VwGH Ra 2020/01/0414

VwGHRa 2020/01/041430.12.2020

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision des Mag. G P in L, vertreten durch Mag. Dr. Andreas Mauhart, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Jahnstraße 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 22. September 2020, Zl. LVwG‑750929/4/MZ/MAH, betreffend Namensänderungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz), den Beschluss gefasst:

Normen

NÄG 1988 §3 Abs1 Z2
NÄG 1988 §3 Abs1 Z7

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020010414.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde in der Sache der Antrag des Revisionswerbers auf Änderung seines Familiennamens in „S“ gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 dritter Fall Namensänderungsgesetz, BGBl. I Nr. 195/1988 idF BGBl. I Nr. 105/2019 (NÄG), abgewiesen (1.) und eine Revision für unzulässig erklärt (2.).

2 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, der Name sei eine vom Revisionswerber geschaffene Eigenkreation. Ein realer Bezugspunkt in der gesellschaftlichen Entwicklung der Namen in Österreich sei nicht vorgebracht worden. Dass der Revisionswerber den Namen mit seiner Kunst verbinde und der Name in seinem Bekannten- und Familienkreis geläufig sei, finde im Zusammenhang mit der beantragten Namensänderung keine Berücksichtigung. Der Name stehe auch in keinem Zusammenhang mit historischen oder derzeitigen Familiennamen des Revisionswerbers. Mangels Gerbräuchlichkeit des gewünschten Namens im Inland sei daher spruchgemäß zu entscheiden.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit alleine vor, die angefochtene Entscheidung sei „die soweit bislang einzige (bekannte) verwaltungsgerichtliche Entscheidung, in der inhaltlich zu überprüfen gewesen wäre, ob der Name ‚S‘ gemäß dem NÄG als Familienname verwendet werden kann oder nicht“.

8 In der gesonderten Zulassungsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 9.11.2020, Ra 2020/01/0247, mwN).

9 Mit der vorliegenden Zulässigkeitsbegründung wird keine konkrete Rechtsfrage ausgeführt.

10 Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof zur Gebräuchlichkeit von Familiennamen nach § 3 Abs. 1 Z 2 dritter Fall NÄG („für die Kennzeichnung von Personen im Inland nicht gebräuchlich“) bereits klargestellt, dass ein gewählter Name, der für die Kennzeichnung von Personen im Inland nicht gebräuchlich ist, einer Bewilligung der Namensänderung auch dann entgegensteht, wenn die gewählte Bezeichnung für sich allein genommen weder lächerlich noch anstößig wäre. Weiter ist nach dem maßgeblichen Gesetzeswortlaut des § 3 Abs. 1 Z. 2 NÄG auf das Inland abzustellen (vgl. zu allem VwGH 7.12.2011, 2010/06/0276; zur Gebräuchlichkeit von Vornamen nach § 3 Abs. 1 Z 7 NÄG vgl. VwGH 30.9.2020, Ro 2020/01/0013).

11 Zur Gebräuchlichkeit von Vornamen nach § 3 Abs. 1 Z 7 NÄG (wenn „der beantragte Vorname nicht gebräuchlich ist“) hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass es darauf ankommt, ob der Vorname im In- oder Ausland „gebräuchlich“, also üblich oder (weit) verbreitet ist. Dies ist jedenfalls dann nicht anzunehmen, wenn es sich um sinnlose Buchstaben‑ oder Zahlenkombinationen oder um Vornamen handelt, mit denen im üblichen Sprachgebrauch ausschließlich Tiere, Pflanzen oder leblose Dinge bezeichnet werden. Der Vorname muss einen realen Bezugspunkt in der gesellschaftlichen Entwicklung der Namen haben und darf nicht frei erfunden werden (vgl. VwGH 30.9.2020, Ro 2020/01/0013, mwN insbesondere auch auf Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes [VfGH]).

12 Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist die Auslegung des § 3 Abs. 1 Z 2 dritter Fall NÄG bereits geklärt und ist nach dieser Bestimmung eine Eigenkreation eines Familienamens ohne realen Bezugspunkt in der gesellschaftlichen Entwicklung der Namen im Inland nicht zulässig.

13 Verfassungsrechtlich hat der VfGH zu § 3 Abs. 1 Z 2 NÄG klargestellt, dem Gesetzgeber ist „nicht entgegenzutreten, wenn er mit dem dritten Tatbestand des § 3 Abs. 1 Z 2 NÄG darauf abstellt, dass Familiennamen einen realen Bezugspunkt in der gesellschaftlichen Entwicklung der Namen in Österreich haben müssen und nicht frei erfunden werden dürfen. Indem der Gesetzgeber aber darauf abstellt, ob sich ein bestimmter Begriff als Familienname in der Gesellschaft herausgebildet hat, stellt er notwendig auf Entwicklungen in einer Gesellschaft ab (so führen insbesondere Migrationsbewegungen dazu, dass sich die in Österreich ‚gebräuchlichen‘ Familiennamen verändern). Insoweit haben Familiennamen, weil sie sich in aller Regel von Vorfahren ableiten, immer auch eine historische Dimension“ (vgl. VfGH 15.10.2016, E 880/2016, VfSlg. 20.100, Rn. 18).

14 Daher war der Anregung des Revisionswerbers, diese Bestimmung „auf Verfassungsrechtlichkeit überprüfen zu lassen“ (gemeint: gemäß Art. 140 Abs. 1 iVm Art. 89 Abs. 2 und Art. 135 Abs. 4 B‑VG beim VfGH einen Antrag auf Gesetzesprüfung zu stellen) nicht näher zu treten.

15 In der Revision werden aus diesen Gründen keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 30. Dezember 2020

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