OGH 3Ob120/55 (3Ob121/55)

OGH3Ob120/55 (3Ob121/55)9.3.1955

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Zweiten Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wahle als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Deutsch, Dr. Bistritschan, Dr. Kisser und Dr. Dinnebier als Richter in der Exekutionssache betreibenden Partei 1.) Leopoldine G*****, 2.) Dr.Hannelore G*****, die erstbetreibende Partei vertreten durch die zweitbetreibende Partei, diese vertreten durch Dr. Erich Lihl, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Magda Sch*****, wegen zwangsweiser Räumung, infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen die Beschlüsse des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 12.Jänner 1955, GZ 43 R 1185 und 1186/54, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Döbling vom 16.September 1954, GZ 5 C 69/54-61, und vom 19.November 1954, GZ 5 C 69/54-81, aufgehoben wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1.) Dem Revisionsrekurs der Verpflichteten gegen den Beschluß des Rekursgerichtes vom 12.11.1955 ON 85, wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.

2.) Dem Revisionsrekurs der Verpflichteten gegen den Beschluß des Rekursgerichtes vom 12.1.1955 ON 84, wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Auf Grund des vollstreckbaren Urteiles des Bezirksgerichtes Döbling vom 13.12.1952, 5 C 298/52-17, wurde der betreibenden Partei wider die verpflichtete Partei die Exekution durch zwangsweise Räumung der Wohnung Nr 12 im Hause Wien 19, ***** bewilligt und am 1.9.1954 vollzogen, wobei in dem gemäß § 569 Abs 2 Geo vom Vollstreckungsorgan an das Exekutionsgericht erstatteten Bericht festgestellt wurde, daß die Fahrnisse aus dem Mietobjekt entfernt und der Verpflichteten selbst in Verwahrung übergeben wurden. Die Verpflichtete beantragte am 4.9.1954 beim Erstgericht ua die Feststellung, daß die Exekution am 1.9.1954 nicht durchgeführt worden sei, ferner die Festsetzung des neuerlichen Exekutionstermins, da der Vertreter der betreibenden Partei Dr.V***** den Vollzug der Exekution dadurch verhindert habe, daß er den Abtransport verschiedener, der Verpflichteten gehöriger Fahrnisse verhindert und dadurch die Amtshandlung des Vollstreckungsorganes vereitelt habe. Nach Vornahme von Erhebungen und Vernehmung von Auskunftspersonen faßte das Erstgericht am 10.9.1954 den Beschluß, den Vollzug der zwangsweisen Räumung fortzusetzen und einen neuerlichen Vollzugstermin zur Beendigung der Räumungsexekution anzuordnen, und berichtigte mit Beschluß vom 19.11.1954 das Protokoll (richtig den Bericht) des Vollstreckungsorganes über die Vornahme von Exekutionshandlungen dahin, daß die Fahrnisse zum Teil aus dem Mietobjekt entfernt und der verpflichteten Partei übergeben wurden, daß zufolge Einschreitens des Vertreters der betreibenden Partei ein Teil der Fahrnisse der Verpflichteten in dem zu räumenden Bestandobjekt verblieben und daß der Schlüssel zum teilweise geräumten Mietobjekt der betreibenden Partei gegen Bestätigung übergeben wurde.

Das Rekursgericht hob beide Beschlüsse mit Entscheidungen vom 12.1.1955, 43 R 1185 und 1186/54 auf. Es vertrat die Ansicht, daß eine amtswegige Berichtigung von Protokollen in den §§ 419 und 430 ZPO, auf die sich das Erstgericht bezogen habe, nicht vorgesehen sei und daß zu einer solchen auch kein Grund vorliege, da die Exekution bereits am 20.10.1954 rechtskräftig eingestellt wurde. Der Umstand, daß nicht alle in der Gewahrsame der Verpflichteten angeblich befindlich gewesenen Fahrnisse beim Vollzug der Räumung entfernt worden seien, berechtige das Gericht nicht, einen neuen Vollzugstermin anzuordnen und die Exekution fortzusetzen, da die Räumungsexekution bereits am 1.9.1954 durch die Entfernung der Verpflichteten und die Übergabe des zu räumenden Bestandobjektes an die betreibende Partei vollzogen und beendet worden sei. Gegen beide Beschlüsse des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Verpflichteten, dem nur zum Teil Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Soweit er sich gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes über die Berichtigung des Vollzugsberichtes des Vollstreckungsorganes wendet, ist er begründet. Beide Vorinstanzen haben übersehen, daß es sich hiebei nicht um ein Protokoll, das außerhalb einer mündlichen Verhandlung aufgenommen wurde, im Sinne des § 216 ZPO, sondern um einen an das Exekutionsgericht gerichteten Bericht des Vollstreckungsorganes über den Vollzug der Räumungsexekution im Sinne des § 569 Abs 2 Geo bzw 152 Abs 2 des Dienstbuches für Vollstrecker handelt. Entspricht ein solcher Bericht nicht den Tatsachen, so besteht kein Hindernis, diesen Bericht von amtswegen nachträglich dem wahren Ablauf der Ereignisse entsprechend richtig zu stellen, wobei es keinen Unterschied macht, ob die Exekution noch anhängig oder in der Zwischenzeit bereits eingestellt worden ist. Eine solche Berichtigung bedarf auch nicht der Voraussetzungen der §§ 419, 430 ZPO, zumal der erwähnte Bericht weder in der ZPO noch in der EO, sondern lediglich in der Geo vorgesehen ist. Da die Berichtigung nach dem Ergebnisse der vom Exekutionsgericht vorgenommenen Erhebungen dem Ablauf der Ereignisse beim Exekutionsvollzug entsprach, ist sie mit Recht vom Erstgericht vorgenommen worden, wobei es dahingestellt bleiben kann, ob gegen eine solche Berichtigung ein Rechtsmittel überhaupt zulässig ist. Es war daher der bezügliche Beschluß des Erstgerichtes wieder herzustellen.

Was aber die Entscheidung des Rekursgerichtes hinsichtlich der Fortsetzung des Vollzuges und der Anberaumung eines neuen Vollzugstermines anlangt, so entspricht diese Entscheidung dem Gesetze. Die Räumungsexekution ist dann beendet, wenn das zu räumende Bestandobjekt nach Entfernung des Verpflichteten und der diesem gehörigen oder von ihm eingebrachten Fahrnisse dem betreibenden Gläubiger übergeben wurde; daß nicht alle Fahrnisse des Verpflichteten aus dem Bestandobjekt entfernt wurden, steht der Beendigung des Exekutionsvollzuges nicht entgegen. Es steht vielmehr in einem solchen Falle dem Verpflichteten frei, entweder gegen die Art der Durchführung des Vollzuges eine Beschwerde gemäß § 68 EO zu erheben, was die Verpflichtete im vorliegenden Fall, allerdings ohne Erfolg und ohne ein weiteres Rechtsmittel zu ergreifen, getan hat, oder im Rechtswege die Herausgabe der ihr gehörigen Gegenstände von der betreibenden Partei zu begehren. Der verpflichteten Partei steht aber in einem solchen Falle ein Recht, die Fortsetzung des Vollzuges und die neuerliche Anberaumung eines Vollzugstermines zu begehren, nicht zu und es besteht auch kein gesetzlicher Anhaltspunkt für die amtswegige Fortsetzung der bereits beendeten (vollzogenen) Exekution. Dem Revisionsrekurs der Verpflichteten gegen den Beschluß des Rekursgerichtes ONr 84 war deshalb der Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses entfiel mangels Verzeichnung.

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