VwGH Ra 2021/16/0092

VwGHRa 2021/16/009215.12.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mairinger und die Hofräte Dr. Thoma und Mag. Straßegger als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des Finanzamtes Österreich gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 5. Oktober 2021, RV/4100107/2021, betreffend Familienbeihilfe und erhöhte Familienbeihilfe ab Juni 2020 (mitbeteiligte Partei: A A E in V), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021160092.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die am 1988 geborene Mitbeteiligte hatte von Februar 2008 bis Februar 2016 erhöhte Familienbeihilfe bezogen.

2 Ein Antrag auf Familienbeihilfe vom 2. April 2019 war vom (damaligen) Finanzamt Spittal Villach mit Bescheid vom 8. April 2019 abgewiesen worden.

3 In einem weiteren Antrag vom Juni 2020 begehrte die Mitbeteiligte neuerlich die Gewährung von Familienbeihilfe und erhöhter Familienbeihilfe, den das Finanzamt mit Bescheid vom 25. August 2020 abwies, wogegen die Mitbeteiligte Beschwerde erhob.

4 Nach Beschwerdevorentscheidung durch das Finanzamt und Vorlageantrag durch die Mitbeteiligte gab das Bundesfinanzgericht ‑ nach Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom 4. Juli 2021 samt Ergänzung vom 13. September d.J. ‑ der Beschwerde gemäß § 279 BAO Folge und sprach aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

5 Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Amtsrevision begründet ihre Zulässigkeit damit, nach Ansicht des Finanzamtes liege eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG dahingehend vor, als das angefochtene Erkenntnis von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche „(vergleiche die Rechtsprechung des VwGH zur Frage der Bindung der Behörde an die der Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen zugrunde liegenden Gutachten im Erkenntnis vom 22.12.2011, 2009/16/0307, sowie in den Beschlüssen vom 16.12.2014, Ro 2014/16/0053, und vom 30.3.2017, Ra 2017/16/0023 mwN)“.

6 Gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).

8 Ein Revisionswerber, der ‑ entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes ‑ eine Abweichung des angefochtenen Erkenntnisses von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet, hat gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten Entscheidung gleicht, das Verwaltungsgericht im revisionsgegenständlichen Fall jedoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist. Hiezu reichen eine bloße Wiedergabe von Rechtssätzen ebenso wenig wie die bloße Zitierung aus Literaturfundstellen ohne jegliche Bezugnahme auf solche Rechtsprechung oder die Zitierung von Erkenntnissen nach Zahlen, ohne auf die behaupteten inhaltlichen Abweichungen von dieser Rechtsprechung einzugehen, aus (vgl. etwa VwGH 26.8.2021, Ra 2021/16/0054, und 31.8.2021, Ra 2021/16/0048, mwN).

9 Im Revisionsfall hat das Verwaltungsgericht seine Annahme, die Mitbeteiligte sei seit November 2016, daher auch während des revisionsgegenständlichen Zeitraums ab Juni 2020, dauerhaft außerstande gewesen, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, auf das im Beschwerdeverfahren eingeholte Gutachten des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen vom 4. Juli 2021 samt einer Ergänzung durch die Sachverständige vom 13. September 2021 und, betreffend die Feststellung des Zeitpunktes des Eintrittes der Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ab 1. August 2004, zudem auf ein Sachverständigengutachten vom 11. Februar 2013 gestützt. Weiters verweist das Verwaltungsgericht auch auf den Bezug erhöhter Familienbeihilfe von Februar 2008 bis Februar 2016.

10 Allein aus der knappen Darlegung der Zulässigkeit der Amtsrevision, insbesondere aus dem wiedergegebenen Klammerzitat, lässt sich unter Zugrundelegung des referierten Maßstabes zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage ein Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses, insbesondere der darin gegebenen Gründe in tatsächlicher Hinsicht, sohin des revisionsgegenständlichen Sachverhaltes, von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, namentlich zu den der zitierten Rechtsprechung zugrunde liegenden Sachverhalten, nicht entnehmen.

11 Die vorliegende Amtsrevision ist daher wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschuss zurückzuweisen.

Wien, am 15. Dezember 2021

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte