VwGH Ra 2018/21/0021

VwGHRa 2018/21/002115.3.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Samonig, über die Revision des G R in W, vertreten durch Mag. Slavisa Zezelj, Rechtsanwalt in 1180 Wien, Gersthofer Str. 4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18. Dezember 2017, G306 2170336- 1/6E, betreffend (insbesondere) Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

BFA-VG 2014 §9;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018210021.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der 1985 geborene Revisionswerber ist serbischer Staatsangehöriger und lebt nach eigenen Angaben "seit 2012" in Österreich. Ihm wurden Aufenthaltstitel erteilt, zuletzt eine bis zum 8. Dezember 2017 gültige "Rot-Weiß-Rot - Karte plus".

2 Am 4. Oktober 2012 hatte der Revisionswerber eine in Wien wohnhafte serbische Staatsangehörige geheiratet. Aus dieser Ehe entstammt ein 2013 geborener Sohn. Zwei weitere Kinder des Revisionswerbers - aus einer anderen Verbindung - leben in Serbien.

3 Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 1. August 2017 wurde der Revisionswerber wegen der Verbrechen der schweren Körperverletzung nach § 84 Abs. 4 StGB und der (versuchten) schweren Nötigung nach den §§ 15105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 1 StGB zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 16 Monaten verurteilt. Der unbedingte Strafteil betrug drei Monate und wurde vom Revisionswerber - unter Anrechnung der Vorhaft - im Zeitraum vom 28. Mai 2017 bis zum 28. August 2017 verbüßt.

4 Dieser Verurteilung lag zu Grunde, dass der Revisionswerber seine Ehefrau am 28. Mai 2017 vorsätzlich am Körper verletzt hatte, indem er ihr Faustschläge ins Gesicht sowie Fußtritte und Schläge gegen den Körper versetzt und ihren Kopf auf den Boden und gegen die Wand geschlagen hatte, wodurch seine Ehefrau (u.a.) einen Bruch des Oberkiefers, einen Bruch des Nasenbeins und einen Bruch der sechsten Rippe erlitten hatte; außerdem, dass er sie durch gefährliche Drohung mit dem Tod unter Vorhalt eines Messers zu einer Unterlassung, und zwar zur Abstandnahme von ihrem Vorhaben zu schreien, zu nötigen versucht hatte.

5 Im Hinblick auf die strafrechtliche Verurteilung bzw. die ihr zu Grunde liegenden Tathandlungen erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gegen den - dann mit 2. November 2017 rechtskräftig geschiedenen - Revisionswerber mit Bescheid vom 28. August 2017 eine Rückkehrentscheidung und ein achtjähriges Einreiseverbot. Außerdem sprach das BFA aus, dass ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt werde, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Serbien zulässig sei und setzte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest.

6 Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 18. Dezember 2017 nach Durchführung der beantragten Beschwerdeverhandlung nur insoweit statt, als es die Dauer des Einreiseverbotes auf drei Jahre herabsetzte. Im Übrigen wies es die Beschwerde aber - mit einer hier nicht näher darzustellenden Maßgabe - als unbegründet ab. Schließlich sprach das BVwG nach § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

7 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Abspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

9 Diesbezüglich knüpft der Revisionswerber an die Überlegung des BVwG an, es seien - neben familiären Gesichtspunkten, wirtschaftlichen Integrationsmomenten und dem bisherigen rechtmäßigen Aufenthalt - Hinweise auf eine "darüber hinausgehende berücksichtigungswürdige besondere Integration" des Revisionswerbers im Hinblick auf "die kurze Dauer" seines bisherigen durchgehenden Aufenthalts in Österreich "nicht erkennbar". Der Revisionswerber macht darauf Bezug nehmend geltend, es fehle Rechtsprechung dazu, "ob ein sechsjähriger ununterbrochener Aufenthalt in Verbindung mit vom BVwG festgestellten familiären und sozialen Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet als Aufenthalt ‚von kurzer Dauer' zu beurteilen ist und insoweit eine berücksichtigungswürdige besondere Integration zu verneinen wäre, wenn das Familienleben selbst nach einer strafrechtlichen Verurteilung wegen Gewalt in der Familie fortgesetzt wird."

10 Damit spricht der Revisionswerber ausschließlich die vom BVwG gemäß § 9 BFA-VG vorgenommene Interessenabwägung an. Diese ist aber, weil auf einer einzelfallbezogenen Beurteilung beruhend, nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann nicht revisibel, wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde (vgl. etwa VwGH 31.8.2017, Ra 2017/21/0041, Rn. 13, mwN).

11 Das ist hier der Fall, und zwar ungeachtet der familiären Anknüpfungspunkte des Revisionswerbers, die das BVwG ohnehin nicht in Abrede gestellt hat. Dazu ist aber im Übrigen anzumerken, dass die der Revision zu Grunde gelegte Prämisse einer weiteren "Unterkunftnahme" des Revisionswerbers "bei der Ex-Gattin" verfahrensrechtlich keine Basis hat; das wurde nämlich nie vorgebracht und stellt somit eine im Revisionsverfahren unbeachtliche Neuerung dar.

12 Dem Revisionswerber ist dann zwar darin beizupflichten, dass ein sechsjähriger Inlandsaufenthalt nicht schon für sich betrachtet zu kurz ist, um von einer "besonderen Integration" ausgehen zu können. Gesichtspunkte für eine "besondere Integration" außerhalb der familiären Bindungen des Revisionswerbers vermag aber auch die Revision nicht aufzuzeigen.

13 Im Ergebnis werden damit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen.

Wien, am 15. März 2018

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