VwGH Ra 2023/19/0453

VwGHRa 2023/19/045314.12.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Funk‑Leisch und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Salama, über die Revision des D S, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Goldschmiedgasse 6/6‑8, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Oktober 2023, W275 2275990‑1/2E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

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European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023190453.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein indischer Staatsangehöriger, stellte am 8. Oktober 2022 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er damit begründete, an Demonstrationen teilgenommen zu haben und im Zuge dessen von der Polizei festgenommen worden zu sein. Er sei auch zweimal strafgerichtlich angeklagt, beide Male freigesprochen und dennoch bis zuletzt von der Polizei schikaniert worden.

2 Mit Bescheid vom 19. Juni 2023 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Indien zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3 Mit dem nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnis vom 5. Oktober 2023 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ‑ welches von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen hat ‑ die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG für nicht zulässig.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Soweit sich die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung zunächst gegen die Beweiswürdigung des BVwG wendet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dieser als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. In Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 25.9.2023, Ra 2023/19/0297, mwN).

8 Im vorliegenden Fall setzte sich das BVwG mit dem Fluchtvorbringen des Revisionswerbers auseinander. Ausgehend davon, dass die Angaben zu den Fluchtgründen des Revisionswerbers im Verfahren erst nach und nach erfolgt seien und kaum lebensnahe Schilderungen enthielten (oberflächliche Schilderungen ohne Details zu Orten, Zeiten, Personen und Ereignissen), kam das BVwG jedoch zum Ergebnis, dass der Revisionswerber in Indien mit keiner politischen oder religiösen Verfolgung zu rechnen habe. Diesen, die Entscheidung tragenden, Argumenten tritt die Revision nicht substantiiert entgegen.

9 Soweit in der Revision weiters ein Verstoß des BVwG gegen die Verhandlungspflicht geltend macht wird, ist zunächst festzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum auch hier maßgeblichen § 21 Abs. 7 erster Fall BFA‑VG ein Absehen von der mündlichen Verhandlung dann gerechtfertigt ist, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA‑VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. zu diesen Leitlinien grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, sowie aus der jüngeren Rechtsprechung etwa VwGH 24.1.2023, Ra 2022/19/0149, mwN).

10 Die Revision, die sich in diesem Punkt im Wesentlichen darauf beschränkt, das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers zu wiederholen und zu beanstanden, dass es im Zuge einer mündlichen Verhandlung zu erörtern gewesen wäre, vermag nicht darzulegen, inwiefern das BVwG von dieser Rechtsprechung abgewichen wäre.

11 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 14. Dezember 2023

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