VwGH Ra 2018/22/0032

VwGHRa 2018/22/003222.2.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl, Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Dr. Schwarz als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Lechner, in der Revisionssache des S K, vertreten durch Mag. Andreas Strobl, Rechtsanwalt in 1150 Wien, Hütteldorfer Straße 81b/1DG/12, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 26. September 2017, VGW-151/060/5861/2017-19, betreffend Wiederaufnahme von Aufenthaltstitelverfahren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §69 Abs1 Z1;
AVG §69 Abs3;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018220032.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein serbischer Staatsangehöriger, heiratete am 27. Februar 2015 eine österreichische Staatsbürgerin und stellte am 4. Mai 2015 einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger", der vom Landeshauptmann von Wien am 24. August 2015 bewilligt wurde. Am 16. August 2016 stellte der Revisionswerber einen Verlängerungsantrag, dem am 14. Oktober 2016 durch Aushändigung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

2 Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 2. März 2017 wurden die Verfahren auf Erteilung der Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit Abs. 3 AVG wiederaufgenommen (Spruchpunkt 1) und die Anträge gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 NAG und § 24 NAG abgewiesen (Spruchpunkt 2).

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde (mit einer Maßgabe) ab. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Begründend stellte das Verwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung fest, dass die Ehe zu dem Zweck geschlossen worden sei, dem Revisionswerber die Erlangung eines Aufenthaltstitels als Familienangehöriger einer Österreicherin zu ermöglichen. Zwischen dem Revisionswerber und seiner Ehegattin habe zu keinem Zeitpunkt eine "intime emotionale oder geschlechtliche Beziehung", wie sie in einer Ehe typischerweise gelebt werde, bestanden.

5 Dagegen wurde die gegenständliche außerordentliche Revision erhoben.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 AVG ist ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren wieder aufzunehmen, wenn der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist. Unter diesen Voraussetzungen kann gemäß § 69 Abs. 3 leg. cit. die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

8 Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein "Erschleichen" eines Bescheides dann vor, wenn dieser in der Art zu Stande gekommen ist, dass bei der Behörde von der Partei objektiv unrichtige Angaben von wesentlicher Bedeutung mit Irreführungsabsicht gemacht wurden und diese Angaben dann dem Bescheid zu Grunde gelegt worden sind, wobei die Verschweigung wesentlicher Umstände dem Vorbringen unrichtiger Angaben gleichzusetzen ist (vgl. VwGH 23.11.2017, Ra 2017/22/0185, mwN).

9 Der Revisionswerber berief sich in den von der Behörde zunächst bewilligten Aufenthaltstitelverfahren auf seine Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin. Die Revision richtet sich nicht gegen die - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vom Verwaltungsgericht vorgenommene - Feststellung einer Aufenthaltsehe und die Abweisung der wiederaufgenommenen Aufenthaltsverfahren.

10 Mit dem Vorbringen zur Zulässigkeit der Revision, wonach die Behörde "eingestehe", dass sie bereits zu Beginn des Jahres 2016 "aufgrund des hohen Altersunterschiedes" zwischen dem Revisionswerber und seiner Ehefrau den Verdacht einer Aufenthaltsehe gehabt habe, und die Behörde bei der (zwischenzeitlich ermittelnden) "Landespolizeidirektion Wien hätte erfragen können, zu welchen Ermittlungsergebnisse diese gekommen sei bzw. diese zu beschleunigtem Ermitteln auffordern (hätte) müssen", zeigt der Revisionswerber nicht auf, inwiefern den Verfahren betreffend die ursprüngliche Erteilung der beantragten Aufenthaltstitel ein - ein "Erschleichen" ausschließender - relevanter Verfahrensmangel anhafte.

11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 22. Februar 2018

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