VwGH Ra 2023/02/0012

VwGHRa 2023/02/001218.4.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision des H in T, vertreten durch Mag. Johann Juster, Rechtsanwalt in 3910 Zwettl, Landstraße 21/2. Stock, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 23. November 2022, LVwG‑S‑2261/001‑2022, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Zwettl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
StVO 1960 §5 Abs2
StVO 1960 §99 Abs1 litb
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023020012.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich wurde dem Revisionswerber ‑ in Bestätigung eines entsprechenden Straferkenntnisses der belangten Behörde ‑ eine Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b iVm. § 5 Abs. 2 StVO angelastet, weil er sich als Lenker eines bestimmten Kraftfahrzeuges (örtlich und zeitlich näher konkretisiert) gegenüber einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert habe, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet habe werden können, dass er das Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Über ihn wurde gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO eine Geldstrafe von € 2.400,‑‑ (Ersatzfreiheitsstrafe 461 Stunden) verhängt.

2 Dem legte das Verwaltungsgericht ‑ soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung ‑ zu Grunde, dass der Revisionswerber mit seinem Kraftfahrzeug auf ein vor ihm befindliches Fahrzeug aufgefahren sei. Er habe neben einem deutlichen Alkoholgeruch näher dargestellte Alkoholisierungssymptome aufgewiesen, die zwei an ihn gerichteten Aufforderungen zur Durchführung eines Alkotests auch als solche verstanden und diese jeweils ausdrücklich mit den Worten: „Ich verweigere“ abgelehnt. Beweiswürdigend setzte sich das Verwaltungsgericht mit den Aussagen der befragten Zeugen über deren Gespräche mit dem Revisionswerber und dessen situationsangepassten Antworten auseinander. Es kam zum Ergebnis, dass für den Aufforderer nicht der geringste Hinweis dafür bestanden habe, dass der Revisionswerber an einer relevanten Wahrnehmungsstörung gelitten habe. Die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens lehnte es wegen mangelnder Relevanz des Beweisthemas ab.

3 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Der Revisionswerber erachtet die Revision zunächst deshalb als zulässig, weil das Verwaltungsgericht ein näher zitiertes Aussagedetail eines Zeugen mit doppelter Verneinung aktenwidrig nicht zur Feststellung fehlender Diskretionsfähigkeit des Revisionswerbers herangezogen habe.

8 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine Aktenwidrigkeit nur dann vor, wenn sich die Behörde bei der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mit dem Akteninhalt hinsichtlich der dort festgehaltenen Tatsachen in Widerspruch gesetzt hat, wenn also die Feststellung jener tatsächlichen Umstände unrichtig ist, die für den Spruch der Entscheidung ausschlaggebend sind (vgl. hierzu etwa VwGH 24.10.2016, Ra 2016/02/0189 bis 0191, mwN). Einen solchen qualifizierten Widerspruch zwischen der Darstellung des Akteninhaltes einerseits und dem tatsächlichen Akteninhalt andererseits legt die Revision schon deshalb nicht dar, weil das Verwaltungsgericht im Rahmen einer vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu beanstandenden Beweiswürdigung ausgehend von den Aussagen der Zeugen zur Überzeugung gelangte, dass der Revisionswerber die Aufforderungen zur Durchführung des Alkotests auch als solche verstand. Die Protokollierung eines Aussagedetails mit doppelter Verneinung („Von meiner Seite hatte ich nicht die geringsten Zweifel, dass der Beschwerdeführer diese Aufforderung zum Alkotest nicht versteht.“) wird durch die unmissverständliche Darstellung desselben Zeugen über seine Wahrnehmungen zu den adäquaten Reaktionen des Revisionswerbers auf seine Fragen und dessen eigeninitiatives Ersuchen um Entfernung des Unfallfahrzeugs relativiert. Die behauptete Aktenwidrigkeit wird somit nicht aufgezeigt.

9 Schließlich macht der Revisionswerber noch zur Zulässigkeit der Revision geltend, das Verwaltungsgericht habe ein von ihm „zu mehreren Beweisthemen ausdrücklich beantragtes medizinisches Amtssachverständigengutachten nicht eingeholt“.

10 Die Zulässigkeit der Revision setzt neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen ‑ für die revisionswerbenden Parteien günstigeren ‑ Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. VwGH 26.11.2018, Ra 2018/02/0283, mwN). Die Revision zeigt mit ihren diesbezüglichen, nicht weiter begründeten Ausführungen die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels für den Verfahrensausgang nicht auf.

11 Soweit der Revisionswerber in diesem Zusammenhang auf die weiteren Revisionsausführungen verweist, steht dem entgegen, dass die Gründe für die Revisionszulässigkeit gesondert anzuführen sind und ein Verweis auf sonstige Revisionsausführungen nicht genügt (vgl. erneut VwGH 26.11.2018, Ra 2018/02/0283, mwN).

12 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 18. April 2023

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