European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023050227.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin ist Eigentümerin einer näher bezeichneten Liegenschaft in der Marktgemeinde L. Sie beantragte am 24. September 2021 die Baubewilligung für die Errichtung einer Rampe, einer Lichtkuppel und von Pflanzbeeten auf dieser Liegenschaft sowie die „Richtigstellung der Geschoßbezeichnung wie in (sic) Plan ersichtlich“. Dem Antrag war ein Einreichplan angeschlossen. Im Einreichplan wurden die Geschoße als „Kellergeschoß, Erdgeschoß und 1. Obergeschoß“ bezeichnet (im Unterschied zum Bestandsplan, in dem die Geschoße als Erdgeschoß, 1. Obergeschoß und Dachgeschoß bezeichnet sind). Einem Verbesserungsauftrag des Bürgermeisters vom 23. Februar 2022, die Geschoßbezeichnungen in den Einreichplänen richtig zu stellen, folgte die Revisionswerberin nicht, sondern verwies auf die ihrer Ansicht nach zu Unrecht erfolgte Einbeziehung des „faktischen Kellergeschoßes“ in die Berechnungsfläche für die jährliche Kanalbenützungsgebühr im Zusammenhang mit deren Neufestsetzung nach einem Umbau. Das „faktische Kellergeschoß“ sei mit einem Anteil von 56,20 % unter Niveau, sodass es für die Berechnungsfläche der Kanalbenützungsgebühr nicht einbezogen werden dürfe.
2 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde L. vom 18. Mai 2022 wurde die baubehördliche Bewilligung auf Grund des „Ansuchens vom 24.09.2021 [...] für die Errichtung einer Rampe, Lichtkuppel und Pflanzenbeete“ erteilt (Spruchpunkt I.) und das Ansuchen hinsichtlich „Richtigstellung“ der Geschoßbezeichnungen abgewiesen (Spruchpunkt II.). In der Begründung zu letzterem wurde auf eine Stellungnahme des technischen Amtssachverständigen verwiesen. Die dagegen erhobene Berufung wurde im innergemeindlichen Instanzenzug als unbegründet abgewiesen.
3 Dagegen erhob die Revisionswerberin Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (Verwaltungsgericht).
Mit dem angefochtenen Erkenntnis in seiner berichtigten Fassung wurde die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch des Bescheides des Gemeindevorstands der Marktgemeinde L. vom 6. Dezember 2022 wie folgt lautet:
„1. Die Berufung zu Spruchpunkt I des Bescheides des Bürgermeisters der Marktgemeinde L[...] von 18.05.2022, GZ [...] wird als unzulässig zurückgewiesen.
2. Die Berufung zu Spruchpunkt II. wird mit (sic) dahingehend abgewiesen, dass Spruchpunkt II. des Bescheides des Bürgermeisters der Marktgemeinde L[...] von 18.05.2022, GZ [...], wie folgt laut (richtig: lautet):
II. Zurückweisung:
Der Bürgermeister der Marktgemeinde L[...] weist Ihr Ansuchen vom 24. September 2021 hinsichtlich ‚RICHTIGSTELLUNG‘ der Geschoßbezeichnungen als unzulässig zurück.“
4 Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
5 Begründend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, bei den von der Revisionswerberin gestellten Anträgen handle es sich um zwei trennbare Verfahren. Einerseits habe sie um Baubewilligung für eine Rampe, eine Lichtkuppel und Pflanzbeete angesucht und hierfür einen Einreichplan vorgelegt. Andererseits habe sie die „Richtigstellung“ der Geschoßbezeichnungen beantragt.
6 Zum Antrag auf Baubewilligung hielt das Verwaltungsgericht fest, dass eine Berufung unzulässig sei, wenn dem Antrag der ‑ einzigen ‑ Partei des Verfahrens vollinhaltlich stattgegeben worden sei. Dem Antrag sei mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde L. vom 18. Mai 2022 vollinhaltlich und entsprechend dem vorgelegten Einreichplan entsprochen worden. Eine Berufung gegen diesen vollinhaltlich stattgebenden Bescheid sei daher unzulässig und zurückzuweisen, weshalb die Berufungsentscheidung des Gemeindevorstands entsprechend abzuändern und die Berufung als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei.
7 Zum Ansuchen um „Richtigstellung“ der Geschoßbezeichnungen führte das Verwaltungsgericht aus, dass die NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014) an keiner Stelle eine bescheidmäßige Richtigstellung von Geschoßbezeichnungen vorsehe. Generell kenne das Gesetz keine Geschoßbezeichnung, sondern unterscheide nur zwischen unter- und oberirdischen Geschoßen. Die vorliegenden Schriftsätze würden zwar die Vermutung nahelegen, dass mit dem Antrag auf „Richtigstellung“ der Geschoßbezeichnungen auf eine Änderung der Kanalbenützungsgebühr abgezielt werde, jedoch werde auch dies zu keinem Zeitpunkt von der Revisionswerberin beantragt. Beantragt werde explizit die „Richtigstellung“ der Geschoßbezeichnungen als Teil der Baubewilligung nach der NÖ BO 2014. Ein Umdeuten eines klar bezeichneten und formulierten Antrages, der durch eine anwaltlich vertretene Partei aufrecht gehalten worden sei, komme nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht in Betracht. Die Berufungsentscheidung sei daher insofern abzuändern gewesen, dass der Antrag auf „Richtigstellung“ der Geschoßbezeichnungen ‑ mangels gesetzlicher Grundlage ‑ als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei.
8 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, die zu ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen geltend macht, es liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, wonach eine Berufung als unzulässig zurückzuweisen sei, wenn einem Bauansuchen nicht vollständig entsprochen worden sei, „weil die Richtigstellung der Geschoßbezeichnung gemäß den Einreichplänen von der Baubehörde bescheidmäßig abgelehnt“ worden sei. Es handle sich auch nicht um zwei trennbare Verfahren. Es fehle schließlich Rechtsprechung zur Frage, ob die Bewilligung eines Bauansuchens in Abweichung von diesem zugrunde gelegten Einreichplänen erfolgen könne, obwohl dies gesetzlich nicht vorgesehen sei.
9 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Die Revisionswerberin geht in ihrem Zulässigkeitsvorbringen davon aus, dass es sich bei ihrem Antrag auf Erteilung der baubehördlichen Bewilligung einerseits und Richtigstellung der Geschoßbezeichnung andererseits nicht um ein trennbares „Verfahren“ handle. Damit stellt sie offenbar auf die Frage der Trennbarkeit eines Bauvorhabens ab. Die Frage der Trennbarkeit von Teilen eines Bauvorhabens unterliegt nach der ständigen Rechtsprechung des
Verwaltungsgerichtshofes jedoch grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung könnte in diesem Zusammenhang nur dann vorliegen, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. etwa VwGH 9.8.2022, Ra 2019/05/0115, mwN).
14 Das Verwaltungsgericht hat sich mit dem Antrag auf baubehördliche Bewilligung einerseits und dem Antrag auf Richtigstellung der Geschoßbezeichnungen andererseits hinreichend auseinandergesetzt, hat die Zulässigkeit dieser Anträge unterschiedlich beurteilt und das Vorliegen eines trennbaren Bauvorhabens implizit bejaht. Dass sich das Verwaltungsgericht bei dieser Beurteilung von den Leitlinien des Verwaltungsgerichtshofes entfernt hätte und ihm dabei ein krasser, die Rechtssicherheit beeinträchtigender Fehler unterlaufen wäre, zeigt die Revision in ihren Zulässigkeitsgründen weder auf, noch ist dies im Hinblick auf die konkrete Sachverhaltskonstellation ersichtlich.
15 Der Zurückweisung des Antrags auf Richtigstellung der Geschoßbezeichnungen, weil ein solcher nach der NÖ BO 2014 nicht vorgesehen sei, tritt die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung nur völlig pauschal entgegen. Die Begründung der Zulässigkeit der Revision erfordert aber (abgesehen von den Fällen einer abweichenden oder uneinheitlichen Rechtsprechung) die Darlegung, welche konkrete Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hat. Ein pauschales bzw. nur allgemein gehaltenes Vorbringen ohne Herstellung eines Fallbezuges und ohne jede fallbezogene Verknüpfung mit der angefochtenen Entscheidung reicht hierfür jedenfalls nicht aus (vgl. VwGH 8.8.2023, Ra 2023/05/0050, mwN).
16 Gleiches gilt für das pauschale Vorbringen zur Frage, „ob die Bewilligung eines Bauansuchens in Abweichung von diesem zugrundegelegten Einreichplänen erfolgen kann“, bzw. „ob die Bewilligung eines Bauansuchens auf Basis der Einreichpläne erfolgen muss oder diese Einreichpläne in abgeänderter Form ‑ insbesondere betreffend die Geschoßbezeichnungen ‑ ohne Zustimmung des Bauwerbers der Baubewilligung zugrunde gelegt werden können“. Auch dazu wird in der Zulässigkeitsbegründung kein Einzelfallbezug hergestellt, der aber insbesondere vor dem Hintergrund der vom Verwaltungsgericht angenommenen Trennbarkeit erforderlich wäre, um beurteilen zu können, warum das Schicksal der Revision von der Beurteilung dieser Rechtsfrage abhängt (was nach ständiger hg. Rechtsprechung von der Revisionswerberin konkret darzulegen gewesen wäre, vgl. etwa VwGH 22.8.2023, Ra 2021/06/0190).
17 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 14. Dezember 2023
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