VwGH Ra 2020/14/0503

VwGHRa 2020/14/050321.12.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Gnilsen, in der Revisionssache der A B, vertreten durch Mag. Dr. Bernhard Rosenkranz, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Plainstraße 23, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Oktober 2020, L506 2178447‑1/15E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020140503.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin, eine iranische Staatsangehörige, stellte am 11. Mai 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete sie damit, dass sie im Iran Hauskirchen besucht habe und zum Christentum habe konvertieren wollen.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies diesen Antrag mit Bescheid vom 3. September 2014 gemäß § 5 Asylgesetz 2005 als unzulässig zurück und sprach aus, dass Bulgarien für die Prüfung des Antrags gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin III‑Verordnung zuständig sei. Des Weiteren wurde die Außerlandesbringung der Revisionswerberin angeordnet und festgestellt, dass deren Abschiebung nach Bulgarien zulässig sei.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 29. September 2014 als unbegründet ab.

4 Am 16. April 2015 stellte die Revisionswerberin nach Wiedereinreise in das Bundesgebiet einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz, weil sich ihr Vater mittlerweile in Österreich befinde. Im Laufe des Verfahrens legte sie eine Bestätigung über ihre Taufe und gleichzeitig erfolgter Firmung vor.

5 Das BFA wies diesen Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 20. Oktober 2017 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten als auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte der Revisionswerberin keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass ihre Abschiebung in den Iran zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise setzte die Behörde mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

6 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis wies das BVwG die dagegen erhobene Beschwerde nach Durchführung einer Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das BVwG habe im Zusammenhang mit dem vorgebrachten Religionswechsel der Revisionswerberin eine unvertretbare Beweiswürdigung vorgenommen, weil es von einer Scheinkonversion ausgegangen sei und die Angaben der Revisionswerberin, die ihre spirituelle und innere Glaubensüberzeugung zum Ausdruck brächten, nicht erkannt habe. Weiters habe das BVwG den Angaben des als Zeugen einvernommenen Priesters nicht die gebührende Bedeutung beigemessen, sondern sich darauf zurückgezogen, dieser würde nur nach außen in Erscheinung tretende Faktoren der Konversion der Revisionswerberin wiedergeben. Es wäre aber am Gericht gelegen, den Zeugen detaillierter zur inneren Glaubenshaltung und Spiritualität der Revisionswerberin zu befragen. Darüber hinaus habe das BVwG das Schreiben des Zeugen vom 24. Juli 2019 nicht berücksichtigt.

11 Soweit sich die Revision mit ihrem Vorbringen gegen die Beweiswürdigung des BVwG wendet, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach dieser als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Die Beweiswürdigung ist damit nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges (nicht aber die konkrete Richtigkeit) handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 10.9.2018, Ra 2018/19/0390, mwN).

12 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung der vorliegenden Beweismittel, etwa von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten, zu ermitteln ist. In Bezug auf die asylrechtliche Relevanz einer Konversion zum Christentum ist nicht entscheidend, ob der Religionswechsel durch die Taufe erfolgte oder bloß beabsichtigt ist. Wesentlich ist vielmehr, ob der Fremde bei weiterer Ausübung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Fall seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden. Maßgebliche Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel sind beispielsweise das Wissen über die neue Religion, die Ernsthaftigkeit der Religionsausübung, welche sich etwa in regelmäßigen Gottesdienstbesuchen oder sonstigen religiösen Aktivitäten manifestiert, eine mit dem Religionswechsel einhergegangene Verhaltens‑ bzw. Einstellungsänderung des Konvertiten sowie eine schlüssige Darlegung der Motivation bzw. des auslösenden Moments für den Glaubenswechsel (vgl. VwGH 10.9.2020, Ra 2020/14/0402 bis 0405, mwN).

13 Das BVwG führte eine Verhandlung durch, in der es sich einen persönlichen Eindruck von der Revisionswerberin verschaffte, sie zu ihren religiösen Aktivitäten sowohl im Herkunftsstaat als auch in Österreich und den Motiven zum behaupteten Religionswechsel befragte sowie den Priester der Pfarre, der die Revisionswerberin angehört, als Zeugen einvernahm. Das BVwG gelangte mit ausführlicher Begründung unter Einbeziehung sämtlicher Angaben der Revisionswerberin sowie des vernommenen Zeugen in einer Gesamtschau zur Auffassung, dass das Vorbringen der Revisionswerberin zu den Gründen ihrer Flucht unglaubwürdig sei und ein aus innerer Überzeugung vollzogener Religionswechsel nicht vorliege. Der christliche Glaube sei nicht Bestandteil ihrer Identität geworden. Entgegen dem Revisionsvorbringen hat das BVwG in seine beweiswürdigenden Erwägungen auch das in der Revision angesprochene Schreiben des Zeugen miteinbezogen. Der Revision gelingt es nicht, eine Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung aufzuzeigen.

14 Soweit die Revision eine weitergehende Fragestellung an den Zeugen als erforderlich erachtet somit einen Ermittlungsmangel geltend macht, ist darauf hinzuweisen, dass auch in der Zulassungsbegründung - in der dafür gebotenen Kürze - die Relevanz eines behaupteten Verfahrensfehlers für den Verfahrensausgang darzutun ist (vgl. VwGH 29.4.2019, Ra 2019/20/0152, mwN). Die Revision unterlässt es aber darzustellen, was der Zeuge im Fall seiner (ergänzenden) Vernehmung ausgesagt hätte und welche (anderen oder ergänzenden) Feststellungen auf Grund dessen zu treffen gewesen wären.

15 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 21. Dezember 2020

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