Normen
AsylG 2005 §3;
AsylG 2005 §8;
BFA-VG 2014 §9 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §52 Abs2;
MRK Art8;
VwGG §34 Abs1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018140166.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger des Iraks und schiitischer Moslem, stellte am 28. August 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund gab er an, er habe in Bagdad als Friseur auch Christen und Jesiden als Kunden gehabt und als Sänger öffentlich regierungskritische Lieder gesungen, weswegen er von Islamisten und seinem Clan verfolgt worden sei.
2 Mit Bescheid vom 8. November 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig sei. Die Frist für eine freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, da die Beweiswürdigung zum Fluchtvorbringen unschlüssig sei und das Bundesverwaltungsgericht nicht alle Beweismittel berücksichtige. Im Erkenntnis werde auch nicht auf die konkreten Fluchtgründe eingegangen, was gegen die Begründungspflicht verstoße. Das Bundesverwaltungsgericht habe im Zusammenhang mit der Integration des Revisionswerbers dessen Selbsterhaltungsfähigkeit auf Grund einer selbständigen Erwerbstätigkeit und einer Gesellschafterstellung nicht bezogen auf den Zeitpunkt seiner Entscheidung geprüft und entsprechende Feststellungen unterlassen, wodurch es auch gegen seine amtswegige Ermittlungspflicht verstoßen habe. Auch seien die sozialen Kontakte und die Integrationsbemühungen des Revisionswerbers nicht ausreichend berücksichtigt worden.
8 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist dieser als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Die Beweiswürdigung ist damit nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges (nicht aber die konkrete Richtigkeit) handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. etwa VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0051, mwN).
9 Eine solche Unvertretbarkeit der Beweiswürdigung vermag der Revisionswerber nicht aufzuzeigen. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit dem Fluchtvorbringen des Revisionswerbers auseinandergesetzt und ist in einer nicht als unschlüssig zu bezeichnenden Beweiswürdigung zum Ergebnis gekommen, der Revisionswerber habe keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen können.
10 Insoweit die Revision im Zusammenhang mit der Selbsterhaltungsfähigkeit des Revisionswerbers das Fehlen von Feststellungen zu seiner Einkommenssituation im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts rügt, legt sie nicht dar, dass diese Feststellungen zu einem anderen - für den Revisionswerber günstigeren - Verfahrensausgang im Rahmen der Abwägungsentscheidung des § 9 Abs. 2 BFA-VG führen hätten können.
11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgt und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. etwa VwGH 18.10.2018, Ra 2018/19/0178, mwN). Die Revision zeigt nicht auf, dass die Interessenabwägung des Bundesverwaltungsgerichts fallbezogen unvertretbar wäre.
12 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 5. November 2018
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