VwGH Ra 2018/18/0475

VwGHRa 2018/18/04754.10.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin MMag. Ginthör als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des H A, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Jänner 2018, Zl. W137 2131753- 1/19E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018180475.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger aus Kunduz, stellte am 6. Juli 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Wesentlichen damit begründete, Taliban hätten ihn entführt, um ihn zu einem Selbstmordattentäter auszubilden. Es sei ihm jedoch gelungen zu fliehen und den Herkunftsstaat zu verlassen.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) den Antrag des Revisionswerbers - im Beschwerdeverfahren - zur Gänze ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel nach § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), erließ gegen den Revisionswerber eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei und legte die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest. Die Revision erklärte das BVwG für nicht zulässig.

3 Begründend führte das BVwG im Wesentlichen aus, dem Fluchtvorbringen des Revisionswerbers könne aus näher dargestellten Gründen kein Glauben geschenkt werden. Dem Revisionswerber wäre eine Rückkehr in die Stadt Kunduz, wo seine Eltern und Geschwister lebten, ohne Beeinträchtigung der nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 geschützten Rechte möglich. Ein vorübergehender Aufenthalt in Kabul bis zur Rückreise zu seiner Familie nach Kunduz sei ihm zumutbar. In Bezug auf die Rückkehrentscheidung nahm das BVwG eine näher begründete Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK vor.

4 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit zusammengefasst geltend gemacht wird, das BVwG habe seiner Entscheidung entgegen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung keine aktuellen Länderberichte zugrunde gelegt, keine Erhebungen vor Ort angestellt und kein länderkundliches Sachverständigengutachten eingeholt. Die Verhältnisse in Afghanistan hätten sich mittlerweile maßgeblich geändert. Dazu werde auf die aktuellsten Länderberichte verwiesen, beispielsweise auf die aktuellen UNHCR-Richtlinien vom 30. August 2018 oder das Gutachten der länderkundlichen Sachverständigen F. S. vom 21. März 2018 für das Verwaltungsgericht Wiesbaden. In Bezug auf die Rückkehrentscheidung habe das BVwG keine Gesamtabwägung der Kriterien für die Beurteilung der Integration vorgenommen, wie sie in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verlangt werde.

5 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

6 Im vorliegenden Fall macht die Revision eine Verschlechterung der Lage in Afghanistan geltend, bezieht sich dabei aber auf Richtlinien und Gutachten, die erst nach dem Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG datieren. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts jedoch gemäß § 41 VwGG auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses zu prüfen. Daraus wird in ständiger Rechtsprechung auch abgeleitet, dass neue Tatsachen, die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vorgebracht werden, bei der Entscheidung über die Revision keine Berücksichtigung finden können (vgl. etwa VwGH 18.1.2017, Ra 2016/18/0258-0259, mwN). Schon deshalb erweist sich die Kritik der Revision an den Länderfeststellungen des BVwG sowie den dargestellten Erwägungen des Verwaltungsgerichts, die eine Abweisung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz rechtfertigen, als nicht geeignet, die Zulässigkeit der Revision zu begründen.

7 Auch vermag die Revision nicht hinreichend darzulegen, dass das BVwG im gegenständlichen Fall tragende Verfahrensgrundsätze verletzt oder eine unvertretbare Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK vorgenommen hätte.

8 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 4. Oktober 2018

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