VwGH Ra 2019/01/0329

VwGHRa 2019/01/032930.9.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision des H A in D, vertreten durch Dr. Anton Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/2/23, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. April 2019, Zl. L512 2159636- 1/24E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019010329.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein iranischer Staatsangehöriger, stellte am 20. Dezember 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er mit einer bereits im Iran erfolgten Konversion zum Christentum und einer deswegen bestehenden Verfolgungsgefahr begründete; in Österreich sei er Mitglied der Freien Evangelikalen Gemeinde Dornbirn.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde - im Beschwerdeverfahren - der Antrag des Revisionswerbers auf internationalen Schutz vollinhaltlich abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Zulässigkeit der Abschiebung des Revisionswerbers in den Iran festgestellt und eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen festgesetzt. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für nicht zulässig erklärt.

3 Gegen das genannte Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 26. Juni 2019, E 2147/2019-6, deren Behandlung ablehnte und diese über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 16. Juli 2019, E 2147/2019-8, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

4 Der Revisionswerber erhob in weiterer Folge die gegenständliche außerordentliche Revision.

5 In ihrer Zulässigkeit wird zusammengefasst geltend gemacht, das Erkenntnis sei unionsrechtswidrig, weil sich das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) über die Rechtsprechung des EuGH hinweggesetzt habe, indem es außer Acht gelassen habe, dass der Revisionswerber im Falle der Rückkehr mit der Todesstrafe bedroht werde und keine Prognoseentscheidung zur möglichen Religionsausübung im Herkunftsstaat getroffen habe. Weiters habe das BVwG die Beweiswürdigung zur inneren Überzeugung des Revisionswerbers in einer unvertretbaren Weise vorgenommen; es hätte den Pastor (der Freien Evangelikalen Gemeinde D) und weitere Gemeindemitglieder hierzu befragen müssen; zudem werde das Erkenntnis dadurch mit einem Ermittlungsmangel belastet. Das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers hätte aufgrund der Länderberichte beurteilt werden müssen, aus diesen gehe hervor, dass der Abfall vom Islam für sich alleine asylrelevant sei. Vom BVwG sei nicht bestritten worden, dass der Revisionswerber bereits im Herkunftsstaat konvertiert sei und schon deshalb ins Visier der Behörden des Herkunftsstaats geraten sein. Das BVwG habe die asylrelevante Bedeutung der Konversion völlig außer Acht gelassen und entgegen den ausdrücklichen Angaben des Revisionswerbers, unter Heranziehung von Scheinbegründungen, ausgeführt, dass dieser im Falle der Rückkehr darauf verzichten würde, den christlichen Glauben auszuüben. Das BVwG sei dadurch von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. 6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Das BVwG ist von der Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens ausgegangen.

10 Soweit sich die Revision gegen die Beweiswürdigung richtet, genügt der Hinweis, dass sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Revisionsmodell nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP , 16) soll. Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. etwa VwGH 27.5.2019, Ra 2018/01/0302, mwN). Eine derart krasse Fehlbeurteilung des BVwGs im Rahmen der Beweiswürdigung wird in der Revision nicht dargetan. 11 Insofern in diesem Zusammenhang erstmalig die unterbliebene zeugenschaftliche Einvernahme eines Pastors (bzw. weiterer allfälliger Zeugen) gerügt wird, ist darauf hinzuweisen, dass die Frage, ob eine Beweisaufnahme im verwaltungsgerichtlichen Verfahren notwendig ist, grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung durch das Verwaltungsgericht unterliegt. Ausgehend davon zeigt die Revision in ihrem Zulässigkeitsvorbringen eine krasse, die Rechtssicherheit beeinträchtigende Fehlbeurteilung in der durch das BVwG - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - vorgenommenen Beurteilung jedenfalls nicht auf (vgl. zu all dem VwGH 19.3.2019, Ra 2018/01/0223, mwN). 12 Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegt, ist aber der festgestellte Sachverhalt. Entfernt sich der Revisionswerber bei der Zulässigkeitsbegründung vom festgestellten Sachverhalt, kann schon deshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegen (vgl. zum Nichtvorliegen einer Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG bei Entfernung vom festgestellten Sachverhalt etwa VwGH 19.6.2019, Ra 2018/01/0379, mwN). 13 Entgegen dem Revisionsvorbringen hat das BVwG seiner rechtlichen Beurteilung nicht die Feststellungen zu Grunde gelegt, der Revisionswerber sei zum christlichen Glauben konvertiert und werde seinen christlichen Glauben bei einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat nicht mehr ausüben können. Vielmehr ist das BVwG in seiner Beweiswürdigung zum Ergebnis gelangt, dass es sich bei der vom Revisionswerber behaupteten Konversion um eine Scheinkonversion handle. Die Revision entfernt sich daher mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen, der Revisionswerber sei aufgrund seiner Glaubensüberzeugung in das Visier der Behörden im Herkunftsstaat geraten und werde seinen christlichen Glauben im Iran weiter ausüben wollen, vom festgestellten Sachverhalt. Schon deshalb geht das Vorbringen der fehlenden Prognoseentscheidung und der fehlenden Auseinandersetzung mit einer asylrelevanten Rückkehrgefährdung fallbezogen ins Leere.

14 Soweit der Revisionswerber in seiner Stellungnahme vom 19. September 2019 auf die Verschlechterung seines gesundheitlichen Zustandes sowie ein Schreiben des Diözesanbischofs von Feldkirch vom 18. September 2019 verweist, unterliegt dieses Vorbringen dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltenden Neuerungsverbot (§ 41 VwGG). 15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 30. September 2019

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