VwGH Ra 2019/18/0186

VwGHRa 2019/18/01865.6.2019



Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Sutter als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des P N, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Jordangasse 7/4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. März 2019, Zl. W275 2211301- 1/2E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl; weitere Partei: Bundesminister für Inneres), den Beschluss gefasst:

Normen

BFA-VG 2014 §21 Abs7
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019180186.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger der Ukraine, stellte am 30. August 2014 gemeinsam mit seiner Familie einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 28. August 2018 wurde der mittlerweile volljährige Revisionswerber erstmals vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einvernommen und brachte als eigenen Fluchtgrund vor, die Militärpolizei würde ihn verhaften, wenn er seiner Wehrpflicht nicht nachkomme. 2 Mit Bescheid vom 9. November 2018 wies das BFA den Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nach § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass eine Abschiebung in die Ukraine zulässig sei. Die Frist für eine freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen festgesetzt.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) - ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Begründung der Zulässigkeit im Wesentlichen vorgebracht wird, das BVwG habe zu Unrecht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen und weiche daher von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, zumal keine aktuellen Länderberichte zur Sicherheitslage eingeholt worden seien und das BVwG sich einen persönlichen Eindruck über die Integration des Revisionswerbers hätte machen müssen. 5 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird. 8 Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

9 Soweit die Revision einen Verstoß des BVwG gegen die Verhandlungspflicht geltend macht, ist zunächst festzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum auch hier maßgeblichen § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG ein Absehen von der mündlichen Verhandlung dann gerechtfertigt ist, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt (vgl. grundlegend VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017 bis 0018).

10 Die Revision vermag mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen nicht aufzuzeigen, dass das BVwG von diesen Leitlinien abgewichen wäre. Wenn die Revision vorbringt, das BVwG hätte sich einen persönlichen Eindruck hinsichtlich der Integration des Revisionswerbers verschaffen müssen, so zeigt sie damit nicht auf, inwiefern in der Beschwerde ein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet worden wäre. Dass die Beschwerde der Beweiswürdigung des BFA substantiiert entgegengetreten wäre, behauptet die Revision aber ebensowenig. Ein Verstoß des BVwG gegen die Voraussetzungen für ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG wird damit im Ergebnis nicht dargelegt, zumal zwischen Bescheiderlassung des BFA und Erkenntnis des BVwG lediglich ein Zeitraum von fünf Monaten lag und das BVwG auch grundsätzlich davon ausgehen konnte, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist.

11 Im Falle von geltend gemachten Verfahrensmängeln setzt die Zulässigkeit einer Revision nach ständiger hg. Judikatur neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage auch abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird; das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen, für den Revisionswerber günstigeren, Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. VwGH 21.3.2018, Ra 2017/18/0416, mwN). Soweit die Revision einen Ermittlungsmangel betreffend veralteter Länderinformationen geltend macht, zeigt sie nicht auf, welche relevanten Feststellungen das BVwG unterlassen habe.

12 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG Abstand genommen werden.

13 In der Revision wurden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 5. Juni 2019

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