VwGH Ra 2018/18/0059

VwGHRa 2018/18/005913.2.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Sutter als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wech, über die Revision des J S R in W, vertreten durch Dr. Michael Vallender, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Dezember 2017, Zl. W125 2016996-2/7E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
MRK Art8;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein indischer Staatsangehöriger, stellte am 24. November 2014 einen Antrag auf internationalen Schutz.

2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) wies den Antrag mit Bescheid vom 5. Februar 2014 zur Gänze ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass eine Abschiebung nach Indien zulässig sei und erkannte der Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab. Mit Erkenntnis vom 30. April 2015 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die dagegen erhobene Beschwerde hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten ab, behob jedoch im Übrigen den Bescheid und verwies die Angelegenheit an das BFA zurück, damit dieses prüfe, wo sich die Familie des Revisionswerbers aktuell aufhalte. Mit Bescheid vom 11. August 2017 wies das BFA dann im zweiten Verfahrensgang den Antrag hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG), erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass eine Abschiebung des Revisionswerbers nach Indien zulässig sei und sprach aus, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise von vierzehn Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung bestehe.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das BVwG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 12. Dezember 2017 ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die vorliegende außerordentliche Revision wendet sich gegen die getroffene Rückkehrentscheidung und behauptet ein Abweichen von den grundrechtlichen Anforderungen nach Art. 8 EMRK. Entgegen der hg. Judikatur unterlässt es die Revision jedoch, konkret darzulegen, in welchen Punkten das angefochtene Erkenntnis von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche (vgl. VwGH 29.8.2017, Ra 2017/19/0295). Bereits aus diesem Grund gelingt es der Revision nicht, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen.

8 Darüber hinaus ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen, wenn sie - was hier gegeben ist - auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgt und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wird, nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (VwGH 13.12.2017, Ra 2017/01/0310).

9 Ob außerhalb des Bereiches des insbesondere zwischen Ehegatten und ihren minderjährigen Kindern ipso iure zu bejahenden Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK ein Familienleben vorliegt, hängt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte jeweils von den konkreten Umständen ab, wobei für die Prüfung einer hinreichend stark ausgeprägten persönlichen Nahebeziehung gegebenenfalls auch die Intensität und Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung sind. Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. VwGH 2.1.2017, Ra 2016/18/0235, mwN).

10 Dem Revisionswerber gelingt es mit seinem Vorbringen nicht, ein solches Abhängigkeitsverhältnis darzulegen. Die Revision verweist lediglich auf die - ohnehin auch im angefochtenen Erkenntnis festgestellten und der Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK zugrunde gelegten - familiären Anknüpfungspunkte des Revisionswerbers in Österreich. Das BVwG hat insbesondere auch die vorgebrachte finanzielle Unterstützung durch den in Österreich lebenden Vater des Revisionswerbers in die gemäß Art. 8 EMRK - in vertretbarer Weise - vorgenommene Interessenabwägung miteinbezogen. Die Revision zeigt somit nicht auf, dass das angefochtene Erkenntnis von den in der hg. Judikatur aufgestellten Leitlinien abgewichen sei.

11 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war somit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 13. Februar 2018

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