Normen
32011L0095 Status-RL Art8 Abs1;
32011L0095 Status-RL Art8 Abs2;
32013L0032 IntSchutz-RL Art10 Abs3 litb;
AsylG 2005 §3 Abs1;
EURallg;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019180032.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und der schiitischen Religionsgemeinschaft, ist Staatsangehöriger Afghanistans und stellte am 15. Dezember 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu seinen Fluchtgründen befragt gab er im Wesentlichen an, es habe in Afghanistan keine Arbeit und keine Sicherheit, kein Recht und keine Ordnung gegeben. Er habe sich nicht weiterbilden können. Darüber hinaus berief sich der Revisionswerber auf in seinem Herkunftsstaat bestehende Konflikte zwischen Schiiten und Sunniten sowie auf eine Diskriminierung der Volksgruppe der Hazara und der Angehörigen der schiitischen Religionsgemeinschaft.
2 Diesen Antrag wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Bescheid vom 20. April 2018 zur Gänze ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005, erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, legte eine vierzehntägige Frist für die freiwillige Ausreise fest und erließ ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.
4 Betreffend die Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz führte das BVwG im Wesentlichen begründend aus, der Revisionswerber habe keine individuelle Verfolgung aus politischen, religiösen oder ethnischen Gründen glaubhaft darlegen können. Im Fall einer Rückkehr des Revisionswerbers in seine Herkunftsstadt Kabul, wo er die Schule besucht und als Kellner gearbeitet habe und über ein soziales Netzwerk verfüge, drohe keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK. Im Übrigen stehe ihm auch eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative in den afghanischen Großstädten Herat und Mazare Sharif offen.
5 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit lediglich geltend gemacht wird, es fehle an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtswirkung der Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30. August 2018. Es sei bislang nicht klargestellt worden, ob es sich dabei um unverbindliche Empfehlungen handle oder ob die Behörden und Gerichte sich an diese Richtlinien zu halten hätten.
Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist den Richtlinien des UNHCR besondere Beachtung zu schenken ("Indizwirkung"). Diese Indizwirkung bedeutet zwar nicht, dass die Asylbehörden in Bindung an entsprechende Empfehlungen des UNHCR internationalen Schutz gewähren müssten. Allerdings haben sich die Asylbehörden (und dementsprechend auch das BVwG) mit den Stellungnahmen, Positionen und Empfehlungen des UNHCR auseinanderzusetzen und, wenn sie diesen nicht folgen, begründet darzulegen, warum und gestützt auf welche entgegenstehenden Berichte sie zu einer anderen Einschätzung der Lage im Herkunftsstaat gekommen sind. Dies gilt auch für die Richtlinien des UNHCR zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30. August 2018 (vgl. VwGH 13.12.2018, Ra 2018/18/0533, mwN). Entgegen der in der Zulässigkeitsbegründung vertretenen Ansicht fehlt es somit zur Frage der Rechtswirkungen der UNHCR-Richtlinien nicht an Rechtsprechung.
8 Im Übrigen bestreitet die Revision unter Hinweis auf die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30. August 2018 nur die vom BVwG angenommene inländische Fluchtalternative in der afghanischen Hauptstadt Kabul. Sie lässt dabei aber außer Acht, dass sich das BVwG hilfsweise auch auf die inländische Fluchtalternative in den Städten Herat und Mazar-e Sharif gestützt hat. Dem tritt die Revision nicht entgegen.
9 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 3. April 2019
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