VwGH Ra 2019/01/0059

VwGHRa 2019/01/005928.2.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision des M S in G, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/I, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 30. Oktober 2018, Zl. LVwG 70.9-2812/2017-29, betreffend Staatsbürgerschaft (belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

StbG 1985 §10
StbG 1985 §10 Abs1 Z6

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019010059.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Angefochtenes Erkenntnis

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark (Verwaltungsgericht) wurde der Sache nach der Antrag des Revisionswerbers, eines algerischen Staatsangehörigen, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß den §§ 10 Abs. 1 Z 6, 10 Abs. 2 Z 7 und 11 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG) abgewiesen (I.), der Revisionswerber zur Tragung der Kosten der beigezogenen Dolmetscher verpflichtet (II.) und die Revision für unzulässig erklärt (III.).

2 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, der Revisionswerber sei vom Juni 2013 bis Dezember 2016 Obmann des Vereines "Ägyptisch-Islamisches-Zentrum" gewesen und habe zumindest in diesem Zeitraum die islamische Interpretation dieses Moschee-Vereines mitgetragen und mitzuverantworten, dass Räumlichkeiten des Vereines einem türkischen Islamisten wie auch einem Imam aus einem salafistischen Moschee-Verein zur Verfügung gestellt worden seien. Der Revisionswerber habe es zugelassen, dass solche Kontakte stattgefunden hätten, wie dies aufschlussreich den im angefochtenen Erkenntnis näher dargestellten, von Vereinsseite verwendeten, sozialen Medien zu entnehmen sei. Gleiches gelte für den (vom Revisionswerber zu verantwortenden Umstand), dass als ständiger Imam des Vereines eine Person tätig gewesen sei, die der Muslimbrüderschaft zuzurechnen sei (diese Gruppierung vertrete einen salafistischen und dschihadistischen Islam). Auch davon hätte sich der Revisionswerber als gebildeter, intelligenter Mensch aktiv entsprechend zu distanzieren gehabt. Somit könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Revisionswerber die Interessen der Republik Österreich schädigen könne bzw. in einem Naheverhältnis zu extremistischen, terroristischen Gruppierungen stehe, in deren Umfeld derartige Aktivitäten nicht ausgeschlossen werden können.

3 Beweiswürdigend führte das Verwaltungsgericht unter anderem aus, die getroffenen Feststellungen ergäben sich einerseits aus dem erstinstanzlichen Akteninhalt, insbesondere einer näher bezeichneten Stellungnahme des Landesamtes für Verfassungsschutz sowie einem weiteren Bericht derselben Behörde, sowie aus dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

Zulässigkeit

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit zunächst vor, die Verleihungsbehörde dürfe sich (nach zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) nicht darauf beschränken, Bedenken der Sicherheitsbehörde referierend wiederzugeben und Verleihungshindernisse ohne (inhaltliche) Auseinandersetzung mit den Stellungnahmen (als erwiesen) anzunehmen. Eine solche Begründung fehle "dem maßgeblichen Bescheid" (gemeint wohl: dem angefochtenen Erkenntnis).

9 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entfaltet eine von den Sicherheitsbehörden geleistete "Amtshilfe" bzw. im Verleihungsverfahren abgegebene negative Stellungnahme für die Verleihungsbehörde keine Bindung in ihrer Entscheidung. Sie entbindet die Staatsbürgerschaftsbehörde vor allem nicht davon, die Voraussetzungen der Einbürgerung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu überprüfen und ihre Entscheidung entsprechend darzustellen. Diese Voraussetzungen sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber dann erfüllt, wenn die Behörde die Feststellungen der Sicherheitsbehörde wiedergegeben hat, sich diesen anschloss und aus diesen rechtlich das Vorliegen der angeführten Verleihungshindernisse ableitete (vgl. VwGH 25.9.2018, Ra 2018/01/0325, mwN).

10 Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis nicht abgewichen.

11 Weiters behauptet die Revision zu ihrer Zulässigkeit, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 10 Abs. 2 Z 7 StbG, welche berücksichtige, dass eine Person Mitglied einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung gewesen sei, jedoch "den Kontakt mit dieser abgebrochen und sich von dieser distanziert" habe.

12 Dieses Vorbringen kann die Zulässigkeit der Revision schon deshalb nicht dartun, weil das Verwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis auch auf das Verleihungshindernis des § 10 Abs. 1 Z 6 StbG gestützt hat (vgl. zu diesem Verleihungshindernis im Hinblick auf den Obmann eines Moschee-Vereines VwGH 19.9.2017, Ra 2017/01/0258-0261, mwN).

13 Für dessen Verneinung ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein längeres Wohlverhalten des Fremden seit einem nach § 10 Abs. 1 Z 6 StbG relevanten Fehlverhalten zu verlangen (vgl. VwGH 14.12.2018, Ra 2018/01/0406, mwN). Ein solches längeres Wohlverhalten bringt die Revision - in den alleine maßgeblichen Zulässigkeitsgründen - nicht vor.

14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 28. Februar 2019

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