VwGH Ra 2021/19/0151

VwGHRa 2021/19/01518.7.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser sowie die Hofräte Dr. Pürgy und Dr. Chvosta als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, über die Revision der W A, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jordangasse 7/4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. März 2021, W208 2229174‑1/5E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021190151.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin, eine syrische Staatsangehörige der kurdischen Volksgruppe, stellte am 21. August 2019 einen Antrag auf internationalen Schutz, den sie damit begründete, ihren Herkunftsstaat aus Furcht vor einer Zwangsrekrutierung durch die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) verlassen zu haben.

2 Mit Bescheid vom 8. Jänner 2020 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag der Revisionswerberin hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten ab, erkannte ihr den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu und erteilte ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 8. März 2021 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde der Revisionswerberin betreffend die Versagung des Status der Asylberechtigten nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und erklärte die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG für nicht zulässig.

4 Das BVwG führte begründend ‑ soweit hier maßgeblich ‑ aus, die Revisionswerberin habe eine gegen sie gerichtete Verfolgung im Herkunftsstaat nicht glaubwürdig darlegen können. Auch eine Stigmatisierung oder Ausgrenzung der Revisionswerberin als unverheiratete Frau mit Kind sei nicht zu erwarten.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 In der Revision wird zu ihrer Zulässigkeit vorgebracht, die Qualifikation des Fluchtvorbringens als unglaubwürdig durch das BVwG sei „qualifiziert unrichtig“ gewesen. Die der Revisionswerberin aufgrund ihrer Eigenschaft als unverheiratete Mutter drohende Verfolgungsgefahr sei nicht ausreichend berücksichtigt worden.

9 Soweit sich die Revision gegen die Beweiswürdigung des BVwG wendet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dieser ‑ als Rechtsinstanz ‑ zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung in Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht im Einzelfall die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 27.5.2021, Ra 2021/19/0162, mwN).

10 Im vorliegenden Fall verschaffte sich das BVwG im Zuge der mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von der Revisionswerberin und setzte sich mit ihrem Fluchtvorbringen auseinander. In der Beweiswürdigung des angefochtenen Erkenntnisses legte es im Einzelnen offen, aufgrund welcher Überlegungen es den geltend gemachten Fluchtgründen keine Glaubwürdigkeit zuerkennen konnte. In diesem Zusammenhang führte es aus, worin es Widersprüche in den Ausführungen der Revisionswerberin erblickte und legte anhand von Länderberichten dar, dass eine asylrelevante Verfolgung der Revisionswerberin nicht zu erwarten sei.

11 Angesichts der ausführlichen Würdigung des Vorbringens durch das BVwG ist ‑ auch im Hinblick auf die allgemein gehaltenen Ausführungen der Revision ‑ nicht zu erkennen, dass die vorgenommene Beurteilung fallbezogen unvertretbar wäre.

12 Soweit die Revision vorbringt, das BVwG habe zur Beurteilung der behaupteten Verfolgungsgefahr als unverheiratete Mutter keine Länderberichte herangezogen, macht sie einen Ermittlungsmangel geltend. Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung auch die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass ‑ auf das Wesentliche zusammengefasst ‑ jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des behaupteten Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben. Die Frage, ob das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner amtswegigen Ermittlungspflicht weitere Ermittlungsschritte setzen muss, unterliegt einer einzelfallbezogenen Beurteilung. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge insoweit nur dann vor, wenn die Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre (vgl. VwGH 20.1.2021, Ra 2020/19/0396, mwN).

13 Eine solche Relevanzdarlegung ist der Revision jedoch nicht zu entnehmen. Zudem hat sich das BVwG schon im Rahmen der Beweiswürdigung mit der Frage der Gefährdung der Revisionswerberin als unverheiratete Mutter auseinander gesetzt und darauf hingewiesen, dass eine Stigmatisierung der Revisionswerberin als unverheiratete Mutter bloß vom Beschwerdevertreter in der mündlichen Verhandlung behauptet, jedoch weder durch die Revisionswerberin erwähnt, noch durch (näher genannte) Länderberichte bestätigt worden sei.

14 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 8. Juli 2021

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