VwGH Ra 2020/14/0342

VwGHRa 2020/14/03425.3.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, die Hofrätin Mag. Rossmeisel und den Hofrat Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, in der Revisionssache des A B, vertreten durch Dr. Roland Grilc, Mag. Rudolf Vouk, Dr. Maria Skof, MMag. Maja Ranc und Mag. Sara Grilc LL.M., Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Karfreitstraße 14/III, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Juli 2020, W235 2179405‑2/4E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2020140342.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Afghanistans, stellte am 4. Oktober 2015 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005. Diesen begründete er im Wesentlichen damit, er habe eine Frau kennen gelernt und diese heiraten wollen. Da deren Familie dagegen gewesen sei, sei er mit ihr in den Iran gezogen. Bei einer Rückkehr würde ihn die Familie der Frau umbringen. Im Beschwerdeverfahren stützte er sich weiters darauf, dass er mittlerweile zum christlichen Glauben konvertiert sei.

2 Der Beschwerde des Revisionswerbers gegen den antragsabweisenden Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21. November 2017 gab das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 1. April 2019 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht Folge.

3 Am 17. Februar 2020 stellte der Revisionswerber den hier gegenständlichen (Folge‑)Antrag auf internationalen Schutz. Er brachte vor, sein christlicher Glaube habe sich mittlerweile wesentlich vertieft. Er trage nun außerdem ein christliches Tattoo, welches in Afghanistan verboten sei.

4 Mit Bescheid vom 23. April 2020 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag gemäß § 68 AVG wegen entschiedener Sache zurück, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan zulässig sei, legte keine Frist für die freiwillige Ausreise fest und erließ ein Einreiseverbot für die Dauer von zwei Jahren.

5 Mit Erkenntnis vom 3. Juli 2020 wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die ordentliche Revision nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

6 Dagegen erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese mit Beschluss vom 9. Dezember 2020, E 3350/2020‑7, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In weiterer Folge wurde die gegenständliche Revision eingebracht.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 21.12.2020, Ra 2020/14/0422, mwN). Wird eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geltend gemacht, ist in der gesonderten Zulassungsbegründung konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 30.11.2020, Ra 2020/20/0328, mwN).

11 Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass ‑ auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst ‑ jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensmangels als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 5.11.2020, Ra 2020/14/0363, mwN).

12 In der vorliegenden Zulässigkeitsbegründung werden zwar eine Reihe von Rechtsfragen angeführt, hinsichtlich derer das Bundesverwaltungsgericht von näher bezeichneter Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sein soll. Sie unterlässt aber eine konkrete Bezugnahme auf das angefochtene Erkenntnis, seine Begründung und das durchgeführte Verfahren, sodass eine nachvollziehbare Darstellung dazu fehlt, warum konkret und fallbezogen die behauptete Abweichung vorliegen soll. Soweit die Zulassungsbegründung Verfahrensmängel rügt, lässt sie überdies die erforderliche Relevanzdarstellung vermissen. Das pauschale Vorbringen, das Bundesverwaltungsgericht „wäre zu Feststellungen gelangt, auf Basis welcher den Anträgen des Revisionswerbers Folge zu geben wäre“ reicht dafür nicht aus.

13 Die Revision regt weiters (außerhalb des Zulässigkeitsvorbringens) die Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union zur Vereinbarkeit „einer nationalen Praxis über Asylwerber aus Afghanistan“ mit Art. 10 Abs. 3 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie) an. Es ist ihr jedoch nicht zu entnehmen, inwiefern der Verfahrensausgang konkret von der formulierten Frage des Unionsrechts abhängen soll. Eine zur Zulässigkeit der Revision führende Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG wird schon deshalb auch damit nicht dargelegt.

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 5. März 2021

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