VwGH Ro 2020/19/0008

VwGHRo 2020/19/000822.5.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pfiel sowie die Hofräte Dr. Pürgy und Dr. Chvosta als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Seiler, in der Revisionssache der K S, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Mai 2020, W247 2225171‑1/3E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §25a Abs1
VwGG §34 Abs1
VwGG §34 Abs1a

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RO2020190008.J00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin, die eine russische Staatsangehörige ist und der tschetschenischen Volksgruppe angehört, stellte am 25. August 2004 einen Asylantrag nach dem AsylG 1997.

2 Mit Bescheid des (damals zuständigen) Bundesasylamts vom 5. April 2005 wurde der Revisionswerberin der Status der Asylberechtigten im Familienverfahren gewährt. Als Bezugsperson wurde ihr damaliger Ehemann herangezogen. Die Ehe ist mittlerweile geschieden.

3 Dem damaligen Ehemann (somit der Bezugsperson) der Revisionswerberin wurde mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 8. Mai 2018 der Status des Asylberechtigten aberkannt.

4 Mit Aktenvermerk vom 25. Jänner 2019 leitete das BFA auch ein Aberkennungsverfahren gegen die Revisionswerberin ein.

5 Am 18. September 2019 teilte der Magistrat der Landeshauptstadt Linz dem BFA mit, dass der Revisionswerberin gemäß § 45 Abs. 8 NAG der Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“ erteilt worden sei.

6 Mit Bescheid vom 2. Oktober 2019 erkannte das BFA der Revisionswerberin den Status der Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 ab, stellte gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 fest, dass ihr die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme, und erkannte ihr den Status der subsidiär Schutzberechtigten nicht zu.

7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG zulässig sei.

Begründend führte das BVwG im Wesentlichen aus, dass die Umstände, auf Grund derer die Revisionswerberin als Flüchtling anerkannt worden sei, nicht mehr bestünden. Der ehemalige Ehemann der Revisionswerberin habe sich freiwillig wieder unter den Schutz des Herkunftsstaates gestellt. Den Länderfeststellungen sei zu entnehmen, dass sich die Lage im Herkunftsstaat seit dem Jahr 2009 wesentlich und nachhaltig gebessert habe. Eigene Fluchtgründe habe die Revisionswerberin nicht geltend gemacht.

Die Zulässigkeit der Revision begründete das BVwG damit, dass seine Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweiche. Dieser habe mit näherer Begründung die Auffassung vertreten, dass (im Gegensatz zu allen anderen Aberkennungstatbeständen des § 7 Abs. 1 AsylG 2005) die in Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK vorgesehene „Wegfall der Umstände“‑Klausel nicht gesondert für einen Familienangehörigen, der seinen Asylstatus von einer Bezugsperson abgeleitet habe, geprüft werden könne. Es stelle sich jedoch die Frage, ob nicht regelmäßig auch dann von einem Wegfall der fluchtauslösenden Umstände im Sinne des Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK auszugehen sei, wenn sich eine Person entsprechend Art. 1 Abschnitt C Z 1 GFK wieder freiwillig unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt habe. Treffe dies zu, so stelle sich weiters die Frage, ob daher nicht auch in einem solchen Fall wie dem hier vorliegenden, in welchem dem ehemaligen Ehemann und somit der Bezugsperson der Revisionswerberin der Status des Asylberechtigten auf Grund einer freiwilligen Unterschutzstellung aberkannt worden sei, eine gesonderte Prüfung für die Revisionswerberin als Familienangehörige der Bezugsperson entfallen könne.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision. Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Revisionswerber auch in einer ordentlichen Revision von sich aus die maßgeblichen Gründe für die Zulässigkeit der Revision darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet.

Auf eine Rechtsfrage, die das Verwaltungsgericht bei der Zulassung der Revision als grundsätzlich erachtet hat, ist vom Verwaltungsgerichtshof allerdings nicht einzugehen, wenn diese Rechtsfrage in der Revision nicht angesprochen wird (vgl. VwGH 28.1.2016, Ro 2015/16/0039, mwN, sowie zuletzt etwa VwGH 22.2.2023, Ro 2022/14/0001, mwN).

10 Letzteres trifft im vorliegenden Fall zu: Die Revision verweist in ihrer Zulässigkeitsbegründung lediglich darauf, dass das BVwG die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG als zulässig erachtet habe, und gibt die vom BVwG zitierte Rechtsprechung wieder. Auf die vom BVwG in diesem Zusammenhang aufgeworfene Rechtsfrage nimmt die Revision jedoch nicht Bezug.

11 Soweit die Revision vorbringt, das BVwG hätte prüfen müssen, ob im Fall der Revisionswerberin die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten vorliegen würden, ist ihr zu entgegnen, dass das BVwG eine aktuelle Verfolgungsgefahr der Revisionswerberin geprüft und eine solche insbesondere in Hinblick darauf, dass die Revisionswerberin zu keinem Zeitpunkt eigene Verfolgungsgründe vorgerbacht habe, verneint hat.

12 Auch mit ihrem weiteren Vorbringen, wonach der Revisionswerberin der Status der Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 3 AsylG 2005 nicht hätte aberkannt werden dürfen, weil seit der Zuerkennung mehr als fünf Jahre vergangen seien, übersieht die Revision, dass nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung einem Fremden (der nicht straffällig geworden ist und seinen Hauptwohnsitz im Bundesgebiet hat) der Status des Asylberechtigten auch nach Ablauf von fünf Jahren gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aberkannt werden kann, wenn die nach dem NAG zuständige Aufenthaltsbehörde dem BFA mitteilt, dass sie dem Fremden einen Aufenthaltstitel rechtskräftig erteilt hat.

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen wurde im vorliegenden Fall vom BVwG (unbestritten) festgestellt.

13 Da die Revision somit zu der vom BVwG als grundsätzlich erachteten Rechtsfrage keine Ausführungen enthält und sie auch nicht darlegt, dass die Lösung des Falles von einer anderen Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt, eignet sie sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 22. Mai 2023

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