VwGH Ra 2018/06/0098

VwGHRa 2018/06/009812.10.2021

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, BA, in der Revisionssache des Dr. M K in T (Deutschland), vertreten durch Dr. Robert Galler, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Viktor‑Keldorfer‑Straße 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 4. April 2018, 405‑3/290/1/8‑2018, betreffend Übertretung des Salzburger Raumordnungsgesetzes 2009 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg), den Beschluss gefasst:

Normen

BauRallg
ROG Slbg 2009 §31 Abs2 idF 2011/053
ROG Slbg 2009 §5 Z17 litb idF 2017/082
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2021:RA2018060098.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg (LVwG) wurde die vom Revisionswerber gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 19. September 2017, mit dem dem Revisionswerber eine Übertretung des § 78 Abs. 1 Z 3 erster Fall in Verbindung mit § 31 Abs. 1, 2 und 3 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 (ROG 2009) zur Last gelegt und über ihn eine Strafe in der Höhe von € 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden) verhängt worden war, erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Das LVwG erklärte eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig.

2 Dem Revisionswerber wurde vorgeworfen, am 15. April 2017 eine näher genannte Wohnung in S. als Zweitwohnung zu Freizeit- bzw. Urlaubszwecken genutzt zu haben, obwohl eine Verwendung als Zweitwohnung nur in ausgewiesenen Zweitwohnungsgebieten zulässig sei. So habe eine Erhebung vor Ort am 15. April 2017 ergeben, dass der Eigentümer der Wohnung (Revisionswerber) eine Festspielaufführung mit seiner Frau besucht und die Wohnung mit seiner Familie zu Urlaubszwecken ab Gründonnerstag 2017 für ca. eine Woche genutzt habe.

3 Das LVwG stellte unter anderem fest, dass der Revisionswerber seinen Lebensmittelpunkt an einer näher genannten Adresse in Deutschland habe. Er sei gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin und seinem Sohn am 13. April 2017 (Gründonnerstag) nach S. gereist, wo er mit seiner Familie in seiner Wohnung übernachtet habe. Am 7. April 2017, am 9. April 2017 und am 11. April 2017 habe von einem Erhebungsorgan des Magistrates der Landeshauptstadt Salzburg festgestellt werden können, dass der zur Wohnung des Revisionswerbers gehörende Postkasten mit Postsendungen überquelle. Am 14. April 2017 (Karfreitag) sei der Postkasten dann leer und die Einwurföffnung des Postkastens zugeklebt gewesen. Am 15. April 2017 (Karsamstag) habe das Erhebungsorgan den Sohn des Revisionswerbers in der Wohnung angetroffen, der dem Erhebungsorgan Zutritt zur Wohnung gewährt habe. Der Revisionswerber und seine Lebensgefährtin seien zu diesem Zeitpunkt bei einer Aufführung der Osterfestspiele Salzburg gewesen. Der Sohn des Revisionswerbers habe gegenüber dem Erhebungsorgan geäußert, dass die Familie noch bis „kommende Woche“ in S. bleiben würde. Das Erhebungsorgan habe am 15. April 2017 Lichtbilder von der im Wesentlichen möblierten und mit näher beschriebenen Einrichtungs- und Kleidungsgegenständen, Küchenutensilien und Lebensmitteln ausgestatteten Wohnung angefertigt.

4 In den zwölf Monaten vor dem 15. April 2017 sei der Revisionswerber jedenfalls weitere zwei‑ bis dreimal in der Wohnung gewesen (was sich aus den Angaben des Revisionswerbers, seiner Lebensgefährtin und seines Sohnes in der mündlichen Verhandlung vor dem LVwG ergebe). Der Sohn des Revisionswerbers habe angegeben, dass er selbst seit der Anschaffung der Wohnung durch seinen Vater sechsmal und seine Eltern („vielleicht“) achtmal in der Wohnung gewesen seien. Der Revisionswerber nutze mit seiner Familie die Aufenthalte in S. ‑ so wie auch an dem gegenständlichen Osterwochenende 2017 ‑ auch dazu, in einem näher genannten „Outlet Center“ unter anderem Kleidung einzukaufen.

5 Schließlich stellte das LVwG den in näher bezeichneten Zeiträumen erfolgten Strom- und Wasserverbrauch und den Heizungsbedarf fest. Der gesamte Wasserverbrauch von 11 m³ in einem Zeitraum von etwa 27 Monaten bei der Annahme eines durchschnittlichen Wasserverbrauches von 300 Liter am Tag ergebe eine Benützung der Wohnung an ca. 36 Tagen.

6 Feststellungen in Zusammenhang mit der in der Beschwerde behaupteten, beim Ankauf der Wohnung bestehenden Absicht des Revisionswerbers zur Gründung einer Zweigniederlassung seiner in Deutschland befindlichen Gemeinschaftspraxis für Kieferorthopädie in S. seien aus rechtlichen Erwägungen nicht erforderlich gewesen.

7 Gemäß § 31 Abs. 1 ROG 2009, LGBl. Nr. 30/2009 in der zur Tatzeit geltenden Fassung LGBl. Nr. 53/2011, sei eine Verwendung als Zweitwohnung nur in ausgewiesenen Zweitwohnungsgebieten zulässig. Eine Verwendung als Zweitwohnung liege nach § 31 Abs. 2 erster Satz ROG 2009 vor, wenn Wohnungen oder Wohnräume dem Aufenthalt während des Urlaubs, des Wochenendes oder sonstigen Freizeitzwecken dienten und diese Nutzung nicht im Rahmen des Tourismus (gewerbliche Beherbergung, Privatzimmervermietung und dgl.) erfolge.

8 Nach den getroffenen Feststellungen habe der Revisionswerber seine Wohnung zu Freizeit- bzw. Urlaubszwecken genutzt. Die beschriebenen Tätigkeiten, nämlich der Besuch von Aufführungen der Osterfestspiele und das Einkaufen in einem Shoppingcenter, stellten unzweifelhaft ein Verhalten zu Freizeit- und Urlaubszwecken dar. Zu den Angaben des Revisionswerbers in der mündlichen Verhandlung, man habe in der Wohnung in S. Batterien der Fernbedienung der elektrischen Jalousien gewechselt und ein Problem mit dem Geschirrspüler behoben bzw. es habe am 16. April 2017 (Ostersonntag) ein Handwerker einen Schaden bei einem Griff eines Kastens und einer Lampe am Hinterkopf des Bettes aufgenommen, hielt das LVwG fest, dass nach den Erläuternden Bemerkungen zum ROG 2009 die Ausschließlichkeit einer Nutzung für Freizeit- bzw. Urlaubszwecke für die Annahme der Zweitwohnnutzung im Sinne des § 31 Abs. 2 ROG 2009 nicht gefordert sei. Werde der Aufenthalt ‑ wie vorliegend vom Revisionswerber behauptet ‑ auch geringfügig zur Verwaltung der Wohnung genutzt, so schade dies der Annahme der Verwendung der Wohnung als Zweitwohnung im Sinne des § 31 Abs. 1 und Abs. 2 ROG 2009 nicht. Es sei jedenfalls davon auszugehen, dass der Aufenthalt des Revisionswerbers mit seiner Familie in der Wohnung überwiegend Freizeit- bzw. Urlaubszwecken (Besuch jedenfalls einer Aufführung der Osterfestspiele, Shopping im Einkaufszentrum) gedient habe und nicht die Verwaltung der Wohnung Hauptzweck des Aufenthaltes des Revisionswerbers in S. gewesen sei.

9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

10 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

13 In der Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit unter Bezugnahme auf § 31 Abs. 2 ROG 2009 ausgeführt, der Gesetzgeber stelle einerseits darauf ab, dass eine Wohnung zu einem bestimmten Gebrauch diene, andererseits, dass eine Nutzung zu diesem Gebrauch vorliege. Schon begrifflich liege hier ein Unterschied vor. Eine Wohnung diene dem Aufenthalt während des Urlaubs, des Wochenendes, oder sonstigen Freizeitzwecken, wenn sie dafür bestimmt sei (Hinweis auf Duden zur Definition des Wortes „dienen“) und komme es hier auf eine gewisse Absicht des Wohnungseigentümers, die Ausstattung der Wohnung und dergleichen an. Eine Nutzung zum Aufenthalt während des Urlaubs, des Wochenendes, oder zu sonstigen Freizeitzwecken müsse faktisch gegeben sein (Hervorhebungen im Original).

14 Das LVwG sei der Ansicht, dass es nur darauf ankomme, ob eine Wohnung während des Urlaubs, des Wochenendes oder zu sonstigen Freizeitzwecken genutzt werde. Die alleinige Nutzung zu diesen Zwecken ‑ so die Zulässigkeitsausführungen ‑ sei jedoch zu wenig, es komme auch darauf an, dass Wohnungen oder Wohnräume dem Aufenthalt während des Urlaubs, des Wochenendes oder sonstigen Freizeitzwecken dienten. Ansonsten wäre jede Nutzung einer Wohnung während des Urlaubs, am Wochenende oder zu Freizeitzwecken untersagt.

15 Diese Ausführungen übersehen, dass genau so eine Nutzung vom LVwG festgestellt wurde. Wenn eine Wohnung zu einem bestimmten Zweck genutzt wird, dann dient sie diesem Zweck. Der Hinweis auf Duden bestätigt somit die Auffassung des LVwG.

16 Aus welchem Grund eine ursprünglich beabsichtigte andere Nutzung der Wohnung nicht verwirklich wurde, ist unerheblich.

17 Das Zulässigkeitsvorbringen, es sei während eines notwendigen Aufenthalts zu Wartungszwecken auch eine Vorstellung der Osterfestspiele besucht und Kleidung gekauft worden und es stehe seither die Wohnung wieder leer, entfernt sich von dem oben wiedergegebenen, vom LVwG festgestellten Sachverhalt. Dass diese Sachverhaltsfeststellungen an einem wesentlichen Verfahrensmangel litten, wird nicht im entferntesten aufgezeigt.

18 Auch der Verweis des Revisionswerbers auf die mit 1. Jänner 2019 in Kraft getretene Novelle zum ROG 2009 zeigt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf. Abgesehen davon, dass sich dieses Vorbringen auf eine hier nicht anzuwendende Rechtslage bezieht, definiert etwa die lit. b des in der Revision zitierten § 5 Z 17 ROG 2009 in der Fassung LGBl. Nr. 82/2017 den Begriff „Verwendung als Zweitwohnsitz“ als „Innehabung unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass die Wohnung beibehalten und zum Wohnen oder Schlafen (tatsächlich) benutzt wird“. Auch hier stellt der Gesetzgeber somit auf die Art der Nutzung der Wohnung ab (vgl. auch die Erläuterungen (Nr. 307 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages; 5. Session der 15. GP) zu dieser Novelle, in denen etwa die nur zeitweilige Verwendung von Wohnungen als eigentliche raumplanerischen Problematik der Verwendung von Wohnungen als Zweitwohnungen bezeichnet wird).

19 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 12. Oktober 2021

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