VwGH Ra 2022/13/0086

VwGHRa 2022/13/008622.2.2024

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma, den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer und den Hofrat Dr. Bodis als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision des Finanzamtes Österreich, Dienststelle Bruck Eisenstadt Oberwart in 7000 Eisenstadt, Neusiedlerstraße 46, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 7. Juni 2022, Zl. RV/7100254/2022, betreffend Einkommensteuer 2019 (mitbeteiligte Partei: Z in P, vertreten durch die Althuber Spornberger & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Doblhoffgasse 9/Top 14), zu Recht erkannt:

Normen

AbgÄG 2012
EStG 1988 §124b Z227
EStG 1988 §16 Abs1 Z8
EStG 1988 §16 Abs1 Z8 lita idF 2012/I/112
EStG 1988 §16 Abs1 Z8 litb idF 2012/I/112
EStG 1988 §16 Abs1 Z8 litc idF 2012/I/112
EStG 1988 §16 Abs1 Z8 litc idF 2013/I/053
EStG 1988 §30 Abs1
EStG 1988 §30 Abs4
EStG 1988 §30 Abs4 idF 2018/I/062
EStG 1988 §30 Abs6 lita idF 2018/I/062
SchenkMG 2008
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2024:RA2022130086.L00

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Der Mitbeteiligte veräußerte im Jahr 2019 eine Liegenschaft um 650.000 €. Nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts war der Mitbeteiligte seit 1992 gemeinsam mit seinem Bruder SZ je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft gewesen. Nach dem Tod des Bruders im Jahr 2007 war die Mutter des Mitbeteiligten dessen Alleinerbin. Im Wege eines Übergabevertrages im Rahmen eines Erbschaftskaufs im Jahr 2008 verkaufte die Mutter ihren Hälfteanteil an der gegenständlichen Liegenschaft zum anteiligen Abtretungspreis von 70.000 € und behielt sich gleichzeitig ein Fruchtgenussrecht vor. Die Abtretung wurde vom Bundesfinanzgericht ‑ im Einklang mit dem Finanzamt ‑ als gemischte Schenkung und damit als unentgeltlich eingestuft. Die Liegenschaft wurde ab 1. Jänner 2014 vermietet.

2 Mit Bescheid vom 1. Juni 2021 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer des Mitbeteiligten für das Jahr 2019 fest und führte begründend aus, dass die vom Notar berechnete Immobilienertragsteuer unrichtig berechnet worden sei. Das Finanzamt ging zunächst davon aus, dass ein Teil der veräußerten Liegenschaft Neuvermögen darstelle; dies wurde in der Beschwerdevorentscheidung korrigiert und das Grundstück aufgrund der gemischten Schenkung zur Gänze als Altvermögen qualifiziert. Hinsichtlich der vom Mitbeteiligten geltend gemachten fiktiven Anschaffungskosten für die Liegenschaft führte das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung aus:

„Für Gebäude, die zum 31.03.2012 nicht steuerverfangen waren, sind die fiktiven Anschaffungskosten zum Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung als Bemessungsgrundlage für die AfA heranzuziehen. Beginnt die Verwendung eines Gebäudes des Altvermögens zur Erzielung von Einkünften nach dem 31.12.2012, sind die fiktiven Anschaffungskosten nur dann als AfA‑Bemessungsgrundlage heranzuziehen, wenn die Verwendung zur Einkünfteerzielung erstmalig erfolgt. Eine erstmalige Verwendung liegt nicht vor, wenn das Gebäude bereits zuvor, wenn auch mit einer mehrjährigen Unterbrechung, zur Erzielung von betrieblichen oder außerbetrieblichen Einkünften verwendet wurde. Wie schon der Charakter des Altvermögens eine Eigenschaft des Gebäudes darstellt, bezieht sich auch der Umstand der erstmaligen Verwendung im Falle des unentgeltlichen Erwerbes auf das Gebäude und nicht auf den Steuerpflichtigen. Wurde das Gebäude im Fall eines unentgeltlichen Erwerbes bereits vom Rechtsvorgänger zeitweise zur Einkünfteerzielung verwendet, liegt auch beim Rechtsnachfolger keine erstmalige Verwendung vor. Für die AfA‑Bemessungsgrundlage können in diesem Fall die fiktiven Anschaffungskosten nur herangezogen werden, wenn zwischen der Einkünfteerzielung des Rechtsvorgängers und der Vermietung nach unentgeltlichem Erwerb durch den Steuerpflichtigen ein Zeitraum von mindestens 10 Jahren liegt. § 30 Abs. 6 lit a EStG 1988 regelt, dass für den Fall, dass bei einem Grundstück die Absetzung für Abnutzung von den fiktiven Anschaffungskosten zu bemessen und die Liegenschaft zum 31.03.2012 nicht mehr steuerverfangen war, die Einkünfte vor und ab der erstmaligen Nutzung zur Einkünfteerzielung gesondert zu ermitteln sind. Im Anlassfall liegt ‑ wie eingangs bereits ausgeführt ‑ eine unentgeltliche Übertragung der Liegenschaft vor. Der gemeine Wert der Liegenschaft im Todeszeitpunkt des vormaligen Hälfteeigentümers wurde vom Gutachter mit € 267.000 (Hälfteanteil des Erblassers mit 133.500) ermittelt und dieser gemeine Wert der Liegenschaft ist ‑ vermindert um den Grund und Boden ‑ als AfA‑Bemessungsgrundlage für die nachfolgende Vermietung heranzuziehen.“

3 Der Mitbeteiligte stellte einen Vorlageantrag, in dem er den Ansatz höherer fiktiver Anschaffungskosten beantragte. Im Vorlagebericht führte das Finanzamt aus, dass die Berechnung der Immobilienertragsteuer für die Veräußerung einer anteilig im Erbweg und anteilig im Schenkungsweg erworbenen und nachfolgend vermieteten Liegenschaft, die vom Erblasser betrieblich genutzt worden sei, strittig sei.

4 Das Bundesfinanzgericht gab mit dem angefochtenen Erkenntnis der Beschwerde teilweise Folge und änderte den Bescheid ab. Es stellte fest, dass der Mitbeteiligte ab 1. Jänner 2014 die ab 2008 in seinem Alleineigentum befindliche Liegenschaft vermietet habe. Dabei sei bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Absetzung für Abnutzung (AfA) eine vereinfachte Berechnung angestellt worden. Der Liegenschaftswert für den Hälfteanteil laut Nachlassinventar 2008 sei verdoppelt (267.000 €) und davon seien 20% als Grundanteil ausgeschieden worden. Somit sei ein Gebäudewert und damit eine AfA‑Basis von 213.600 € errechnet worden. Ein Wertgutachten betreffend die Anschaffungskosten der Liegenschaft bzw. zur Wertaufteilung betreffend Grund und Boden und Gebäude sei im Jahr 2014 ‑ offenbar aus Kostengründen ‑ nicht erstellt worden. Eine Nutzung der Liegenschaft zur Einkunftserzielung habe in den zehn Jahren vor Vermietung durch den Mitbeteiligten (also seit 2004) weder durch ihn noch durch die Rechtsvorgänger des Mitbeteiligten stattgefunden. Im Zuge der Veräußerung der Liegenschaft sei ein Gutachter für die Ermittlung der Werte der Liegenschaft im Zeitpunkt des Vermietungsbeginns und im Veräußerungszeitpunkt beauftragt worden. Daraus hätten sich fiktive Anschaffungskosten für das Gebäude zum Vermietungsbeginn 1. Jänner 2014 von 431.706,34 € ergeben. Der Wert zum Veräußerungszeitpunkt habe 581.792,59 € betragen.

5 In der Beweiswürdigung führte das Bundesfinanzgericht aus, die Feststellung, dass das Gebäude seit 2004 bis Ende 2013 nicht zur Einkunftserzielung genutzt worden sei, ergebe sich schlüssig aus dem Akteninhalt, weil das Finanzamt bei seinen Berechnungen nicht von einer Buchwertfortführung im Rahmen eines unentgeltlichen Erwerbes, sondern ebenfalls von fiktiven Anschaffungskosten ausgegangen sei. Auch andere Hinweise, aus denen ersichtlich wäre, dass der Mitbeteiligte als unentgeltlicher Rechtsnachfolger die Buchwerte seiner Rechtsvorgänger gemäß § 16 Abs. 1 lit. c EStG 1988 hätte fortführen müssen, seien dem Akteninhalt nicht zu entnehmen. Die Feststellungen betreffend die fiktiven Anschaffungskosten und die Aufteilung der Werte und des Verkaufspreises ergäben sich rechnerisch aus dem vom Mitbeteiligten vorgelegten Gutachten des gerichtlich beeideten Immobiliensachverständigen. Dieses Gutachten sei nach den einschlägigen Richtlinien und unter Berücksichtigung der herrschenden Praxis erstellt worden und in sich schlüssig. Das Bundesfinanzgericht berücksichtigte letztlich bei der Berechnung der Immobilienertragsteuer die im vom Mitbeteiligten vorgelegten Gutachten errechneten fiktiven Anschaffungskosten.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision des Finanzamtes, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, das Bundesfinanzgericht weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach bei Ausscheiden eines Gebäudes aus einem Betriebsvermögen und sofortiger oder zu einem späteren Zeitpunkt beginnender Nutzung zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für die AfA‑Bemessung anstelle der Anschaffungs‑ und Herstellungskosten der Entnahmewert (Teilwert) oder der Aufgabewert (gemeiner Wert) zugrunde zu legen sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe sich zudem zur Frage, ob eine Erzielung von Einkünften aus einem Gebäude nach § 16 Abs. l Z 8 lit. d EStG 1988 auch dann nicht mehr erstmalig sei, wenn die vorangehende betriebliche oder außerbetriebliche Nutzung durch einen Rechtsvorgänger erfolgt sei, von dem das Gebäude unentgeltlich erworben wurde, noch nicht geäußert. Es existiere daher keine Rechtsprechung zur Frage, ob die Erstmaligkeit der Einkünfteerzielung aus einem Gebäude nach § 16 Abs. l Z 8 lit. d EStG 1988 in der im Revisionsfall anwendbaren Fassung gebäudebezogen oder personenbezogen zu beurteilen sei. Das Bundesfinanzgericht habe den Sachverhalt unrichtig angenommen, weil das Grundstück vom Bruder des Mitbeteiligten betrieblich verwendet worden sei.

7 Der Mitbeteiligte hat in dem gemäß § 36 Abs. 1 VwGG eingeleiteten Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung erstattet.

8 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

9 Die Revision ist zulässig und begründet.

10 Zum Vorwurf der unrichtigen Sachverhaltsannahme des Bundesfinanzgerichts ist zunächst zu bemerken, dass sowohl im Verwaltungsakt des Finanzamtes, der laut Vorlagebericht an das Bundesfinanzgericht übermittelt wurde, als auch im Akt des Bundesfinanzgerichts sich eine Berechnung für die Veranlagung 2019 befindet, die schon auf Seite 1 folgenden Text enthält: Die Liegenschaft war im Hälfteeigentum von Herrn SZ und seines Bruders. SZ ist im August 2007 verstorben. Bis zum Zeitpunkt des Todes hat dieser das Gewerbe einer KfZ‑Werkstätte und Schlosserei im Erdgeschoß der Liegenschaft ausgeübt.

11 Im Vorlagebericht gab das Finanzamt an, dass die gegenständliche Liegenschaft vom Erblasser betrieblich genutzt worden war. Aus dem Akteninhalt war also klar ersichtlich, dass die Liegenschaft bis zum Jahr 2007 betrieblich und damit zur Einkünfteerzielung genutzt wurde.

12 Es ist der Revisionsbeantwortung zwar zuzustimmen, dass sich aus der Beschwerdevorentscheidung nicht auf den ersten Blick erschließt, dass das Finanzamt von einer Einkünfteerzielung durch den verstorbenen Bruder vor der Vermietung ab 1. Jänner 2014 ausgegangen ist, weil dies nicht explizit benannt wird. Die Beschwerdevorentscheidung enthält aber Ausführungen dazu, dass fiktive Anschaffungskosten nur dann zur Anwendung kommen können, wenn die Liegenschaft erstmalig vermietet wird, und setzt dann den gemeinen Wert der Liegenschaft im Todeszeitpunkt als Bemessungsgrundlage an. Damit hat es sich auf den Aufgabewert der Liegenschaft gestützt und gerade nicht auf die fiktiven Anschaffungskosten.

13 Da sich das Finanzamt bereits in der Beschwerdevorentscheidung ‑ wenn auch nicht explizit benannt ‑ auf die Einkünfteerzielung des Erblassers gestützt hat und sich aus dem Akteninhalt zudem klar ergibt, dass dem Bundesfinanzgericht die Informationen über die Einkünfteerzielung vorgelegen sind, unterliegt das Vorbringen nicht dem Neuerungsverbot.

14 Der Verfahrensfehler erweist sich auch als relevant.

15 § 30 EStG 1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 62/2018 lautet auszugsweise:

„(4) Soweit Grundstücke am 31. März 2012 ohne Berücksichtigung von Steuerbefreiungen nicht steuerverfangen waren, sind als Einkünfte anzusetzen:

1. (...)

2. In allen übrigen Fällen der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 86% des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten.“

(...)

„(6) Für die Anwendung des Abs. 4 gilt Folgendes:

a) Wurde bei einem Grundstück die Absetzung für Abnutzung gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 von den fiktiven Anschaffungskosten bemessen und war es zum 31. März 2012 nicht mehr steuerverfangen, sind die Einkünfte für Wertveränderungen vor und ab der erstmaligen Nutzung zur Einkünfteerzielung gesondert zu ermitteln:

– Für Wertveränderungen bis zum Beginn der Einkünfteerzielung kann Abs. 4 angewendet werden, wobei an Stelle des Veräußerungserlöses die fiktiven Anschaffungskosten treten.

– Wertveränderungen ab dem Beginn der Einkünfteerzielung sind nach Abs. 3 zu ermitteln, wobei an Stelle der tatsächlichen Anschaffungskosten die fiktiven Anschaffungskosten treten.“

16 § 16 Abs. 1 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 53/2013 lautete auszugsweise:

„8. Absetzungen für Abnutzungen und für Substanzverringerungen (§§ 7 und 8). Gehört ein abnutzbares Wirtschaftsgut (insbesondere Gebäude) nicht zu einem Betriebsvermögen, gilt für die Bemessung der Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung Folgendes:

a) Grundsätzlich sind die tatsächlichen Anschaffungs‑ oder Herstellungskosten zu Grunde zu legen. Bei der Ermittlung der Anschaffungs‑ oder Herstellungskosten sind § 6 Z 11 und 12 zu berücksichtigen. § 13 ist anzuwenden.

b) Wird ein Wirtschaftsgut unentgeltlich erworben, ist die Absetzung für Abnutzung des Rechtsvorgängers fortzusetzen.

c) Wird ein zum 31. März 2012 nicht steuerverfangenes Grundstück im Sinne des § 30 Abs. 1 erstmalig zur Erzielung von Einkünften verwendet, sind der Bemessung der Absetzung für Abnutzung die fiktiven Anschaffungskosten zum Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung zur Einkünfteerzielung zu Grunde zu legen.

(...)“

17 Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Abgabenänderungsgesetz 2012, 1960 BlgNR 24. GP  23 f, lauten wie folgt:

„Analog zur Regelung hinsichtlich der Einlage ins Betriebsvermögen soll auch die AfA‑Bemessungsgrundlage bei erstmaliger Nutzung zur Erzielung außerbetrieblicher Einkünfte (VuV) eines bereits früher angeschafften Gebäudes geregelt werden.

In § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d war für diesen Fall bisher der Ansatz der fiktiven Anschaffungskosten vorgesehen. Diese Regelung soll ab dem 1. Jänner 2013 nur mehr für Gebäude des Altvermögens mit Ausnahme von Grund und Boden gelten; § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d wird daher insoweit eingeschränkt und in Zusammenhang mit weiteren Änderungen der Z 8 in lit. c überführt. Für Gebäude des Neuvermögens sollen auch in diesen Fällen gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. a die historischen Anschaffungs‑ oder Herstellungskosten als Bemessungsgrundlage dienen. Da die fiktiven Anschaffungskosten mit dem Teilwert korrespondieren, werden systemkonform dieselben Bewertungsregeln im betrieblichen und außerbetrieblichen Bereich angewendet.

Diese Gleichstellung setzt sich im Falle der AfA‑Bemessung gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c imVeräußerungsfall insoweit fort, als auch hier gemäß § 30 Abs. 6 lit. a dasselbe Besteuerungsregime zur Anwendung kommt wie bei Einlage eines derartigen Vermögens und nachfolgender betrieblicher Veräußerung (siehe dazu oben):

So kann hinsichtlich eines vermieteten Gebäudes § 30 Abs. 4 unter Zugrundelegung der fiktiven Anschaffungskosten zum Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung zur Einkünfteerzielung als Veräußerungserlös angewendet werden. Der auf den Zeitraum ab dem Beginn der Vermietung entfallende Veräußerungsgewinn ist gemäß § 30 Abs. 3 zu ermitteln, wobei allerdings an die Stelle der historischen Anschaffungskosten die fiktiven Anschaffungskosten zu Beginn der Einkünfteerzielung treten. In diesem Fall ist der Unterschiedsbetrag zwischen den fiktiven Anschaffungskosten und dem Veräußerungserlös gemäß § 30 Abs. 3 zu ermitteln und zu versteuern. Dabei ist der Inflationsabschlag nicht auf den Zeitpunkt der Anschaffung sondern auf den Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung zur Einkünfteerzielung zu beziehen. Hinsichtlich des Grund und Bodens kann vom darauf entfallenden Veräußerungserlös die Steuer gemäß § 30 Abs. 4 ermittelt werden.

Diese Änderungen sollen auf Grundstücke anzuwenden sein, die nach dem 31. Dezember 2012 erstmalig zur Erzielung von Einkünften verwendet werden.

Darüber hinaus sollen im Zusammenhang mit der neuen Grundstücksbesteuerung auch die Regelungen bezüglich der AfA‑Bemessungsgrundlage bei Wirtschaftsgütern des Privatvermögens, die zur Einkünfteerzielung verwendet werden, an die neue Systematik angepasst werden.

Durch das SchenkMG 2008 wurde bei unentgeltlichen Erwerben vermieteter Gebäude der Ansatz fiktiver Anschaffungskosten ausgeschlossen und eine Art ‚Buchwertfortführung‘ eingeführt. Nunmehr erfolgt die Einschränkung des Ansatzes fiktiver Anschaffungskosten bei erstmaliger Nutzung bereits früher angeschaffter Grundstücke auf Altgrundstücke im Sinne des § 30 Abs. 4.“

18 Die lit. b leg. cit. in ihrer im Revisionsfall geltenden Fassung wurde durch das Schenkungsmeldegesetz 2008 eingeführt. Davor bildete grundsätzlich der Einheitswert für den letzten Feststellungszeitpunkt vor dem unentgeltlichen Erwerb die AfA‑Bemessungsgrundlage. Auf Antrag waren die fiktiven Anschaffungskosten im Zeitpunkt des unentgeltlichen Erwerbs anzusetzen. Die Einführung einer Verpflichtung zur Fortsetzung der Abschreibungen des Rechtsvorgängers durch das Schenkungsmeldegesetz 2008 wurde in den Erläuterungen damit begründet, dass der (wahlweise) Ansatz der fiktiven Anschaffungskosten in Fällen des unentgeltlichen Erwerbes durch die Möglichkeit der immer wiederkehrenden Aufwertung ungerechtfertigte Steuervorteile verschafft. Es sollte daher ab 2008 die Absetzung für Abnutzung des Rechtsvorgängers (hinsichtlich der Bemessungsgrundlage und des AfA‑Betrages) nach Art einer Buchwertfortführung im betrieblichen Bereich (§ 6 Z 9 lit. a EStG 1988) bis zur Vollabschreibung fortgesetzt werden (vgl. ErlRV 549 BlgNR 23. GP  3).

19 In der Rechtslage vor dem Abgabenänderungsgesetz 2012 sah § 16 Abs. 1 Z 8 lit. d EStG 1988 vor, dass in jenen Fällen, in denen ein vom Steuerpflichtigen früher angeschafftes oder hergestelltes Wirtschaftsgut erstmalig zur Erzielung von Einkünften verwendet wird, der Bemessung der Absetzung für Abnutzung die fiktiven Anschaffungskosten zum Zeitpunkt der erstmaligen Nutzung zur Einkünfteerzielung zugrunde zu legen sind. Die lit. d leg. cit. betraf nach der Rechtslage vor dem Abgabenänderungsgesetz 2012 nach dem Wortlaut grundsätzlich Gebäude, die der Steuerpflichtige selbst angeschafft und nach einem gewissen Zeitraum nach der Anschaffung vermietet hatte. Im Schrifttum wurde auch vertreten, dass bisher privat genutzte Gebäude, die unentgeltlich erworben und später erstmalig vermietet wurden, erfasst sind (vgl. Doralt, EStG13, § 16 Tz 158).

20 Durch § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 in der Fassung nach dem Schenkungsmeldegesetz 2008 bis zum Abgabenänderungsgesetz 2012 war daher sichergestellt, dass ein Ansatz der fiktiven Anschaffungskosten nur in jenen Fällen möglich war, in denen eine steuerwirksame Abschreibung des Gebäudes noch nie begonnen wurde, womit eine (teilweise) mehrfache Abschreibung desselben Gebäudes ausgeschlossen war.

21 Durch das Abgabenänderungsgesetz 2012 wurde für Neuvermögen der Ansatz der fiktiven Anschaffungskosten generell ausgeschlossen. Solche Gebäude können nur nach der lit. a leg. cit. mit den historischen Anschaffungskosten angesetzt oder nach der lit. b die Abschreibung des Rechtsvorgängers fortgesetzt werden.

22 Für Altvermögen iSd § 30 Abs. 4 EStG 1988 hat der Gesetzgeber eine Ausnahme in der lit. c geschaffen, wonach die fiktiven Anschaffungskosten dann anzusetzen sind, wenn das Grundstück erstmalig zur Einkünfteerzielung verwendet wird. Von der Bestimmung sind ‑ da nur auf das Grundstück abgestellt wird ‑ sowohl entgeltliche als auch unentgeltliche Erwerbe von Altvermögen erfasst.

23 Strittig ist im Revisionsfall, ob die erstmalige Einkünfteerzielung personenbezogen oder gebäudebezogen anzuwenden ist.

24 Nach dem Gesetzeswortlaut sind die fiktiven Anschaffungskosten dann anzusetzen, wenn das Grundstück erstmalig zur Erzielung von Einkünften verwendet wird. Die Erläuterungen führen dazu aus, dass die Änderungen auf Grundstücke anzuwenden sein sollen, die nach dem 31. Dezember 2012 erstmalig zur Erzielung von Einkünften verwendet werden. Dies entspricht der Inkrafttretensbestimmung in § 124b Z 227 EStG 1988, die vorsieht, dass die Neuregelung auf Wirtschaftsgüter anzuwenden ist, die nach dem 31. Dezember 2012 erstmalig zur Erzielung von Einkünften verwendet werden.

25 Nach dem Gesetzeswortlaut bezieht sich der Umstand der erstmaligen Verwendung daher auf das Grundstück und nicht auf die Person. Für diese Auslegung sprechen zudem auch eine systematische, historische und teleologische Interpretation.

26 Die Altvermögenseigenschaft eines Grundstückes ist gemäß § 30 Abs. 4 iVm Abs. 1 EStG 1988 grundstücksbezogen zu sehen, weil die Beurteilung, ob Altvermögen vorliegt, unter Einbeziehung der Umstände des Rechtsvorgängers zu beurteilen ist und unentgeltliche Übertragungsvorgänge zwischen der erstmaligen entgeltlichen Anschaffung und der Veräußerung unbeachtlich sind (vgl. Hohenwarter‑Mayr, Rechtsnachfolge im Unternehmenssteuerrecht, 412, FN 2140). Bei unentgeltlicher Übertragung übernimmt der Rechtsnachfolger daher die Altvermögenseigenschaft des Grundstückes. Da fiktive Anschaffungskosten ausschließlich bei Altvermögen zum Ansatz kommen können, sind bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen für solche vorliegen, demnach auch die Umstände des Rechtsvorgängers miteinzubeziehen.

27 Die Erläuterungen geben an, dass die bisherige Möglichkeit des Ansatzes fiktiver Anschaffungskosten nunmehr auf Altgrundstücke beschränkt werden solle. Nach der davor geltenden Rechtslage war der Ansatz derselben nur dann möglich, wenn das Grundstück vom Steuerpflichtigen angeschafft und noch nicht zur Einkünfteerzielung genutzt worden war bzw. allenfalls auch bei unentgeltlichem Erwerb mit vorheriger ausschließlicher privater Nutzung. Dass durch die Neuregelung eine Ausweitung zur bisherigen Rechtslage gewünscht war, ist den Erläuterungen nicht zu entnehmen; im Gegenteil lässt sich daraus ableiten, dass der Ansatz fiktiver Anschaffungskosten noch weiter eingeschränkt werden sollte.

28 Wie schon zum Schenkungsmeldegesetz 2008 erläutert, diente die Einschränkung des Ansatzes fiktiver Anschaffungskosten der Verhinderung einer mehrmaligen Abschreibung eines Gebäudes. Würden bei einer erstmaligen Einkünfteerzielung mit einem zuvor vom Rechtsvorgänger vermieteten Gebäude die fiktiven Anschaffungskosten angesetzt werden können, würde es zu einer mehrmaligen Abschreibung des Gebäudes kommen, was der Gesetzgeber gerade verhindern wollte.

29 Zudem würde in einem solchen Fall der unentgeltliche Erwerber gegenüber jenen Steuerpflichtigen, die das angeschaffte Gebäude nach anfänglicher Vermietung mit längerer Unterbrechung wieder vermieten, in unsystematischer Weise bevorzugt werden. Während nämlich die stillen Reserven im Gebäude, die zwischen den beiden Vermietungen entstehen, vom Steuerpflichtigen, der das Gebäude in der Vergangenheit entgeltlich erworben hat, nicht abgeschrieben werden können, weil keine erstmalige Vermietung vorliegt, könnten diese beim unentgeltlichen Erwerber als AfA‑Bemessungsgrundlage geltend gemacht werden. Zusätzlich dazu könnte das Gebäude in Höhe der bereits vom Rechtsvorgänger steuerlich verwerteten Anschaffungskosten doppelt abgeschrieben werden. Dass der Gesetzgeber den unentgeltlichen Erwerb derart privilegieren wollte, ist ihm nicht zusinnbar, zumal die Änderung durch das Abgabenänderungsgesetz 2012 den Ansatz fiktiver Anschaffungskosten gerade auf auslaufende Ausnahmefälle beschränken wollte.

30 § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 ist daher dahingehend auszulegen, dass es auf die erstmalige Verwendung zur Einkünfteerzielung des Grundstückes (bzw. da nur das Gebäude abgeschrieben wird, des Gebäudes) ankommt (vgl. nochmals auch HohenwarterMayr, 412).

31 Für den Revisionsfall bedeutet das Folgendes:

32 Das Grundstück wurde teilweise ‑ wie insbesondere aus der Revisionsbeantwortung hervorgeht ‑ vom Bruder des Mitbeteiligten, dessen Rechtsnachfolger er (über die Kette an unentgeltlichen Erwerben) ist, zur Einkünfteerzielung genutzt, weshalb § 16 Abs. 1 Z 8 lit. c EStG 1988 nicht anwendbar ist.

33 Ob im Revisionsfall § 16 Abs. 1 Z 8 lit. a EStG 1988 gilt oder die lit. b trotz des Umstandes, dass der Rechtsvorgänger das Gebäude in einer anderen Einkunftsart genutzt hat und zudem keine nahtlos fortgesetzte Einkünfteerzielung vorlag, anwendbar sein könnte, kann im Revisionsfall dahingestellt bleiben, weil in beiden Fällen derselbe Wert als Abschreibungsbasis zur Anwendung kommt und der Mitbeteiligte diesen auch angesetzt hat.

34 Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 30. Juni 2015, 2013/15/0169, zur Rechtslage vor dem Abgabenänderungsgesetz 2012 nämlich ausgesprochen, dass § 16 Abs. 1 Z 8 lit. a EStG 1988 zwar vorsieht, dass der Abschreibung die tatsächlichen Anschaffungskosten zugrunde zu legen sind, bei einer vorherigen Entnahme aus dem Betriebsvermögen sich die Absetzung für Abnutzung für eine der Entnahme nachfolgende außerbetriebliche Nutzung des Wirtschaftsgutes allerdings am Entnahmewert (Aufgabewert), der an die Stelle der Anschaffungs‑ und Herstellungskosten (§ 16 Abs. 1 Z 8 lit. a EStG 1988) tritt, bemisst.

35 Im Revisionsfall ist nach dem Tod des Bruders des Mitbeteiligten eine Betriebsaufgabe erfolgt. Da der Revisionswerber als Rechtnachfolger in die Rechtsstellung des Bruders eintritt, gilt auch für ihn statt den tatsächlichen historischen Anschaffungskosten der Aufgabewert (gemeiner Wert im Zeitpunkt der Betriebsaufgabe). Dies gilt sowohl für die lit. a als auch die lit. b leg. cit.

36 Für die Frage der Anwendbarkeit des § 30 Abs. 6 EStG 1988 bedeutet das:

37 Ein Ansatz der fiktiven Anschaffungskosten anstelle des Veräußerungserlöses gemäß § 30 Abs. 6 lit a 1. TS EStG 1988 setzt voraus, dass bei dem Gebäude die Absetzung für Abnutzung gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 von den fiktiven Anschaffungskosten bemessen wurde. Dies liegt im Revisionsfall nicht vor. Die Bestimmung ist somit nicht anwendbar. Die Immobilienertragsteuer bemisst sich ‑ da im Revisionsfall nicht strittig ist, dass Altvermögen vorliegt ‑ nach § 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988.

38 Nach dem Gesagten war das Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 22. Februar 2024

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