VwGH Ra 2019/20/0311

VwGHRa 2019/20/031117.10.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie den Hofrat Dr. Schwarz und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision der F A in B, vertreten durch Dr. Gerda Schildberger, Rechtsanwältin in 8600 Bruck an der Mur, Mittergasse 14, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13. Mai 2019, Zl. I422 2216967- 1/8E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
MRK Art3
MRK Art8
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200311.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin, eine ägyptische Staatsangehörige, stellte am 11. August 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. Begründend führte die Revisionswerberin im Wesentlichen aus, dass ihre Familie aufgrund der politischen Aktivitäten ihres Vaters als Mitglied der Muslimbrüder unter Beobachtung stehe. Auf dem Weg zu einer Dialysebehandlung sei sie von der Polizei angehalten und kontrolliert worden. Die Revisionswerberin habe ihren Unmut hinsichtlich der politischen Situation in ihrem Herkunftsstaat auf Facebook geäußert. Im Fall ihrer Rückkehr in den Herkunftsstaat fürchte die Revisionswerberin verhaftet zu werden.

2 Mit Bescheid vom 4. März 2019 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag der Revisionswerberin auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte ihr keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung der Revisionswerberin nach Ägypten zulässig sei und legte eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise fest. 3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis - nach Durchführung einer Verhandlung - als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Zur Begründung der Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, dass es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Frage der Zulässigkeit einer Abschiebung in Bezug auf den Herkunftsstaat der Revisionswerberin hinsichtlich der fehlenden bzw. unzureichenden medizinischen Möglichkeiten einer Dialysebehandlung fehle. 8 In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in Österreich zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung in seinem Herkunftsstaat nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, soweit der Betroffene tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung hat. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt eine Abschiebung in den Herkunftsstaat zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Herkunftsstaat oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt (vgl. etwa VwGH 12.6.2018, Ra 2018/20/0284, mwN).

9 Dass das BVwG bei seiner Beurteilung, ob der Revisionswerberin im Fall ihrer Rückführung die reale Gefahr einer nach Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung drohe, die in der Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien missachtet hätte, wird in der Begründung der Zulässigkeit der Revision nicht dargelegt. 10 Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach festgehalten, dass eine Revisionswerberin, die - wie im vorliegenden Fall - ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet, in der gesonderten Zulassungsbegründung konkret darzulegen hat, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht (vgl. VwGH 8.7.2019, Ra 2019/20/0163, mwN). Mit der pauschalen Behauptung von schweren Mängeln des Ermittlungsverfahrens und der Beweiswürdigung sowie Begründungsmängeln wird die gegenständliche Revision jedoch den oben dargelegten Anforderungen an die Begründung der Zulässigkeit nicht gerecht.

11 Soweit die Revision schließlich die vom BVwG vorgenommene Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK beanstandet, ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel ist (vgl. VwGH 11.6.2019, Ra 2019/20/0250, mwN).

12 Mit dem allgemein gehaltenen Vorbringen, der Rückkehrentscheidung liege keine angemessene Interessensabwägung zugrunde, gelingt es der Revision nicht aufzuzeigen, dass die Interessenabwägung des BVwG fallbezogen unvertretbar wäre. 13 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 17. Oktober 2019

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