Normen
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art133 Abs4
FlKonv Art1 AbschnA Z2
MRK Art2
MRK Art3
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021190025.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein iranischer Staatsangehöriger, stellte am 10. August 2018 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend brachte er vor, er sei zum Christentum konvertiert, weshalb ihm im Iran Verfolgung drohe.
2 Mit Bescheid vom 14. Februar 2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Iran zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
4 Der Revisionswerber habe an Gottesdiensten teilgenommen, einen Taufvorbereitungskurs absolviert, sich somit mit christlichen Glaubensinhalten beschäftigt und sei getauft worden. Es sei aber nicht glaubwürdig, dass er aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert wäre. Es drohe ihm daher bei einer Rückkehr in den Iran keine Verfolgung.
5 Mit Beschluss vom 26. November 2020, E 3790/2020‑5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Zur Zulässigkeit der Revision wird geltend gemacht, die Begründung des BVwG werde den Anforderungen, die nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Prüfung des Vorliegens einer Konversion anzulegen seien, nicht gerecht. Es seien nicht alle maßgeblichen Aspekte beachtet worden. Die Annahme, es liege keine Konversion aus innerer Überzeugung vor, sei nicht schlüssig begründet worden.
10 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung der vorliegenden Beweismittel, etwa von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten, zu ermitteln ist. In Bezug auf die asylrechtliche Relevanz einer Konversion zum Christentum ist nicht entscheidend, ob der Religionswechsel durch die Taufe erfolgte oder bloß beabsichtigt ist. Wesentlich ist vielmehr, ob der Fremde bei weiterer Ausübung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden. Maßgebliche Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel sind beispielsweise das Wissen über die neue Religion, die Ernsthaftigkeit der Religionsausübung, welche sich etwa in regelmäßigen Gottesdienstbesuchen oder sonstigen religiösen Aktivitäten manifestiert, eine mit dem Religionswechsel einhergegangene Verhaltens- bzw. Einstellungsänderung des Konvertiten sowie eine schlüssige Darlegung der Motivation bzw. des auslösenden Moments für den Glaubenswechsel (vgl. VwGH 26.1.2021, Ra 2020/14/0575, mwN).
11 Das BVwG hat sich ‑ entgegen der Revision ‑ mit allen im Sinn dieser Rechtsprechung maßgeblichen Aspekten auseinandergesetzt. Es ist jedoch nach Einvernahme des Revisionswerbers und des Pfarrers der vom Revisionswerber besuchten Pfarre als Zeugen zum Ergebnis gelangt, dass der Revisionswerber nicht aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert sei. Dabei stützte es sich insbesondere auf Ungereimtheiten in den Angaben des Revisionswerbers hinsichtlich der persönlichen Ausübung seines Glaubens und der Teilnahme an Glaubensaktivitäten und erachtete seine Aussagen insgesamt nicht als authentisch.
12 Der Verwaltungsgerichtshof ist ‑ als Rechtsinstanz ‑ zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 13.7.2020, Ra 2020/19/0227, mwN). Dass die Beweiswürdigung des BVwG in diesem Sinn an einer vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangelhaftigkeit leiden würde, vermag die Revision nicht darzulegen.
13 Die Revision macht weiters unter dem Gesichtspunkt ihrer Zulässigkeit geltend, das BVwG hätte weitere Ermittlungsschritte setzen bzw. Zeugen einvernehmen müssen. So wäre es „naheliegend gewesen“ die Person, die den Taufvorbereitungskurs des Revisionswerbers geleitet habe, als Zeugen zu laden und einzuvernehmen.
14 Zunächst ist festzuhalten, dass die Revision nicht behauptet, der Revisionswerber habe die Ladung und Einvernahmen dieser Personen im Verfahren beantragt. Die Frage, ob auf Basis eines konkret vorliegenden Standes eines Ermittlungsverfahrens ein „ausreichend ermittelter Sachverhalt“ vorliegt oder ob weitere amtswegige Erhebungen erforderlich sind, stellt regelmäßig keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern eine jeweils einzelfallbezogen vorzunehmende Beurteilung dar (vgl. VwGH 9.12.2020, Ra 2020/19/0295). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. VwGH 18.12.2020, Ra 2020/20/0149, mwN). Gründe dafür, dass die unterbliebene Ladung und Einvernahme weiterer Zeugen nach Lage des vorliegenden Falles in diesem Sinn einen krassen, die Rechtssicherheit beeinträchtigenden und daher eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwerfenden Verfahrensfehler darstellen könnte, vermag die Revision nicht aufzuzeigen.
15 Die Revision wendet sich zur Begründung ihrer Zulässigkeit weiters gegen die Nichtgewährung von subsidiärem Schutz und macht geltend, im angefochtenen Erkenntnis seien keine Feststellungen zur Menschenrechts- und Sicherheitslage im Iran getroffen worden. Es sei daher nicht nachvollziehbar, wie das BVwG zur Beurteilung gelange, dass dem Revisionswerber bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat keine Verletzung seiner Rechte nach Art. 2 und 3 EMRK drohe.
16 Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel dargetan werden, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise, also fallbezogen, darzulegen (vgl. etwa VwGH 18.12.2020, Ra 2020/19/0146, mwN).
17 Der Revision ist zuzugestehen, dass das BVwG zur allgemeinen Lage ‑ insbesondere zur Sicherheitslage ‑ im Iran nur sehr knappe Feststellungen getroffen hat. Die Revision legt aber nicht dar, dass dem BVwG insofern ein Verfahrensfehler unterlaufen wäre, dem hinsichtlich der Prüfung, ob durch die Sicherheitslage im Iran das reale Risiko einer Verletzung der Rechte des Revisionswerbers nach Art. 2 oder 3 EMRK besteht (vgl. zum insofern anzulegenden Prüfungsmaßstab etwa VwGH 21.2.2017, Ra 2016/18/0137), Relevanz zukäme.
18 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 25. März 2021
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