aber nicht berechtigt, eine Exekution nach § 355 EO zu führen.

Dass die Kläger an irgend einer anderen Stelle ihres Grundstücks ihre Abwässer direkt durch Anbringung einer Vorrichtung zur direkten Wasserableitung nach dem Urteil zu C 86/54 des Bezirksgerichts Oberpullendorf abgeleitet hätten, habe das Beweisverfahren nicht ergeben. Es sei daher noch die Behauptung des Beklagten zu untersuchen gewesen, ob nicht die Kläger, die von dem Beklagten errichtete Abdichtung des direkten Wasserlaufs durchstoßen hätten. Dies habe aber das Beweisverfahren auch nicht ergeben. Aber selbst wenn die Behauptung des Beklagten richtig wäre, könnte der Beklagte aufgrund der einmal bewilligten Exekution gemäß § 353 EO den Graben zuschütten und könnte daher nicht noch eine Exekution nach § 355 EO begehren.

Da die Kläger der Verpflichtung, jede direkte Zuleitung auf das Grundstück des Beklagten zu unterlassen, nicht zuwidergehandelt haben, und der Beklagte selbst den direkten Wasserlauf im Zuge der Exekution zu E 1196/55 unsachgemäß verstopfte, sei kein Anlass vorliegend, eine weitere Exekution nach § 355 EO zu bewilligen.

Der aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobenen Berufung gab das Berufungsgericht Folge und änderte das erstinstanzliche Urteil dahin ab, dass das Klagebegehren abgewiesen wurde. Wenn auch nach den Feststellungen die Kläger seit der Urteilsfällung zu C 86/56 des Bezirksgerichts Oberpullendorf an dem Wasserlauf nichts geändert haben, so bleibe doch die vom Erstgericht festgestellte Tatsache bestehen, dass durch die gegenständliche Abflussrinne auch weiterhin Abwässer vom Grundstück der Kläger auf das Grundstück des Beklagten fließen. Die Kläger hätten daher die im Urteil zu C 86/54 auferlegte Verpflichtung, jede Zuleitung zu unterlassen, nicht erfüllt. Die Tatsache, dass der Beklagte die Ersatzvornahme nicht sachgemäß durchgeführt habe und dadurch den Klägern die weitere Zuleitung ermöglichte, mache die weitere Exekutionsführung nicht unzulässig. Diese Tatsache hätte allenfalls im Sinne des § 74 EO dazu führen können, die Kosten der Exekutionsführung als zur Rechtsverwirklichung nicht notwendig, anzusehen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die auf § 503 Z 4 ZPO gestützte Revision der beiden Kläger.

Der Beklagte hat beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Nach dem Exekutionstitel zu C 86/54 des Bezirksgerichts Oberpullendorf wurden die Kläger schuldig erkannt a) die aus einem direkten Wasserlauf bestehende Zuleitung des Traufen‑ und Abwassers von ihrem Grundstück Nr 23 auf das Grundstück Nr 24 des Beklagten auf ihrem Grunde zuzuschütten und zu beseitigen, b) in Hinkunft jede direkte Zuleitung von Traufen‑ und Abwässern auf das Grundstück Nr 24 GB ***** zu unterlassen.

Im ersten Teil des Exekutionstitels wird den Klägern eine positive Handlung, nämlich die Zuschüttung und Beseitigung einer aus einem direkten Wasserlauf bestehenden Zuleitung aufgetragen.

Der zweite Teil des Exekutionstitels enthält keine positive Handlung, sondern nur die Verpflichtung, eine bestimmte Handlung, nämlich in Hinkunft jede direkte Zuleitung zu unterlassen.

Während der Beklagte in seinem Exekutionsantrag behauptet, dass die Kläger diese bestimmte Handlung nicht unterlassen haben, sondern im Gegenteil die Abwässer wieder auf das Grundstück 24 geleitet hätten, bestreiten dies die Kläger in ihrer Klage.

Wird ein Zuwiderhandeln gegen eine Verpflichtung zur Duldung oder Unterlassung von den Verpflichteten bestritten, dann ist dieses Begehren in Form einer Klage nach § 36 Z 1 EO geltend zu machen ( Neumann‑Lichtblau 2. Band S 1109; EvBl 1954 Nr 195).

Wird von den Feststellungen der Untergerichte ausgegangen, dann steht fest, dass sich seit Fälligkeit des Urteils zu C 86/54 des Bezirksgerichts Oberpullendorf an der damals bestehenden unmittelbaren Zuleitung nichts geändert hat, die damals bestehende Zuleitung nach wie vor besteht und die Kläger nicht die Abwässer an irgend einer anderen Stelle durch Anbringung einer Vorrichtung abgeleitet haben, ferner auch nicht die durch den Beklagten im Sinne des § 353 EO zu E 1196/55 des Bezirksgerichts Oberpullendorf vorgenommene Ersatzlehmaufschüttung nicht von den Klägern durchstoßen worden ist.

Die Bestimmung des § 355 EO hat zur Voraussetzung, dass die Verpflichteten aufgrund des Exekutionstitels zur Duldung oder Unterlassung einer bestimmten Handlung ‑ aber nicht zur Vornahme einer positiven Handlung ‑ verpflichtet sind, sodass eine Exekution nur dann zulässig ist, wenn ein Zuwiderhandeln gegen diese Unterlassung vorliegt. Aus den Feststellungen der Untergerichte ergibt sich aber, dass ein Zuwiderhandeln der Kläger gegen die Verpflichtung zur Unterlassung insofern gegeben ist, als seit Fällung des Urteils zu C 86/54 des Bezirksgerichts Oberpullendorf nach wie vor, wenn auch über den schon im Zeitpunkt der Urteilsfällung bestehenden Wasserlaufs weiter Abwässer auf das Grundstück des Beklagten rinnen.

Wenn das Erstgericht vermeint, dass die Exekution unzulässig ist, weil sich seit Urteilsfällung zu C 86/54 des Bezirksgerichts Oberpullendorf an dem damals bestehenden Wasserlauf nichts geändert hat und die Kläger im Übrigen keineswegs an irgend einer anderen Stelle Abwässer auf den Grund des Beklagten leiteten, insbesondere auch nicht die durch den Beklagten aufgerichtete Lehmaufschüttung durchstoßen hätte, so muss erwidert werden, dass nach dem zweiten Teil des Punktes 1 des Exekutionstitels die Kläger ganz allgemein jede Zuleitung, daher auch die im Zeitpunkt des Urteils zu C 86/54 des Bezirksgerichts Oberpullendorf bestehende Zuleitung zu unterlassen haben und gegen diese Unterlassung insofern verstoßen haben, dass weiter Wasser durch diesen Wasserablauf sich auf das Grundstück des Beklagten ergießt.

Mit Recht hat daher das Berufungsgericht die Impugnationsklage abgewiesen, da die bewilligte Exekution nicht unzulässig ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO und § 78 EO.

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