VwGH Ra 2019/16/0068

VwGHRa 2019/16/006828.2.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und Hofrat Dr. Thoma sowie Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des Dr. HP in S, vertreten durch Mag. Albert H. Reiterer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfs-Kai 48, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom 10. August 2018, RV/6300010/2018, betreffend Versagung der Wiederaufnahme eines Finanzstrafverfahrens, den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019160068.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Erkenntnis vom 23. Februar 2017 hatte das Bundesfinanzgericht den Revisionswerber für schuldig erkannt, dass dieser als Abgabepflichtiger in den Jahren 2007 bis 2010 vorsätzlich unter Verletzung seiner abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht betreffend die Veranlagungsjahre 2006 bis 2009 eine Verkürzung an Einkommensteuer in Höhe von insgesamt EUR 11.374,52 bewirkt habe, indem er seine einkommensteuerpflichtigen selbständigen Einkünfte aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer nicht in entsprechenden Steuererklärungen bis zum Ablauf der jeweiligen gesetzlichen Erklärungsfrist offengelegt habe, weshalb die sich daraus ergebenden bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben in der genannten Höhe infolge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches nicht mit dem jeweiligen Ablauf dieser Fristen hätten festgesetzt werden können, und hiefür über ihn gemäß § 33 Abs. 5 iVm § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG eine Geldstrafe in Höhe von EUR 8.000,--, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 20 FinStrG in der Dauer von zwei Wochen verhängt.

2 In seiner Eingabe vom 21. Dezember 2017 beantragte der - rechtsfreundlich vertretene - Revisionswerber die Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 23. Februar 2017 abgeschlossenen Finanzstrafverfahrens, weil sich im Zuge der Verfassung einer Beschwerde gegen einen Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft herausgestellt habe, dass die ohne Zweifel existierende Pflichtversicherung nach dem ASVG nicht auf § 4 Abs. 4 leg.cit. (freie Dienstnehmerschaft), sondern auf § 4 Abs. 1 und 2 leg.cit. (echte Dienstnehmerschaft) fuße. Die Tatsache, dass die Bezüge des Revisionswerbers als Geschäftsführer im Rahmen einer nicht selbständigen Arbeit bezogen worden seien, bedeute, dass eine Verkürzungshandlung seinerseits gar nicht denkbar erscheine. Diese neue Tatsache sei erst augenscheinlich geworden, als der Revisionswerber ab 4. November 2017 begonnen habe, für die Verfassung der Beschwerde gegen den sozialversicherungsrechtlichen Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht zu ermitteln, um welche Art von Beschäftigung es sich bei der Arbeit als Geschäftsführer konkret gehandelt habe.

3 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Bundesfinanzgericht den Antrag auf Wiederaufnahme des Finanzstrafverfahrens als unbegründet ab, setzte die vom Revisionswerber zu tragenden Verfahrenskosten fest und sprach aus, dass gegen diese Entscheidung eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. Es seien - so die abschließende Begründung - im Ergebnis keine Tatsachen vorgebracht oder Beweismittel vorgelegt worden, welche als Gründe für die Wiederaufnahme in Betracht kämen:

sämtliche angesprochenen Tatsachen und Beweismittel, welche zum Zeitpunkt der Entscheidung des Finanzstrafsenates des Bundesfinanzgerichtes schon existiert hätten, seien dem Revisionswerber als Wiederaufnahmswerber während des Finanzstraf- und Beschwerdeverfahrens bekannt gewesen und seien entweder von ihm selbst in diversen Eingaben vorgetragen worden oder hätten vorgetragen oder vorgelegt werden können. Der Umstand, dass der Revisionswerber von einer von ihm selbst erfolgreich zu seiner Entlastung behaupteten abgabenrechtlichen Beurteilung seiner verheimlichten Einkünfte (einer Qualifizierung seiner Geschäftsführerbezüge im Rahmen seiner Tätigkeit als Unternehmensberater als selbständige Einkünfte) im Nachhinein wieder abweichen wolle, berühre das abgeschlossene Finanzstrafverfahren nicht.

Weiters begründete das Gericht die Festsetzung der Kosten des Wiederaufnahmeverfahrens und seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit einer Revision: dem angefochtenen Beschluss liege eine gesicherte Rechtslage zugrunde.

4 Die gegen diesen Beschluss erhobene außerordentliche Revision legt ihre Zulässigkeit wie folgt dar:

"Die Entscheidung widerspricht der Rechtsprechung des VwGH, weil ohne weitere Maßnahmen wie Weisungsfreistellung, Werkvertrag oder Auftrag, Vertretungsbefugnis, wesentliche Betriebsmittel usw. zwingend Dienstnehmereigenschaft vorliegt. Diese weiteren Maßnahmen wurden aber nicht getroffen (siehe dazu beil. Beschwerde an das BFG vom 14. 03. 2018.).

Die Dienstnehmereigenschaft ist ganz sicherlich eine neue Tatsache für das Finanzstrafverfahren ebenso wie für den RW.

Wenn der Beschluss das ignoriert, setzt er sich über den Grundsatz des Vorrangs der Rechtsrichtigkeit hinweg. Von einem fairen Verfahren kann jedenfalls schon seit Anbeginn nicht gesprochen werden.

Das BFG stützt seine Ablehnung der Wiederaufnahme auch darauf, dass die Zuordnung der GF zur Unternehmensberatung ja dem Willen des RW entsprochen habe. Er vermeint daher, bei diesem ein Mitverschulden für die unrichtige Beurteilung durch die Behörden und Verwaltungsgerichte zu orten. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass ein solches seit FVwGG 2012 ohne Bedeutung ist und genauso in die Rechtsprechung des VwGH eingeflossen ist. Auch diese Tatsache bewirkt, eine Zulässigkeit der a. o. Revision.

Insgesamt ist dem RW nur vor zu werfen, dass der Versuch des RW die Geschäftsführung als Selbständiger auszuüben, misslungen ist. Das ist aber nur allzu verständlich, wenn man bedenkt, dass

1) Die Selbständigkeit aus außersteuerlichen Gründen angestrebt wurde (nicht über die Stadtpolitik, um bei einem Scheitern nur einen Beratungsfehler verantworten zu müssen und nicht als Beamter verantwortlich gemacht werden zu können.

2) Die GF ohne weitere Maßnahmen wie Weisungsfreistellung, Anstellungsvertrag etc. der Unternehmensberatung in F zugerechnet wurde.

3) Eine Anstellung erstmals eine Lohnverrechnung notwendig gemacht hätte, was ja auch den Bund belastet hätte und die Konzentration auf das Projektgelingen erschwert hätte.

4) Der RW als ehemaliger Großbetriebsprüfer keine Erfahrung in der steuerlichen Lohnverrechnung hatte, sondern lediglich Bilanzen und die G&V im Focus hatte.

Dass bis zum Herbst 2017 seitens des RW keine Zweifel an der Zuordnung der Geschäftsführung zur Unternehmensberatung stützt sich auch auf die UB des Finanzamtes für die Löschung."

5 Gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Gemäß Art. 133 Abs. 9 B-VG sind auf die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte die für ihre Erkenntnisse geltenden Bestimmungen des Artikels sinngemäß anzuwenden.

7 Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).

8 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, oder konkret, welche Rechtsfrage bisher uneinheitlich oder noch nicht beantwortet wird. Dem Gebot der gesonderten Darstellung der Gründe nach § 28 Abs. 3 VwGG wird insbesondere dann nicht entsprochen, wenn die zur Zulässigkeit der Revision erstatteten Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen (VwGH 26.6.2018, Ra 2018/16/0087, mwN).

9 Ein Revisionswerber, der - entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes - eine Abweichung des angefochtenen Erkenntnisses (oder Beschlusses) von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet, hat konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten Entscheidung gleicht, das Verwaltungsgericht im revisionsgegenständlichen Fall jedoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist (VwGH 10.9.2018, Ra 2018/16/0134, mwN).

10 Legt man diesen Maßstab zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer relevierten Rechtsfrage zugrunde, so genügt das eingangs wiedergegebene Vorbringen der Revision zu ihrer Zulässigkeit im behaupteten Abweichen des angefochtenen Beschlusses von Rechtsprechung des VwGH nicht. Im Übrigen unterstellte des Verwaltungsgericht dem Revisionswerber im angefochtenen Beschluss kein Mitverschulden für eine unrichtige Beurteilung seiner Tätigkeit als Geschäftsführer, sondern erörterte eingehend das vom Revisionswerber im rechtskräftig abgeschlossenen Finanzstrafverfahren erstattete Vorbringen und im Hinblick auf § 165 Abs. 1 lit. b FinStrG die Möglichkeit, zur Untermauerung seines nunmehrigen Standpunktes vorgelegte Beweismittel bereits während des Finanzstrafverfahrens vorzulegen.

11 Die Revision ist daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 28. Februar 2019

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