Normen
GSpG 1989 §53
GSpG 1989 §53 Abs3
VwGVG 2014 §7
VwGVG 2014 §7 Abs3
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2017170967.L00
Spruch:
Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 18. Mai 2016 ordnete die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg gegenüber dem Inhaber die Beschlagnahme von vier bei einer Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz (GSpG) in seinem Lokal vorgefundenen Glücksspielgeräten, von zwei als "Cashcenter" bezeichneten Ein- und Auszahlungsgeräten sowie den darin enthaltenen Geldbeträgen an.
2 Mit Bescheid vom 29. November 2016 ordnete die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg auch gegenüber der revisionswerbenden Partei als Eigentümerin die Beschlagnahme derselben Gegenstände an.
3 Das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) wies mit Erkenntnis vom 9. Mai 2017 die vom Inhaber gegen den Bescheid vom 18. Mai 2016 erhobene Beschwerde ab.
4 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das LVwG nunmehr die von der revisionswerbenden Partei gegen den Bescheid vom 29. November 2016 erhobene Beschwerde mangels Legitimation zur Beschwerdeerhebung zurück und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
5 Begründend führte das LVwG aus, der revisionswerbenden Partei sei bereits das Beschwerderecht gegen den Beschlagnahmebescheid vom 18. Mai 2016 zugestanden, auch wenn ihr dieser Bescheid nicht zugestellt worden sei. Dem Rechtsschutzbedürfnis der revisionswerbenden Partei sei das LVwG daher bereits mit dem Erkenntnis vom 9. Mai 2017 "nachgekommen". Die Erhebung der nunmehrigen Beschwerde sei somit mangels Berechtigung unzulässig.
6 Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss kostenpflichtig aufzuheben.
7 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Abweisung bzw. Zurückweisung der Revision beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Die revisionswerbende Partei macht zur Zulässigkeit der Revision geltend, das LVwG schränke mit seiner Deutung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Beschwerdelegitimation iZm Beschlagnahmen das Beschwerderecht einer im Beschlagnahmeverfahren zunächst übergangenen Partei unzulässigerweise ein.
10 Die Revision erweist sich im Ergebnis als zulässig und auch als begründet:
11 Aus § 53 Abs. 3 GSpG ergibt sich, dass Parteien im Beschlagnahmeverfahren der Veranstalter, der Inhaber und der Eigentümer beschlagnahmter Gegenstände sind. Diesen Personen kommt daher auch das Recht zu, Rechtsmittel gegen einen Beschlagnahmebescheid zu erheben (vgl. zB VwGH 24.2.2014, 2013/17/0518, mwN). Diese Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof auch unter der Geltung des VwGVG aufrecht erhalten (vgl. etwa VwGH 23.1.2017, Ra 2016/17/0281). 12 Die Berechtigung zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Beschlagnahmebescheid ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - unabhängig davon, ob der Beschwerdeführer formal als Adressat des Bescheides bezeichnet wurde oder nicht - davon abhängig, ob nach der anzuwendenden gesetzlichen Grundlage der Beschlagnahmebescheid (allenfalls: auch) an ihn zu richten gewesen wäre. Das Beschwerderecht kommt daher dem Eigentümer der beschlagnahmten Sache auch dann zu, wenn der Bescheid nicht an ihn adressiert war. Dass ein Beschlagnahmebescheid nicht an den Eigentümer beschlagnahmter Glücksspielgeräte gerichtet war und ihm auch nicht zugestellt wurde, steht dessen Beschwerderecht somit nicht entgegen (vgl. VwGH 4.9.2018, Ra 2017/17/0169, mwN). Die dargestellte Rechtsprechung bedeutet jedoch nicht, dass eine Partei, der der Beschlagnahmebescheid noch nicht zugestellt wurde, diesen - gegebenenfalls ab Kenntnis von ihm - auch bereits mit Beschwerde bekämpfen müsste, um den Eintritt der Bindungswirkung zu verhindern (vgl. § 7 Abs. 3 VwGVG).
13 Die Beschwerde der revisionswerbenden Partei war daher zulässig und hätte nicht aus dem im angefochtenen Beschluss angeführten Grund zurückgewiesen werden dürfen. Die vorangegangene Erledigung der Beschwerde einer anderen Partei konnte keine Wirkung für die revisionswerbende Partei entfalten. 14 Indem das LVwG diese Beschwerde dennoch mit der Begründung des Verbrauchs des Beschwerderechts als unzulässig zurückgewiesen hat, belastete es den angefochtenen Beschluss schon deswegen mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
15 Der angefochtene Beschluss war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
16 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 29. April 2019
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