European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022190042.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin, eine syrische Staatsangehörige, stellte am 24. Februar 2020 einen Antrag auf internationalen Schutz, den sie unter anderem damit begründete, auf Grund ihrer Teilnahme an Demonstrationen gegen die Regierung verfolgt zu werden. Als Frau habe sie zudem Angst, entführt und vergewaltigt zu werden.
2 Mit Bescheid vom 7. September 2020 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der Revisionswerberin hinsichtlich des Status der Asylberechtigten ab, erkannte ihr jedoch den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihr eine auf ein Jahr befristete Aufenthaltsberechtigung.
3 Die gegen die Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 27. Jänner 2022 als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
4 Begründend ging das BVwG davon aus, dass das Vorbringen der Revisionswerberin sowohl hinsichtlich der behaupteten Teilnahme an Demonstrationen als auch bezüglich einer regimekritischen Gesinnung unglaubwürdig sei. Doch selbst im Falle der tatsächlichen Teilnahme der Revisionswerberin an den Demonstrationen lasse sich daraus noch keine konkret gegen die Revisionswerberin gerichtete Verfolgung ableiten. Zur Situation von Frauen habe die Revisionswerberin kein substantiiertes Vorbringen erstattet. Der Revisionswerberin drohe auch keine Gefahr der „Sippenhaftung“ wegen ihres in Österreich asylberechtigten Bruders oder ihrer ebenfalls in Österreich lebenden Mutter.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Zu ihrer Zulässigkeit bringt die Revision vor, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt „von der zuständigen Behörde“ in einem ordnungsgemäßen Verfahren zu ermitteln sei. Das BVwG habe jedoch trotz entsprechender Zweifel an der uneingeschränkten Glaubwürdigkeit der Revisionswerberin kein „aussagepsychologisches“ Gutachten eingeholt.
9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unterliegt es der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, ob weitere amtswegige Erhebungen erforderlich sind. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG läge in diesem Zusammenhang nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. VwGH 13.1.2021, Ra 2020/19/0435, mwN). Im vorliegenden Fall wird von der Revisionswerberin allerdings nicht dargetan, auf Grund welcher konkreten Umstände das BVwG gehalten gewesen wäre, von der Notwendigkeit weiterer amtswegiger Erhebungen auszugehen.
10 Weiters entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Angaben eines Asylwerbers zu den Gründen seiner Flucht nicht in das Aufgabengebiet eines Sachverständigen fällt, sondern dem Kernbereich der richterlichen Beweiswürdigung zuzurechnen ist (vgl. VwGH 29.9.2020, Ra 2020/19/0187, mwN).
11 Soweit sich die Revision gegen die Beweiswürdigung wendet, ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig und zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 29.1.2021, Ra 2020/19/0455, mwN). Eine derartige Fehlbeurteilung legt die Revision mit ihrem pauschal gehaltenen Vorbringen, die Beweiswürdigung des BVwG erweise sich als floskelhaft, nicht dar.
12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 9. Juni 2022
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