Normen
ZivTG 1993 §4 Abs1
ZivTG 1993 §4 Abs2 lita
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021060113.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (LVwG) der Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde S. (Behörde) vom 24. Jänner 2020, mit dem ihm die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes durch Beseitigung der Terrassenkonstruktion mit Pool einschließlich der Böschungskonstruktion auf einem näher genannten Grundstück in S. innerhalb einer festgesetzten Frist aufgetragen worden war, nach Durchführung einer Verhandlung keine Folge und erklärte eine ordentliche Revision für unzulässig.
Zunächst stellte das LVwG ‑ soweit für das gegenständliche Verfahren relevant ‑ fest, die Behörde habe den Revisionswerber mit Verfahrensanordnung vom 26. Juni 2015 aufgefordert, für die auf seinem Grundstück in S. errichtete Terrasse samt Pool bis Ende Juli 2015 eine Baubewilligung zu beantragen. Architekt DI H. habe mit Eingabe vom 1. Juli 2015 „namens des Bauherren [des Revisionswerbers]“ eine nachträgliche Baubewilligung beantragt, wobei die Planunterlage von Architekt DI H. verfasst und die Baubeschreibung vom Revisionswerber unterschrieben worden sei. Mit Schriftsatz vom 6. Juli 2015 sei der Antrag von Architekt DI H. „im Namen des Bauherrn [des Revisionswerbers]“ zurückgezogen worden. Der Erhalt dieses Schreibens sei von der Bauverwaltung M mit E‑Mail vom 7. Juli 2015 sowohl gegenüber Architekt DI H. als auch gegenüber dem Revisionswerber bestätigt worden und beide Adressaten seien mit weiterer E‑Mail vom 14. Juli 2015 darauf hingewiesen worden, dass ‑ sofern nicht innerhalb der bis Ende Juli 2015 gesetzten Frist ein neuer Bauantrag gestellt werde ‑ die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes (Beseitigung) zu verfügen wäre. Ein weiterer Bauantrag sei nicht gestellt worden. Die Bewilligung einer Ausnahme vom Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde S. gemäß § 22 Abs. 2 Vorarlberger Raumplanungsgesetz (RPG) betreffend das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben sei letztlich mit Erkenntnis des LVwG vom 19. April 2021 versagt worden.
In seiner rechtlichen Beurteilung führte das LVwG aus, ein Architekt unterliege dem Ziviltechnikergesetz (§ 1 Abs. 2 Z 1 ZTG). Da sich Architekt DI H. in seinem Schreiben vom 6. Juli 2015 auf eine erteilte Vollmacht berufen habe, sei die Behörde zu Recht von einer rechtswirksamen Zurückziehung des Bauantrages ausgegangen, obwohl keine Vollmacht beigeschlossen gewesen sei. Dies auch deshalb, weil der Revisionswerber auf die beiden zeitnah verfassten E‑Mails nicht regiert habe.
In weiterer Folge begründete das LVwG, dass das verfahrensgegenständliche Bauwerk (Terrassenkonstruktion mit einem Pool auf einem Stützbauwerk mit einer Gesamthöhe von drei Metern, zu deren fachgerechter Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich seien und die mit dem Boden in Verbindung stehe) bewilligungspflichtig sei, keine Baubewilligung vorliege und daher der gegenständliche Beseitigungsantrag zu Recht erlassen worden sei. Darüber hinaus hätte eine Baubewilligung aufgrund eines Widerspruchs zum Flächenwidmungsplan auch nicht erteilt werden können; eine Ausnahmebewilligung gemäß § 22 Abs. 2 RPG sei nicht erteilt worden.
5 In der Zulässigkeitsbegründung bringt der Revisionswerber zunächst vor, eine Vollmacht von Architekt DI H. zur Zurückziehung des Bauantrages im Jahr 2015 sei nicht aktenkundig, der Revisionswerber habe keine Zustimmung zur Zurückziehung erteilt, das Verfahren über den Bauantrag sei noch offen.
6 Gemäß § 4 Abs. 1 ZTG sind Ziviltechniker auf dem gesamten, von ihrer Befugnis umfassten Fachgebiet zur berufsmäßigen Vertretung vor Behörden berechtigt. Wenn ein Bauprojekt (vgl. § 4 Abs. 2 lit a ZTG) Gegenstand der Entscheidung eines hoheitlich handelnden Organs ist, ist daher davon auszugehen, dass der dieses konkrete Projekt planende Ziviltechniker in den diesbezüglichen Verfahren auch zur berufsmäßigen Vertretung vor dem jeweiligen Entscheidungsträger befugt ist (vgl. VwGH 23.1.2018, Ra 2017/05/0090, Rn. 48).
Der Revisionswerber wendet sich nicht gegen die Feststellungen des LVwG betreffend die Zurückziehung des von Architekt DI H. verfassten Bauantrages durch diesen mit Schriftsatz vom 6. Juli 2015. Er bestreitet auch nicht, dass Architekten dem ZTG unterliegen. Angesichts der oben widergegebenen hg. Rechtsprechung und der Tatsache, dass der Revisionswerber zwei eindeutigen Nachrichten der Bauverwaltung M nicht widersprochen hatte, durfte das LVwG davon ausgehen, dass der mit Eingabe vom 1. Juli 2015 gestellte Antrag auf Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung durch die mit Schriftsatz vom 6. Juli 2015 erfolgte Zurückziehung durch Architekt DI H. dem Revisionswerber zuzurechnen ist. Das weitere Vorbringen, wonach ein Beseitigungsauftrag nicht während eines anhängigen Bauverfahrens erteilt werden dürfe, geht somit ins Leere.
7 Den Feststellungen des LVwG zufolge, die mit den vorgelegten Verfahrensakten in Einklang stehen, wurde das Verfahren gemäß § 22 RPG mit Erkenntnis des LVwG vom 19. April 2021 abgeschlossen und damit die nachträgliche Bewilligung einer Ausnahme vom Flächenwidmungsplan für die Errichtung der Terrasse samt Swimmingpool auf der als „Freilandfläche‑Landwirtschaftsgebiet“ gewidmeten Liegenschaft rechtskräftig versagt. Auf das Vorbringen in Zusammenhang mit dem RPG war daher schon aus diesem Grund nicht mehr einzugehen.
Der Alternativbegründung des LVwG, wonach eine Baubewilligung aufgrund eines Widerspruchs zum Flächenwidmungsplan auch nicht erteilt werden könnte, tritt der Revisionswerber nicht entgegen.
8 Soweit der Revisionswerber Verfahrensfehler in Zusammenhang mit der Beurteilung des Pools als Bauwerk im Sinn des § 2 Abs. 1 lit. f BauG durch das LVwG geltend macht, berührt der vorliegende Fall keine Fragen, die über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzen oder die es im Einzelfall erforderlich machen, aus Gründen der Rechtssicherheit korrigierend einzugreifen (vgl. zu dieser Rechtsprechung u.a. VwGH 22.12.2015, Ra 2015/06/0114, mwN).
Zum behaupteten Abweichen des angefochtenen Erkenntnisses von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Aufnahme sämtlicher relevanter Beweisanträge legt die Revision nicht konkret bezogen auf den Sachverhalt unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes dar, von welcher hg. Rechtsprechung ihrer Ansicht nach das LVwG in welchen Punkten abgewichen sein soll (vgl. etwa VwGH 22.12.2020, Ra 2020/06/0199, Rn. 16, mwN). Ob eine Beweisaufnahme im Sinn der hg. Rechtsprechung notwendig ist, unterliegt darüber hinaus der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B‑VG läge in diesem Zusammenhang nur dann vor, wenn diese Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (vgl. etwa VwGH 21.12.2020, Ra 2020/07/0114, Rn. 12, mwN). Eine derart krasse Fehlbeurteilung legt der Revisionswerber mit seinem Zulässigkeitsvorbringen jedenfalls nicht dar.
9 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher zurückzuweisen.
10 Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 29. Juli 2021
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