VwGH Ra 2019/03/0152

VwGHRa 2019/03/015218.12.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des D S in W, vertreten durch Mag. Mathias Burger, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Wickenburggasse 3/16, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 23. Juli 2019, Zl. VGW-102/013/2517/2019, betreffend eine Maßnahmenbeschwerde in einer Angelegenheit nach dem WaffG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

WaffG 1996 §12 Abs1
WaffG 1996 §13
WaffG 1996 §13 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019030152.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien (VwG) eine auf Art. 132 Abs. 2 B-VG gestützte Maßnahmenbeschwerde des Revisionswerbers, mit der er die Verhängung eines vorläufigen Waffenverbots gegen ihn und die Sicherstellung seiner Waffen gemäß § 13 Abs. 1 Waffengesetz 1996 (WaffG) bekämpfte, als unbegründet ab. Die Revision erklärte das VwG für nicht zulässig.

2 Begründend führte das VwG zusammengefasst aus, Polizeibeamte hätten das vorläufige Waffenverbot am 3. Jänner 2019 verhängt und die im Vorraum einer Wohnung an die Wand gelehnten halbgeladenen Waffen (Kategorie C) des Revisionswerbers sichergestellt, nachdem sie von der Lebensgefährtin des Revisionswerbers zu Hilfe gerufen worden seien. Diese habe den Beamten mitgeteilt, sich vom (gerade abwesenden) Revisionswerber gerade trennen zu wollen, aufgrund der früheren Erfahrung aggressiver Reaktionen des Revisionswerbers aber zu fürchten, dass er ihr deshalb etwas antun könne. So habe der Revisionswerber sich in der Vergangenheit in einer ähnlichen Beziehungskrise ihr gegenüber aggressiv verhalten, indem er mit ihr geschrien habe, er "ausgezuckt" sei und gegen Sachen und Wände geschlagen habe. Er sei so aggressiv geworden, dass er in der Wohnung eine Wand regelrecht eingeschlagen bzw. ein Loch in der Wand verursacht habe. Die Frage nach tätlichen Angriffen ihr gegenüber habe die Lebensgefährtin verneint.

3 Rechtlich folgerte das VwG, § 13 WaffG sei dafür konzipiert, um bei Gefahr in Verzug die mit Grund anzunehmende Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung von Waffen mit schweren Folgen zu beseitigen. Bereits die Angaben seiner offensichtlich verängstigten Lebensgefährtin hätten für die Polizeibeamten ausreichend Grund zur Annahme geboten, dass der Revisionswerber durch missbräuchliches Verwenden der Waffen das Leben oder die Gesundheit der Frau gefährden könnte. Der Umstand, dass der Revisionswerber nach den Angaben seiner Lebensgefährtin noch keinen Angriff auf sie verübt hatte, habe - entgegen der Rechtsansicht des Revisionswerbers - diese Gefahr nicht beseitigt, da es bei einer Neigung zu ungewöhnlich heftigen Aggressionsausbrüchen mit Zerstörung von Sachen durchaus naheliege, dass sich diese Aggression unvermittelt gegen den Menschen richten könne, der den Anlass dazu gegeben habe. In solch einer Situation habe ein ausreichender Grund bestanden, den Missbrauch der halbgeladen bereitstehenden Waffen durch den Revisionswerber zu befürchten.

4 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit geltend gemacht wird, das VwG habe sich - in Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - zu Unrecht über den Antrag des Revisionswerbers auf Einvernahme zweier Zeugen hinweggesetzt, die bestätigen hätten können, dass die Lebensgefährtin des Revisionswerbers gegenüber den Beamten vor Ort angegeben habe, vom Revisionswerber noch nie bedroht oder angegriffen worden zu sein und er "über einen Streit hinaus nie aggressiv gewesen" sei. 5 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

6 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dient die Verhängung eines Waffenverbotes der Verhütung einer missbräuchlichen Verwendung von Waffen. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger ("missbräuchlicher") Gebrauch gemacht und dadurch eine Gefährdung im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG herbeigeführt werden könnte. Hierbei ist nach dem dem WaffG allgemein innewohnenden Schutzzweck bei der Beurteilung der mit dem Besitz von Schusswaffen verbundenen Gefahr ein strenger Maßstab anzulegen.

7 Der Verbotstatbestand des § 12 Abs. 1 WaffG setzt voraus, dass auf Grund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine qualifiziert rechtswidrige Verwendung von Waffen (nämlich durch gesetz- oder zweckwidrigen Gebrauch) zu befürchten ist. Liegt diese Voraussetzung vor, so hat die Behörde gemäß § 12 Abs. 1 WaffG vorzugehen und ein Waffenverbot auszusprechen, ohne dass ein bisher untadeliges Vorleben dem entgegenstünde. Wesentlich ist, dass dem Betroffenen die missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist. Der Begriff der "missbräuchlichen Verwendung" einer Waffe ist nicht restriktiv auszulegen. Es kommt nicht darauf an, dass die so qualifizierte rechtswidrige Verwendung von Waffen durch die vom Waffenverbot betroffene Person unmittelbar selbst erfolgt. Vielmehr rechtfertigt auch die Annahme, diese Person könnte einer anderen Person Zugang zu einer Waffe für deren missbräuchlichen Verwendung gewähren, die Erlassung eines Waffenverbotes.

8 Diese Rechtsprechung kommt auch für das vorläufige Waffenverbot nach § 13 WaffG zum Tragen, stellt doch auch Abs. 1 dieser Bestimmung bezüglich der Voraussetzungen für die darin enthaltene Sicherstellungsermächtigung - vergleichbar dem § 12 Abs. 1 WaffG - darauf ab, dass der Besitzer von sicherzustellenden Waffen durch missbräuchliches Verwenden von Waffen das Leben, die Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte. Allerdings reicht es für ein vorläufiges Waffenverbot nach § 13 Abs. 1 WaffG aus, wenn Organe der öffentlichen Aufsicht bei Gefahr im Verzug Grund zur Annahme für das Vorliegen einer solchen Gefährdungssituation haben (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 22.10.2012, 2011/03/0225, mwN, und VwGH 21.6.2017, Ro 2017/03/0007).

9 Im vorliegenden Fall begründete das VwG das Vorliegen der Voraussetzungen für ein vorläufiges Waffenverbot nach § 13 Abs. 1 WaffG und die Sicherstellung der Waffen des Revisionswerbers mit dem hohen Aggressionspotential, das den Polizeibeamten von der (verängstigt wirkenden) Lebensgefährtin des Revisionswerbers, die sich gerade anschickte, die Lebensgemeinschaft aufzulösen, geschildert worden war. 10 Dass die Sicherheitsorgane angesichts dessen keinen Grund zur Annahme für das Vorliegen einer Gefährdungssituation im Sinne der §§ 12 und 13 WaffG gehabt hätten, vermag die Revision nicht darzulegen. Insbesondere bestreitet die Revision nicht, dass der Revisionswerber in der Vergangenheit anlässlich einer ähnlichen Beziehungskrise massive Gewalt gegen Sachen ausgeübt und die Lebensgefährtin, wie von ihr geschildert, verbal attackiert hatte. Die Revision macht lediglich geltend, dass der Revisionswerber gegenüber seiner Lebensgefährtin nicht gewalttätig gewesen sei, was sie den einschreitenden Polizeibeamten auch mitgeteilt habe. Davon geht das VwG in seiner Begründung ohnedies aus, weshalb es der Einvernahme weiterer Zeugen zu diesem Beweisthema nicht bedurfte. Allein dieser Umstand führt aber nicht dazu, dass sich die Beurteilung des VwG in ihrem Ergebnis als rechtswidrig erwiese.

11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 18. Dezember 2019

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