VwGH Ra 2021/20/0202

VwGHRa 2021/20/02028.7.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Engel, in der Rechtssache der Revision des M K M in G, vertreten durch Mag.a Sarah Kumar, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Schießstattgasse 30/1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. April 2021, W170 2240118‑1/2E, betreffend Anerkennung als Flüchtling nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG 2014 §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021200202.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach den (unbestritten gebliebenen) Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts reiste der im Jahr 2010 geborene Revisionswerber, ein syrischer Staatsangehöriger, mit seinen Eltern und Geschwistern zunächst in die Türkei. In der Folge wurde er von seinem Vater allein „nach Österreich geschickt“. Der Revisionswerber steht mit seinen in der Türkei verbliebenen Angehörigen weiterhin in Kontakt.

2 Nach unrechtmäßiger Einreise in Österreich stellte der Revisionswerber am 18. August 2020 in Anwesenheit seines ebenfalls in Österreich aufhältigen Onkels einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.

3 Mit Bescheid vom 11. Jänner 2021 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag, soweit damit die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten begehrt wurde, ab und sprach weiters aus, dass dem Revisionswerber der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt sowie eine befristete Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtigte mit der Gültigkeit für ein Jahr erteilt werde.

4 Das Bundesverwaltungsgericht, das von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen hatte, wies mit dem Erkenntnis vom 1. April 2021 die Beschwerde des Revisionswerbers, die sich allein gegen die Versagung der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gerichtet hatte, als unbegründet ab. Unter einem sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Erhebung einer Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Der Revisionswerber wendet sich gegen die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe sei nicht gegeben. Er macht geltend, er gehöre der „Sozialen Gruppe der verlassenen Kinder“ in Syrien an.

9 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ‑ aufgrund einer Amtsrevision des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl ‑ jüngst in seinem Erkenntnis vom 26.4.2021, Ra 2020/01/0025, mit dem gleichgelagertem Vorbringen eines (dort: aus Afghanistan stammenden) Asylwerbers und den Voraussetzungen für das Vorliegen einer sozialen Gruppe im asylrechtlich relevanten Sinn befasst. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird sohin auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen. Aus den dort genannten Gründen kommt auch im vorliegenden Fall diesem Vorbringen des Revisionswerbers keine Berechtigung zu. In der Revision wird nicht aufgezeigt, dass die dort dargelegten Voraussetzungen hier erfüllt sein könnten, sodass auch den behaupteten Ermittlungsmängeln keine Relevanz zukommt.

10 Da vom Bundesverwaltungsgericht bereits aus rechtlichen Gründen der Anspruch auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten zu Recht verneint werden durfte, versagt auch die Rüge des Revisionswerbers, es hätte von der Durchführung einer Verhandlung nicht Abstand genommen werden dürfen (vgl. zu den diesbezüglichen, auch hier maßgeblichen Voraussetzungen nach § 21 Abs. 7 BFA‑Verfahrensgesetz ausführlich VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018). Welcher für die Entscheidung relevanter weiterer Feststellungen es ‑ nach Abhaltung einer Verhandlung ‑ bedurft hätte, ist nämlich anhand des Vorbringens in der Revision vor dem oben genannten (im genannten Erkenntnis VwGH 26.4.2021, Ra 2020/01/0025, näher dargelegten) rechtlichen Hintergrund ‑ wie bereits erwähnt ‑ nicht zu sehen.

11 Dem Umstand, dass der Revisionswerber als unmündiger Minderjähriger in seinem Heimatland dem realen Risiko ausgesetzt sei, Opfer von willkürlicher Gewalt zu werden, wurde hingegen bereits vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Rechnung getragen, indem es dem Revisionswerber den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt hatte. Soweit in der Revision der Sache nach auf die Voraussetzungen für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz abgestellt wird, war daher darauf nicht weiter einzugehen, weil die Frage, ob ein solcher Anspruch besteht, nicht Gegenstand des angefochtenen Erkenntnisses war.

12 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 8. Juli 2021

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