Spruch:
Art. 5 Abs. 4 EMRK - Elfmonatige Dauer bis zu Gerichtsentscheid über Verwahrung eines psychisch kranken Straftäters ohne Anhörung.
Zulässigkeit der Beschwerde (einstimmig).
Verletzung von Art. 5 Abs. 4 EMRK durch das Fehlen einer rechtzeitigen Entscheidung über die Fortsetzung der Haft(einstimmig).
Keine Verletzung von Art. 5 Abs. 4 EMRK durch das Fehlen einer mündlichen Anhörung (einstimmig).
Entschädigung nach Art. 41 EMRK: € 7.000,– für immateriellen Schaden, € 5.000,– für Kosten und Auslagen (einstimmig).
Begründung:
Sachverhalt:
Der Bf. wurde im Jahr 2002 durch das BG Zürich zu fünf Monaten Haft wegen Trunkenheit am Steuer verurteilt. Gemäß Art. 43 Abs. 1 UnterAbs. 2 StGB idF. bis 31.12.2006 ordnete das Gericht auf Basis eines Gutachtens der Psychiatrischen Dienste des Kantons Graubünden vom 10.6.2002 auch seine Verwahrung an, da er aufgrund des Scheiterns bisheriger Therapien, des Fehlens einer günstigen Entwicklung seiner psychopathologischen Charakteristika und einer starken Alkoholabhängigkeit ein erhöhtes Rückfallrisiko aufweisen und damit verbunden eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen würde. Dieses Urteil wurde später vom Obergericht des Kantons Zürich im Wesentlichen bestätigt, das sich dabei auf ein weiteres eingeholtes Gutachten vom 5.12.2003 stützte. Der Bf. wurde erst am 17.1.2012 entlassen.
Am 22.12.2005, 20.12.2006 und 1.7.2008 wurden Anträge des Bf. auf Entlassung vom Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich zurückgewiesen. Beschwerden an das Obergericht und das Kassationsgericht blieben ebenfalls ohne Erfolg. Der Bf. rügte daraufhin vor dem Bundesgericht, dass das Züricher System nach den Art. 64a ff. StGB, wonach die Freilassung zunächst durch die »zuständige Behörde« geprüft werden müsse, jede Möglichkeit, eine gerichtliche Entscheidung innerhalb »kurzer Frist« iSd. Art. 5 Abs. 4 EMRK zu erhalten, illusorisch mache und er daher direkten Zugang zu einem Gericht haben sollte. Das Bundesgericht wies die Beschwerde am 25.2.2009 ab, da es nach dem StGB kein Recht gebe, zu jeder Zeit einen Richter anzurufen, um die Rechtmäßigkeit einer Verwahrung überprüfen zu lassen, die ursprünglich durch ein Gericht angeordnet wurde. Es genüge auch die Vorschaltung einer kantonalen Verwaltungsbehörde einem ausreichenden Schutz iSd. Art. 5 Abs. 4 EMRK.
Am 21.8.2008 hörte das Amt für Justizvollzug den Bf. in Anwesenheit seines Anwalts im Rahmen der jährlichen amtswegigen Prüfung der Rechtmäßigkeit der Verwahrung an. Am gleichen Tag stellte der Bf. einen Antrag auf Freilassung und die Gewährung von Vollzugslockerungen. Das Amt für Justizvollzug verweigerte die Freilassung des Bf. am 7.10.2008 unter dem Titel der jährlichen amtswegigen Prüfung unter Berücksichtigung von dessen Anhörung, eines Therapieberichts vom 22.7.2008 und eines Berichts des psychiatrisch-psychologischen Dienstes vom 30.7.2008. Der Antrag des Bf. auf Freilassung wurde am 5.12.2008 zurückgewiesen.
Der Bf. erhob gegen beide Entscheidungen Berufung an die Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich, welche diese am 22.1.2009 bzw. am 5.3.2009 zurückwies. Daraufhin erhob der Bf. Berufung an das Verwaltungsgericht, das diese am 15.7.2009 ebenfalls zurückwies. Es verwies darauf, dass das Züricher System eine angemessene Zeitdauer für die Überprüfung eines Antrags auf Entlassung garantiere. Es verzichtete trotz entsprechendem Antrag des Bf. darauf, eine Anhörung abzuhalten, da dieser bereits am 21.8.2008 persönlich angehört worden wäre.
Das Bundesgericht stützte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts und lehnte die Beschwerde des Bf. am 25.1.2010 ab.
Rechtliche Beurteilung
Rechtsausführungen:
Der Bf. macht geltend, dass der Zeitraum zwischen seinem Antrag auf Haftentlassung vom 21.8.2008 und der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 15.7.2009 übermäßig lang gewesen sei und nicht den Anforderungen »einer kurzen Frist« aus dem Art. 5 Abs. 4 EMRK (Haftprüfung) entspreche. Er rügt unter derselben Bestimmung, dass das Verwaltungsgericht trotz eines entsprechenden Antrags die Abhaltung einer Anhörung verweigert hätte.
Zur behaupteten Verletzung von Art. 5 Abs. 4 EMRK (Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Haft innerhalb kurzer Frist)
Zur Zulässigkeit
(29) Der GH stellt fest, dass diese Rüge nicht offensichtlich unbegründet im Sinne von Art. 35 Abs. 3 lit. a EMRK und nicht aus anderen Gründen unzulässig ist. Sie ist daher für zulässig zu erklären (einstimmig).
Zur Sache
(45) Der GH stellt auf Grundlage seiner Rechtsprechung fest, dass Verfahren bezüglich Fragen der Freiheitsentziehung iSd. Art. 5 Abs. 4 EMRK besondere Sorgfalt erfordern und dass Ausnahmen vom Erfordernis der Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Freiheitsentzuges »innerhalb kurzer Frist« eng auszulegen sind. Die Frage, ob der Grundsatz der Schnelligkeit des Verfahrens eingehalten worden ist, wird nicht abstrakt, sondern im Rahmen einer Gesamtbeurteilung der Gegebenheiten festgestellt, indem die Umstände des Falles herangezogen und vor allem die Komplexität des Falles, die möglichen Besonderheiten des innerstaatlichen Verfahrens und das Verhalten des Bf. während des Verfahrens berücksichtigt werden. Grundsätzlich muss der Staat dennoch dafür sorgen, dass das Verfahren möglichst rasch durchgeführt wird, da die Freiheit des Individuums betroffen ist.
(48) Nach Auffassung des GH ist der Fall Fuchser/CH von besonderer Bedeutung für diesen Fall, da erneut die Länge eines Verfahrens über einen Antrag auf Freilassung im Kanton Zürich in Frage gestellt worden ist. Der GH erinnert daran, dass in diesem Fall eine Frist von vier Monaten und sechs Tagen zwischen der Antragstellung auf Freilassung und ihrer Gewährung durch das BG Zürich am Ende des Berufungsverfahrens gegen eine Entscheidung des Amts für Justizvollzug vom GH für übermäßig erachtet worden ist.
(49) Der GH erinnert daran, dass im vorliegenden Fall ein Zeitraum von fast elf Monaten zwischen dem Antrag auf Freilassung vom 21.8.2008 und der ersten Entscheidung des Verwaltungsgerichts am 15.7.2009 vergangen ist. Auf den ersten Blick scheint eine solche Dauer, die mehr als doppelt so lang ist wie die Frist im Fall Fuchser/CH, kaum vereinbar mit der Forderung nach einer »kurzen Frist« iSd. Art. 5 Abs. 4 EMRK. Das Bundesgericht befand indessen, dass die Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht »lang, aber nicht unvertretbar« war.
(50) Der GH stellt diesbezüglich fest, dass [...] die Anforderungen an die Schnelligkeit des Verfahrens in einem Verwaltungsverfahren, welches durch die jährliche amtswegige Prüfung der Haft des Bf. in Gang gesetzt wird, nicht gleich sind wie in einem Verfahren, das auf Grund einer Änderung der Umstände seiner Haft vom Bf. selbst eingeleitet wurde. Der GH stellt jedoch fest, dass es sich im vorliegenden Fall nicht um ein einfaches Verfahren der jährlichen amtswegigen Haftüberprüfung handelte, so wie es die Regierung behauptet, sondern auch um einen formellen Antrag des Bf. auf Freilassung, der von diesem am Tag seiner Anhörung im Rahmen der jährlichen amtswegigen Überprüfung am 21.8.2008 gestellt wurde.
(51) Angesichts dessen muss in diesem Fall untersucht werden, ob ein außergewöhnlicher Grund vorlag, der die Verzögerung der Entscheidung über den Antrag des Bf. auf Freilassung rechtfertigen konnte. Der GH stellt in diesem Zusammenhang fest, dass die wichtigsten Gründe, die von der Regierung angeführt wurden, in der Tatsache, dass der Bf. verschiedene Rechtsbehelfe eingelegt hatte, was zu parallelen Verfahren geführt hätte, und in der Verpflichtung der kantonalen Behörden liegen, nicht nur über den Antrag auf Freilassung zu entscheiden, sondern auch über Lockerungsmaßnahmen, die der Bf. beantragt hatte.
(52) Der GH stellt fest, dass der wichtigste Teil der Verzögerung durch die im Kanton Zürich geltenden Anforderungen verursacht wurde, einen hierarchischen Rechtsweg auszuschöpfen, der für sich aber nicht die gleichen Garantien gewährte, die einem »Tribunal« nach der Konvention entsprechen. Die Komplexität des innerstaatlichen Verfahrens kann aber nicht als geeigneter Grund dafür dienen, eine solche Verzögerung im Verfahren zu rechtfertigen, zumal die EMRK die Vertragsstaaten verpflichtet, ihre Justizsysteme so zu organisieren, dass sie den Anforderungen ihrer Bestimmungen gerecht werden können, insbesondere im Hinblick auf die angemessene Frist.
(53) Der GH hält fest, dass die Regierung auch nicht behauptet hat, dass der Fall des Bf. aus materieller Sicht besonders komplex gewesen wäre, insbesondere im Hinblick auf die medizinischen Aspekte.
(54) In Anbetracht dessen stellt der GH fest, dass die wesentlichste Verzögerung im vorliegenden Fall weder durch dessen Komplexität noch durch die Besonderheiten des innerstaatlichen Verfahrens oder das Verhalten des Bf. erklärbar war und erkennt keinen außergewöhnlichen Grund, der die Verzögerung der Entscheidung über den Antrag auf Freilassung rechtfertigen könnte. Unter diesen Umständen lässt der GH die Frage offen, ob es in anderen Phasen des Verfahrens ungerechtfertigte Verzögerungen gegeben hat und stellt fest, dass der Bf. dies in seiner Stellungnahme vor dem GH auch nicht verlangte.
(55) Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, welche die Rechtmäßigkeit der Haft bestätigte, ist daher nicht »innerhalb kurzer Frist« erfolgt, wie es Art. 5 Abs. 4 EMRK erfordert. Der GH stellt fest, dass sich der Bf. auch über den Einklang des im Kanton Zürich geltenden »Systems« mit der Konvention als solches beschwert. Die Rüge des Bf. geht weitgehend mit der vorherigen Rüge betreffend die »kurze Frist« einher, so dass es nicht gerechtfertigt ist, diese gesondert zu untersuchen.
(56) Angesichts des Vorgesagten liegt eine Verletzung des Art. 5 Abs. 4 EMRK vor (einstimmig).
Zur behaupteten Verletzung von Art. 5 Abs. 4 EMRK (Abhaltung einer Anhörung)
Zur Zulässigkeit
(59) Der GH stellt fest, dass diese Rüge nicht offensichtlich unbegründet iSv. Art. 35 Abs. 3 lit. a EMRK und nicht aus anderen Gründen unzulässig ist. Er erklärt sie daher für zulässig (einstimmig).
Zur Sache
(71) Ein Verfahren nach Art. 5 Abs. 4 EMRK muss zwar nicht immer von den gleichen Garantien wie nach Art. 6 EMRK für zivil- oder strafrechtliche Streitigkeiten begleitet werden, doch muss es einen gerichtlichen Charakter haben und der betreffenden Person Garantien bieten, die für die Art des Freiheitsentzuges angemessen sind, über den sie sich beschwert. Um festzustellen, ob ein Verfahren ausreichende Garantien bietet, müssen die besonderen Umstände, unter denen es stattfindet, berücksichtigt werden.
(72) Insbesondere muss die inhaftierte Person Zugang zu einem Gericht und die Möglichkeit haben, selbst oder falls nötig durch eine andere Form der Vertretung angehört zu werden. Das Verfahren muss kontradiktorisch sein und die »Waffengleichheit« zwischen den Parteien berücksichtigen. In diesem Zusammenhang erinnert der GH daran, dass die Abhaltung einer Anhörung im Rahmen eines kontradiktorischen Verfahrens, welches die Möglichkeit der Vertretung und die Befragung von Zeugen vorsieht, notwendig ist, wenn es für das Gericht darum geht, die Persönlichkeit und den Reifegrad der jeweiligen Person zu untersuchen, um die von ihr ausgehende Gefahr zu beurteilen.
(73) Der GH stellt fest, dass der Bf. ausdrücklich die Abhaltung einer Anhörung vor dem Verwaltungsgericht beantragt hatte. Die Regierung hielt fest, dass der Bf. bereits die Möglichkeit hatte, sich in der Anhörung am 21.8.2008 vor dem Amt für Justizvollzug mündlich zu äußern. Sie behauptet, dass danach keine neuen Tatsachen auftauchten, die die Abhaltung einer Anhörung vor dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich rechtfertigten.
(74) Der GH stellt fest, dass der Bf. im vorliegenden Fall über vier Jahre angehalten wurde, was eine erhebliche Dauer ist, zumal er vorher anderen Maßnahmen, einschließlich einer institutionellen therapeutischen Maßnahme unterworfen war.
(75) [...] Der GH hält eine mündliche Anhörung nicht unter allen Umständen für erforderlich, vor allem wenn daraus offensichtlich keine zusätzlichen Klärungen erwartet werden.
(76) Der GH ist auch der Auffassung, dass sich der vorliegende Fall deutlich vom Fall Ruiz Rivera/CH unterscheidet, welcher wichtige Interpretationsfragen hinsichtlich psychiatrischer Gutachten und Therapieberichte aufwarf. In diesem Fall richtete sich das Wesen der hauptsächlichen Beschwerde gegen die Bewertung der Gutachter und darauf, ein neues Gutachten zu beantragen. Nur subsidiär verlangte der Bf. die Anberaumung einer Anhörung vor dem Verwaltungsgericht, in der er mündlich seine Ansichten präsentieren und alle relevanten Fragen an den Verfasser des psychiatrischen Gutachtens von 2001 stellen hätte können. Tatsächlich hatte der Bf. die wissenschaftliche Gültigkeit der psychiatrischen Gutachten stets bestritten, auf die sich die angefochtenen Entscheidungen stützten, und argumentiert, dass er kein Vertrauensverhältnis zu dem Team hatte, das mit seiner Betreuung beauftragt war.
Im Vergleich zu diesem Fall scheint der Fall des Bf. weniger umstritten. Es trifft zu, dass die letzten Gutachten bezüglich des Bf. in den Jahren 2002 und 2003 erstellt wurden. Zur gleichen Zeit stellte das Verwaltungsgericht in seinem Urteil vom 15.7.2009 fest, dass sich die Situation des Bf. seit dem Urteil des Berufungsgerichts vom 9.3.2004 nicht wesentlich verändert hatte, was der Bf. auch nicht anders behauptet. Es ist auch nicht ersichtlich, dass er ein neues Gutachten beantragt hätte. Das letzte Urteil stützte sich im Übrigen auf die beiden genannten Gutachten und hielt insbesondere das Scheitern früherer Therapien und das Fehlen von positiven Entwicklungen beim Bf. fest.
Aufgrund der tatsächlichen und der den Beschwerden in den beiden Fällen anhaftenden Unterschiede ist der GH der Auffassung, dass er ausreichend Gründe hat, im vorliegenden Fall von den Schlussfolgerungen, die er im Fall Ruiz Rivera/CH erreicht hatte, abzuweichen.
(77) Darüber hinaus wurde in einem vom GH unter Art. 5 Abs. 1 EMRK untersuchten Fall (C. W./CH) die Frage nach der überlangen Dauer zwischen der Verurteilung des Bf. und dem Zeitpunkt, als das Kantonsgericht am 19.4.2010 veranlasst wurde, die Aufrechterhaltung der institutionellen Maßnahme zu überprüfen, in ähnlicher Weise gestellt wie im Fall Ruiz Rivera/CH. In diesem Fall hat der GH festgestellt, dass das Kantonsgericht berechtigt war, sich auf die Stellungnahme vom 16.3.2010 und die psychiatrischen Expertenberichte von 2008 und 2009 zu stützen, um die Dauer der Therapie in der geschlossenen Einrichtung zu bestimmen, die das Risiko eines Rückfalls aufgrund des gesundheitlichen Zustands des Bf. am besten verhindern konnte.
(78) Der GH erinnert auch daran, dass der Bf. von der Gefängnisverwaltung am 21.8.2008 im Rahmen der jährlichen amtswegigen Überprüfung persönlich in Anwesenheit seines Anwalts angehört wurde, also nur wenige Monate vor seinem Antrag auf Anhörung. Unter Berücksichtigung dieser Anhörung, eines Therapieberichts vom 22.7.2008 und eines Berichts des psychiatrisch-psychologischen Dienstes vom 30.7.2008 lehnte das Amt am 7.10.2008 die Freilassung des Bf. ab. Der GH teilt die Auffassung der Regierung, dass der Bf. kein nach der oben genannten Anhörung hervorgekommenes stichhaltiges Element oder einen seine Persönlichkeit betreffenden Aspekt geltend gemacht hat, das bzw. der eine erneute Anhörung erforderlich gemacht hätte.
(79) Darüber hinaus hält der GH das Argument der Regierung fest, dass das Recht des Bf. auf Anhörung im vorliegenden Fall eingehalten worden ist, da dieser Zugang zu allen Elementen des Verfahrens gehabt hätte und sich mit der Hilfe seines Vertreters in den verschiedenen Phasen des Verfahrens äußern konnte. Er konnte seine Standpunkte in der Tat ausreichend geltend machen und insbesondere Stellung zu den Argumenten der Gegenpartei nehmen. Das Prinzip der Waffengleichheit wurde daher im vorliegenden Fall eingehalten. Dementsprechend stellt der GH fest, dass der Bf. von einem Gerichtsverfahren profitiert hat, das als Ganzes betrachtet für die Art seiner Haft angemessen war. Der Bf. bestreitet diese Tatsache auch nicht.
(80) In Anbetracht der vorherigen Ausführungen ist festzustellen, dass unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles und obwohl die Anhörung am 21.8.2008 vor einer Behörde stattfand, die kein Gericht iSd. Konvention ist, das Verwaltungsgericht auf die Abhaltung einer Verhandlung zur persönlichen Anhörung des Bf. verzichten konnte.
(81) Daher folgert der GH, dass Art. 5 Abs. 4 EMRK im Hinblick auf das Unterbleiben einer mündlichen Anhörung vor dem Verwaltungsgericht nicht verletzt worden ist (einstimmig).
Entschädigung nach Art. 41 EMRK
€ 7.000,– für immateriellen Schaden; € 5.000,– für Kosten und Auslagen (einstimmig).
Vom GH zitierte Judikatur:
Musial/PL v. 25.3.1999 (GK) = NL 1999, 61 = EuGRZ 1999, 322
Hutchison Reid/GB v. 20.2.2003
Fuchser/CH v. 13.7.2006
Ruiz Rivera/CH v. 18.2.2014 = NLMR 2014, 30
C. W./CH v. 23.9.2014 = NLMR 2014, 394
Hinweis:
Das vorliegende Dokument über das Urteil des EGMR vom 10.5.2016, Bsw. 52089/09, entstammt der Zeitschrift "Newsletter Menschenrechte" (NL 2016, 213) bzw. der entsprechenden Datenbank des Österreichischen Institutes für Menschenrechte, Salzburg, und wurde von diesem dem OGH zur Aufnahme in die Entscheidungsdokumentation Justiz im RIS zur Verfügung gestellt.
Das Urteil im französischen Originalwortlaut (pdf-Format):
www.menschenrechte.ac.at/orig/16_3/Derungs.pdf
Das Original des Urteils ist auch auf der Website des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (www.echr.coe.int/hudoc ) abrufbar.
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