VwGH Ra 2018/21/0062

VwGHRa 2018/21/006226.4.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Pfiel als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Samonig, über die Revision des M S P in W, vertreten durch Mag.a Irene Oberschlick, Rechtsanwältin in 1030 Wien, Weyrgasse 8/6, gegen das am 7. Februar 2018 mündlich verkündete und am 16. Februar 2018 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes, Zl. L519 1433383-2/8E, betreffend Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005, Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Festsetzung der Ausreisefrist und Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

BFA-VG 2014 §9 Abs2 Z8;
BFA-VG 2014 §9;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018210062.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der 1979 geborene Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Bangladesch, reiste am 10. Februar 2013 in das Bundesgebiet ein und beantragte am selben Tag die Gewährung von internationalem Schutz.

2 Das Bundesasylamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom 14. Februar 2013 zur Gänze ab und verfügte die Ausweisung des Revisionswerbers nach Bangladesch. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit Erkenntnis vom 14. April 2016, Asyl und subsidiären Schutz betreffend, als unbegründet ab. Im Übrigen verwies das BVwG "das Verfahren" gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) zurück.

3 Mit Bescheid vom 8. März 2017 sprach das BFA sodann aus, dass dem Revisionswerber ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt werde. Unter einem wurde gegen ihn gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Bangladesch zulässig sei. Schließlich setzte das BFA die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

4 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das BVwG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 7. Februar 2018 mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und sprach gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Begründend verwies es insbesondere darauf, dass der Revisionswerber in Österreich - wenn auch ohne die erforderlichen Bewilligungen und großteils im Bewusstsein des unsicheren Aufenthalts - zuletzt als Zeitungskolporteur gearbeitet habe, über einen arbeitsrechtlichen Vorvertrag verfüge und Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 erworben habe. Er sei strafgerichtlich unbescholten und weise (aus der Tätigkeit als Kolporteur) Sozialkontakte zu "Altenheimbewohnern" auf. Zudem sei er Mitglied beim Roten Kreuz und der "Bengalisch-Österreichischen Gesellschaft". Allerdings fehlten in Österreich familiäre oder verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte zur Gänze.

Im Herkunftsstaat lebten dagegen sein Vater, drei Geschwister, seine Ehefrau sowie zwei gemeinsame Kinder; daneben bestehe ein Freundes- und Bekanntenkreis. Dort habe er den Großteil seines Lebens verbracht, seine Sozialisierung erfahren und beherrsche die Landessprache "auf Muttersprachenniveau". Er sei jung, gesund und arbeitsfähig, sodass dort von einer gesicherten Existenzgrundlage, wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich, auszugehen sei. Eine Wiedereingliederung im Herkunftsstaat sei somit zu erwarten. Die erwähnten, in Österreich erworbenen Sozialkontakte könnten auf brieflichem, telefonischem oder elektronischem Weg bzw. durch Besuche aufrechterhalten werden. Insgesamt sei somit nicht von einem Überwiegen der privaten Interessen des Revisionswerbers gegenüber dem hohen öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen auszugehen.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

7 In diesem Zusammenhang wendet sich der Revisionswerber gegen die vom BVwG nach § 9 BFA-VG vorgenommene Interessenabwägung, wobei er vor allem seine Aufenthaltsdauer sowie die Aspekte der dabei in Österreich erlangten Integration hervorhebt.

8 Dem ist zu erwidern, dass das BVwG - auch wenn die fallbezogenen Erwägungen eingehender hätten erfolgen können - doch auf die wesentlichen vom Revisionswerber relevierten Umstände ausreichend Bedacht genommen und insbesondere auch die fünfjährige Dauer des Inlandsaufenthalts sowie das Maß der dabei erlangten beruflichen, sprachlichen und sozialen Integration berücksichtigt hat.

Trotzdem musste das BVwG nicht von einem Überwiegen der persönlichen Interessen des Revisionswerbers an einem weiteren Verbleib in Österreich ausgehen, zumal er sich bisher nur auf Basis eines unberechtigten Antrags auf internationalen Schutz in Österreich aufgehalten hatte. Im Übrigen durfte das BVwG bei der Gewichtung der für den Revisionswerber sprechenden Umstände auch im Sinne des § 9 Abs. 2 Z 8 BFA-VG maßgeblich relativierend einbeziehen, dass er sich (bereits nach Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz durch das Bundesasylamt im Februar 2013) seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste. Im Übrigen wird auch in der Revision zugestanden, dass ein hohes öffentliches Interesse an einem geordneten Fremdenwesen besteht. Das verlangt von Fremden aber grundsätzlich, dass sie nach negativer Erledigung ihres Antrags auf internationalen Schutz das Bundesgebiet wieder verlassen (vgl. etwa VwGH 26.6.2013, 2013/22/0138).

9 Vor diesem Hintergrund sowie unter Berücksichtigung des Fehlens verwandtschaftlicher Bindungen in Österreich erweist sich das vom BVwG nach mündlicher Verhandlung unter Gewinnung eines persönlichen Eindrucks vom Revisionswerber erzielte Ergebnis der gemäß § 9 BFA-VG vorgenommenen Interessenabwägung zumindest als vertretbar, was nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Zulässigkeit einer (außerordentlichen) Revision in Bezug auf die Rückkehrentscheidung von vornherein entgegensteht (vgl. zum Ganzen zuletzt etwa VwGH 15.3.2018, Ra 2018/21/0034, Rn. 8, mwN).

10 Auch von der Revision vermisste Feststellungen über eine bereits aktuell vorliegende Selbsterhaltungsfähigkeit des Revisionswerbers sowie zu einer intensiveren Mitarbeit bei den genannten Vereinen (insbesondere in der Funktion als Dolmetscher sowie unter Leistung von Hilfestellungen "für seine Landsleute für die Integration") und ein Absolvieren von "Besuchsdiensten bei den Heimbewohnerinnen" hätten (wobei es sich bei den beiden zuletzt genannten Punkten zudem um unzulässige Neuerungen im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof handelt) keinen anderen Ausgang des Verfahrens begründen können.

11 In der Revision werden somit insgesamt keine für den vorliegenden Fall maßgeblichen Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 26. April 2018

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