VwGH Ra 2021/02/0086

VwGHRa 2021/02/008621.4.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision des K in A, vertreten durch Mag. Marco Kunczicky und Mag. Amelie Kunczicky, Rechtsanwälte in 6280 Zell am Ziller, Unterau 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 1. Februar 2021, LVwG‑2020/20/1813‑4, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Schwaz), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
StVO 1960 §5 Abs2
StVO 1960 §99 Abs1 litb
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2021020086.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 29. Juni 2020 wurden über den Revisionswerber wegen dreier ‑ jeweils auch nach Tatort und Tatzeit näher bezeichneter ‑ Übertretungen der StVO Geld- sowie Ersatzfreiheitsstrafen verhängt. Der Spruch des Straferkenntnisses lautete hinsichtlich der dritten Übertretung wie folgt: „Sie haben sich nach Aufforderung durch ein besonders geschultes Organ der Bundespolizei geweigert, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei vermutet werden konnte, dass Sie zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort das angeführte Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt haben“. Hinsichtlich dieser Übertretung habe der Revisionswerber § 5 Abs. 2 StVO verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe von € 1.600,‑ ‑ (Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Tagen) gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO verhängt wurde.

2 Dagegen erhob der Revisionswerber Beschwerde. Das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) wies die Beschwerde zum ersten Spruchpunkt des Straferkenntnisses mit einer näheren Maßgabenbestimmung als unbegründet ab und verpflichtete den Revisionswerber zur Zahlung eines Beitrages zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens (Spruchpunkt I.). Hinsichtlich des zweiten Spruchpunktes des Straferkenntnisses wurde der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis insoweit aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt (Spruchpunkt II.). Mit Spruchpunkt III. wurde der Beschwerde hinsichtlich des Spruchpunktes 3. insoweit teilweise Folge gegeben, als die Ersatzfreiheitsstrafe auf 14 Tage herabgesetzt wurde. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen, die verletzten Verwaltungsvorschriften sowie die Strafsanktionsnorm ihrer Fassung nach näher konkretisiert und kein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens vorgeschrieben. Die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG erklärte das LVwG für nicht zulässig.

3 Hinsichtlich der Übertretung des § 5 Abs. 2 StVO stellte das LVwG u.a. fest, dass der Revisionswerber ungewöhnlich aufgebracht gewesen und daher vom GI H „zum Alkotest“ aufgefordert worden sei. Der Revisionswerber habe die Amtshandlung insgesamt, insbesondere aber die Beanstandung wegen des Radfahrens und die Aufforderung zum Alkotest als Schikane betrachtet. Er sei der Aufforderung zur Ablegung eines Alkotests nicht nachgekommen. Nach Wegfahrt und Rückkehr des Revisionswerbers zur Amtshandlung hatte der GI H nicht die Absicht, diesem neuerlich bzw. eine weitere Möglichkeit zur Ablegung eines Alkotests einzuräumen. Der GI H teilte dem Revisionswerber mit, dass er diesen Test zuvor verweigert habe.

4 Das LVwG erläuterte seine Beweiswürdigung, die rechtlichen Überlegungen sowie die Strafbemessung.

5 Gegen Spruchpunkt III. dieses Erkenntnisses richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision ‑ gesondert ‑ vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Zur Zulässigkeit der Revision wird zunächst ausgeführt, das LVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil es die Rechtsfolgen der Verweigerung eines Alko‑Vortests falsch beurteilt habe. In der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 2008, 2008/11/0134, erwähne der Verwaltungsgerichtshof die Gesetzesmaterialien zur 21. StVO‑Novelle, wonach mit einer Verweigerung eines Alko‑Vortests keinerlei verwaltungsstrafrechtliche Konsequenzen verbunden seien.

10 Überdies fehle es an einer dezidierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes, obwohl in den Gesetzesmaterialien zur 21. StVO‑Novelle und in der Literatur die Sanktionslosigkeit der Weigerung der Überprüfung der Atemluft erwähnt werde.

11 Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, ist der festgestellte Sachverhalt. Entfernt sich der Revisionswerber bei der Zulässigkeitsbegründung vom festgestellten Sachverhalt, kann schon deshalb keine fallbezogene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegen (vgl. etwa VwGH 6.7.2018, Ra 2017/02/0106; VwGH 25.6.2020, Ra 2018/07/0442, jeweils mwN).

12 Das LVwG stellte nicht fest, dass der Revisionswerber zur Ablegung eines Alkoholvortests aufgefordert worden sei, sondern zur „Ablegung eines Alkotests“. Bereits aus diesem Grund stellt sich im vorliegenden Verfahren keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung.

13 Darüber hinaus ist auf Folgendes hinzuweisen: Über die näheren Umstände der Durchführung einer Atemluftprobe bestimmt allein das jeweils einschreitende Organ. Der Aufgeforderte hat weder ein Bestimmungsrecht hinsichtlich Ort und Zeit der Atemluftprobe noch kommt ihm ein Wahlrecht zur Art der Untersuchung zu. Das Gesetz räumt dem zur Alkoholuntersuchung Aufgeforderten kein Recht ein, die Untersuchung mit dem Hinweis zu verweigern, es sei kein Atemalkoholmessgerät an Ort und Stelle (vgl. z.B. VwGH 15.9.1999, 95/03/0232). Damit ist aber auch klargestellt, dass eine Aufforderung zur Atemluftalkoholuntersuchung unabhängig davon ergehen darf, ob sich ein Atemalkoholmessgerät zum Zeitpunkt der Aufforderung vor Ort befindet, erst ein Polizeifahrzeug mit Alkomat zum Anhalteort beordert werden muss, um die Messung durchzuführen oder diese Messung bei der nächsten Polizeidienststelle, bei der sich ein Atemalkoholmessgerät befindet, durchgeführt werden kann (vgl. VwGH 18.11.2011, 2008/02/0339).

14 Zur Frage der Verweigerung der Aufforderung zur Atemluftuntersuchung liegt somit Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor (vgl. auch VwGH 4.6.2004, 2004/02/0073; VwGH 27.2.2009, 2008/02/0377, jeweils mwN); ein Abweichen des LVwG hievon wird mit dem Zulässigkeitsvorbringen nicht dargetan.

15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 21. April 2021

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