OGH 1Ob505/49

OGH1Ob505/4926.10.1949

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Ersten Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Strobele als Vorsitzenden, durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Wahle und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr.Moyzisch, Dr.Fellner und Dr.Hohenecker als weitere Richter in der Abhandlungssache Katharina H***** infolge Revisionsrekurses des Franz H*****, und des Johann K*****, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 27.August 1949, GZ 43 R 1328/49/32, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 13.Juni 1949, GZ 7 A 1011/47/28, teilweise abgeändert, bzw. aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurse wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die am 15. Dezember 1941 verstorbene Erblasserin soll vor ihrem Tode am 20. Oktober 1947 mündlich eine letztwillige Verfügung getroffen haben, dahingehend, daß ihr voller Besitz an Haus und Garten nach ihrem Tode auf drei gleiche Teile, wie folgt, verteilt werde; je ein Teil an ihre Söhne Franz H***** und Hans K***** und an ihren Lebensgefährten Alexander D*****. Die Bestimmung über die Teilung soll erst nach dem Tode D***** in Kraft treten. Bis zu seinem Tode soll er Haus und Garten gemeinsam mit ihrem Enkel Hans voll benützen können.

Das Abhandlungsgericht hat diese letztwillige Anordnung der Abhandlung als Kodizill zugrundegelegt (P.1), die von Alexander D***** aus dem Titel des vormündlichen Testamentes vom 20. Oktober 1947, zu 1/3 des Nachlasses abgegebene bedingte Erbserklärung zurückgewiesen (P.3) und dem Gerichtskommissär aufgetragen, die Abhandlung aus dem Titel der gesetzlichen Erbfolge unter Beachtung des P.1 durchzuführen (P.4).

Das Rekursgericht hat infolge Rekurses der erblasserischen Söhne P.1 aufgehoben, weil die vorliegende letztwillige Anordnung jedenfalls nicht als Kodizill der Abhandlung zugrundezulegen sei, da ein Kodizill nicht Grundlage einer gerichtlichen Abhandlungspflege sein könne. Andererseits gab das Rekursgericht aber auch dem Rekurse des erblasserischen Lebensgefährten Alexander D***** Folge und änderte den Beschluß im Punkt 3 dahin ab, daß die von ihm abgegebene Erbserklärung zu Gericht angenommen wird. Folgerichtig wurde auch Punkt 4 vom Rekursgericht aufgehoben.

Die beiden Revisionsrekurswerber fochten nur den rekursgerichtlichen Beschluß insoweit an, als der erstrichterliche Beschluß im P.3 abgeändert und in P.4 aufgehoben wurde. Sie bestreiten in erster Reihe, daß ein "Testament" vorliege, die letztwillige Anordnung könne, wenn sie überhaupt gültig sei, bestenfalls als Kodizill angesehen werden, was die Annahme einer Erbserklärung auf dieser Grundlage ausschließe.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Ausführungen kann sich der Oberste Gerichtshof nicht anschließen. Nach der ständigen Praxis des Obersten Gerichtshofes ist auch die Erbserklärung auf Grund einer letztwilligen Anordnung, in der nur über einzelne Nachlaßgegenstände verfügt wurde, zu Gericht anzunehmen, es sei denn, daß von vorneherein überhaupt ein Zweifel darüber nicht obwalten kann, daß die letztwillige Anordnung nicht dahin verstanden werden könne, daß damit über den gesamten Nachlaß des Erblassers verfügt werden sollte (Entscheidung vom 25.6.1936, RZ 1936, 221 und vom 30.6.1937, RZ 1937, 383). Das gilt insbesonders dann, wenn, wie diesmal über den wertvollsten Teil des Nachlasses verfügt wurde, ohne daß von übrigen Vermögen auch nur die Rede war (Entscheidung vom 30.6.1937). Hier muß die Frage, wie der Erblasser seine letztwillige Anordnung verstanden wissen wollte, dem Prozeßwege überlassen bleiben.

Der Revisionsrekurs macht ferner geltend, daß die vorliegende letztwillige Anordnung auch den gesetzlichen Formerfordernissen eines mündlichen Testamentes nicht entspreche, weil die angebliche dritte Zeugin, Frau K*****, nur zufällig anwesend gewesen sei und von niemandem als Testamentszeugin angesehen wurde und weil die Testamentserklärung nur in der Bejahung eines vorgelegten Vorschlages bestanden habe, indem die Erblasserin ein ihr vorgelegtes Elaborat einfach unterschrieben habe. Die tatsächliche Richtigkeit dieses Vorbringens kann dahin gestellt bleiben - die Zeugen P***** und P***** gaben im Widerspruch damit an, daß die Niederschrift genau nach den Weisungen der Verstorbenen errichtet worden sei - weil die Erbserklärung auf Grund einer mündlichen Erklärung vor drei Zeugen auch dann zu Gericht anzunehmen ist, wenn Zweifel bestehen, ob darin eine allen Vorschriften entsprechende letztwillige Erklärung zu erblicken ist (E.v. 25.6.1924, ST VI 227). Die Lösung aller dieser Fragen muß dem Erbrechtsstreite überlassen bleiben. Das Rekursgericht hat demnach mit Recht die Annahme der Erbserklärung des Alexander D***** verfügt und folgerichtig P.4 des erstrichterlichen Beschlusses aufgehoben.

Der Revisionsrekurs konnte infolgedessen keinen Erfolg haben.

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