VwGH Ra 2019/20/0164

VwGHRa 2019/20/016430.7.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Mag. Eder und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Rechtssache der Revision des Y M in W, vertreten durch Dr. Eike-Bernd Lindinger, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Wickenburggasse 26/5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Februar 2019, Zl. I417 2208738- 1/8E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

BFA-VG 2014 §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019200164.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Demokratischen Republik Kongo, stellte am 13. September 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005). Diesen begründete er damit, dass er einer Gruppe angehöre, welche die Regierung habe stürzen wollen, und deshalb von dieser verfolgt werde. Nach einer Verhaftung sei er in Gefangenschaft geraten, aus der er habe fliehen können. 2 Mit Bescheid vom 1. Oktober 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status als Asylberechtigten als auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in die Demokratische Republik Kongo zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 22. Februar 2019 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ohne Durchführung einer Verhandlung die dagegen erhobene Beschwerde ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. 4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 7 Zu ihrer Zulässigkeit führt die Revision aus, das BVwG habe zu Unrecht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen. Es widerspreche dem Art. 6 Abs. 2 EMRK, insbesondere wenn es um die Frage der Glaubwürdigkeit gehe, dass sich das Verwaltungsgericht ohne einen unmittelbaren Eindruck vom Revisionswerber der Beweiswürdigung einer anderen Behörde inhaltlich anschließe, die sich wiederum lediglich auf Widersprüche zwischen Erstbefragung und Einvernahme vor dem BFA ohne Berücksichtigung, dass der Revisionswerber aufgrund der zur Flucht führenden Umstände traumatisiert sei, stütze. Das BFA habe zudem keine aktuellen Länderberichte herangezogen, sondern Quellen aus dem Jahr 2015 bzw. 2016, allenfalls 2017.

8 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung nach § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG dann gerechtfertigt, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. aus der jüngeren Rechtsprechung etwa VwGH 12.3.2019, Ra 2018/18/0285; grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018).

9 Die vorliegende Revision zeigt mit ihrem lediglich allgemein gehaltenen Zulässigkeitsvorbringen nicht in hinreichend konkreter Weise auf, inwiefern das BVwG von diesen Leitlinien abgewichen wäre und die nach der dargestellten Rechtsprechung bestehenden Voraussetzungen für eine Abstandnahme von der mündlichen Verhandlung nicht vorgelegen wären. Die Ansicht, eine Verhandlung dürfe jedenfalls dann nicht unterbleiben, wenn es um die Frage der "Glaubwürdigkeit" gehe, entspricht nicht dem Gesetz (vgl. dazu jüngst VwGH 26.6.2019, Ra 2019/20/0285).

Entgegen dem Vorbringen des Revisionswerbers legte das BFA seinen Feststellungen das zum Zeitpunkt seiner Entscheidung aktuelle Länderinformationsblatt vom 22. August 2018 zugrunde. 10 Soweit der Revisionswerber die beweiswürdigenden Überlegungen zur Stichhaltigkeit des Fluchtvorbringens angreift, ist dem zu erwidern, dass der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig ist. Zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall Bedeutung besitzt (vgl. VwGH 6.12.2018, Ra 2017/01/0379, mwN). Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 27.11.2018, Ra 2018/14/0160, mwN). Die Revision zeigt nicht auf, dass die Beweiswürdigung unvertretbar wäre.

11 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 30. Juli 2019

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