European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020150038.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Die Revisionswerberin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, betreibt ein Werbeunternehmen. Im Bericht über das Ergebnis einer abgabenbehördlichen Prüfung gelangte der Prüfer zur Auffassung, dass es die zwischen der Revisionswerberin und Firma A bzw. Herrn A abgeschlossenen Vereinbarungen und einen daraus resultierenden Leistungsaustausch in den Jahren 2012 und 2013 in der erklärten Form nicht gegeben habe. Die an die Revisionswerberin gelegten Rechnungen seien Scheinrechnungen. Demzufolge sei ein Betriebsausgabenabzug zu untersagen. Die geltend gemachten Vorsteuern seien mangels Vorliegens eines Leistungsaustausches sowie zudem aufgrund der ungültigen UID‑Nummer des Rechnungslegers nicht anzuerkennen.
2 Das Finanzamt folgte dem Prüfer, nahm mit Bescheiden vom 11. August 2016 unter anderem die Verfahren betreffend Umsatzsteuer 2012 und 2013 sowie Körperschaftssteuer 2012 und 2013 wieder auf und erließ neue Sachbescheide.
3 Gegen diese Sachbescheide erhob die Revisionswerberin Beschwerde und stellte einen Antrag auf Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 Abs. 2 BAO, woraufhin das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorlegte.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde ‑ in für das Revisionsverfahren nicht relevanten Punkten ‑ teilweise Folge. Im Übrigen wies es die gegen die Umsatzsteuerbescheide 2012 und 2013 sowie die Körperschaftsteuerbescheide 2012 und 2013 gerichtete Beschwerde als unbegründet ab. Das Bundesfinanzgericht erklärte eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG als nicht zulässig.
5 Nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens führte das Bundesfinanzgericht jeweils mit näherer Begründung und unter Auseinandersetzung mit den Beweisergebnissen aus, den in Rede stehenden Rechnungen aus insgesamt fünf Verträgen lägen keine tatsächlich erbrachten Leistungen zu Grunde, sondern es seien „künstlich“ Aufwandpositionen geschaffen worden, um das Betriebsergebnis zu reduzieren. Die auf die Scheinrechnungen geleisteten Zahlungen seien daher rechtsgrundlos erfolgt und nicht durch den Betrieb veranlasst gewesen. Somit erübrige sich auch die Einvernahme der zum Beweisthema der Branchenüblichkeit des Honorars beantragten Zeugen. Im Ergebnis seien die Zahlungen der Revisionswerberin einerseits nicht als Betriebsausgaben anzuerkennen und andererseits sei der Vorsteuerabzug aus den Scheinrechnungen zu versagen.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Im Fall der Erhebung einer außerordentlichen Revision obliegt es dem Revisionswerber, gesondert jene Gründe in hinreichend konkreter Weise anzuführen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt demnach anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (VwGH 18.12.2019, Ra 2019/15/0154).
11 In den „gesonderten“ Gründen zur Zulässigkeit der Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht (vgl. zB. VwGH 19.5.2021, Ra 2020/15/0064, mwN).
12 Die vorliegende Zulässigkeitsbegründung erfüllt diese Anforderungen nicht.
13 Weder wird die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes konkret genannt, von welcher das Bundesfinanzgericht nach Ansicht der Revisionswerberin abgewichen sein soll, noch wird eine Rechtsfrage formuliert, die der Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur uneinheitlich gelöst hat. Entgegen dem Revisionsvorbringen hat das Bundesfinanzgericht rechtsgrundlose Zahlungen der Revisionswerberin, sohin das Vorliegen eines absoluten Scheingeschäfts (vgl. OGH 6.9.1989, 1 Ob 608/89), bejaht und die entsprechenden abgabenrechtlichen Folgen daran geknüpft, sodass die vom Revisionswerber vermissten Feststellungen zum „verdeckten Rechtsgeschäft“ nicht zu treffen waren.
14 Soweit dazu auch die Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichts kritisiert wird, ist darauf zu verweisen, dass die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts der Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes nur insoweit unterliegt, als das Ausreichen der Sachverhaltsermittlungen und die Übereinstimmung der Überlegungen zur Beweiswürdigung mit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut zu prüfen ist. Ob die Beweiswürdigung materiell richtig ist, entzieht sich hingegen der Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof (vgl. z.B. VwGH 5.3.2020, Ra 2019/15/0159, mwN). Das Bundesfinanzgericht hat sich ‑ entgegen den Behauptungen im Zulässigkeitsvorbringen ‑ ausführlich mit den vorliegenden Beweisergebnissen auseinandergesetzt. Eine Unschlüssigkeit dieser Erwägungen kann mit dem bloß pauschalen Vorbringen in der Revision, der „gemeinsame Vorsatz“ bezogen auf das vom Verwaltungsgericht angenommene Scheingeschäft habe in der Beweiswürdigung keinen Niederschlag gefunden, nicht aufgezeigt werden.
15 Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss zudem auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass ‑ auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentlichste zusammengefasst ‑ jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 19.5.2021, Ra 2021/15/0074, mwN). Mit dem Vorbringen zu einer behaupteten Verletzung des Parteiengehörs zeigt die Revisionswerberin im Zulässigkeitsvorbringen eine Relevanz der geltend gemachten Verfahrensmängel im Sinn der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht auf. Soweit die Revision vorbringt, das BFG habe gegen das Überraschungsverbot verstoßen, indem es die von der Revisionswerberin behauptete Leistungsbeziehung nicht anerkannt, sondern ein Scheingeschäft angenommen hat, ist darauf zu verweisen, dass bereits das Finanzamt (nach der abgabenbehördlichen Prüfung) davon ausgegangen ist, dass die in den betroffenen Rechnungen ausgewiesenen Leistungsbeziehungen nicht existiert haben.
16 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 22. September 2022
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