Normen
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs8 litc;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs8;
B-VG Art133 Abs4;
VwRallg;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018060223.L00
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Spruchpunkt I. des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Salzburg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid der Gemeindevertretung der Gemeinde P. vom 30. November 2017, mit welchem ihr Antrag auf Unterschreitung des Mindestabstandes zur Heranführung des Carports mit seinem äußersten Gebäudeteil bis auf einen Abstand von 1 m zur Grenze des Grundstückes der mitbeteiligten Parteien im Sinn des § 25 Abs. 8 Bebauungsgrundlagengesetz - BGG abgelehnt worden war, als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
5 Die Revisionswerberin bringt in ihrer Begründung für die Zulässigkeit der vorliegenden Revision zunächst vor, das Verwaltungsgericht habe die Nachbarn als mitbeteiligte Parteien nicht nur dem Verfahren beigezogen, sondern ihnen auch "den angefochtenen Bescheid" zugestellt und ihnen dadurch in Abweichung von der gesetzlichen Bestimmung des § 16 Abs. 6 Salzburger Baupolizeigesetz 1997 die Möglichkeit einer Beschwerde bzw. Revision eröffnet. Weiters sei die außerordentliche Revision auch deswegen zulässig, weil das Verwaltungsgericht davon ausgegangen sei, dass auch § 25 Abs. 8 lit. a BGG anzuwenden sei, dies obwohl es sich bei dem betreffenden Carport um eine zum Wohnbau gehörige und dem Bedarf der Bewohner dienende, eingeschossige Nebenanlage handle. Das Verwaltungsgericht habe die Ablehnung des Antrages der Revisionswerberin weiters auf die Bestimmung des § 25 Abs. 8 lit. c BGG gestützt. In diesem Zusammenhang sei in grundsätzlicher Hinsicht zu klären, was als Vorteil einerseits bzw. als Nachteil andererseits anzusehen sei. Der vom Verwaltungsgericht angenommene Nachteil "des benachbarten Grundstückes" einer zusätzlichen Beschattung liege nicht vor, weil von einer möglichen Bebauung auf Grundlage der in der Bauplatzerklärung festgelegten Bauplatzdichte auf dem Baugrundstück auszugehen sei und das Carport laut gutachterlichen Feststellungen bei Ausnutzung der möglichen Bebauungsdichte keinen Schatten auf das Nachbargrundstück werfen würde. Es sei sohin kein Nachteil für das benachbarte Grundstück zu erkennen, während der Vorteil der Revisionswerberin darin liege, das Carport belassen zu können und nicht kostenaufwändig beseitigen zu müssen, wobei ihr die konsenslose Errichtung durch einen Voreigentümer nicht "als Nachteil" zugerechnet werden könne.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage dargelegt, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
6 Inwiefern die Revisionswerberin durch die Beiziehung der mitbeteiligten Parteien im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht in ihren Rechten verletzt sein könnte, ist nicht ersichtlich, zumal die mitbeteiligten Parteien kein Rechtsmittel gegen die angefochtene Entscheidung eingelegt haben, und wird von der Revisionswerberin auch nicht dargelegt. Der sich darauf beziehenden Frage kommt daher schon keine Relevanz für die Entscheidung über die vorliegende Revision zu.
7 Soweit die Revisionswerberin eine Klärung, was als Vorteil und was als Nachteil im Sinn des § 25 Abs. 8 lit. c BGG anzusehen sei, für erforderlich erachtet, ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits klargestellt hat, dass die Interessenabwägung nach § 25 Abs. 8 lit. c BGG eine Einbeziehung sämtlicher Vor- und Nachteile, auch solcher wirtschaftlicher Art (wie etwa die Wertminderung des Nachbargrundstückes), zu umfassen hat (vgl. VwGH 11.3.2016, Ra 2015/06/0033, mwN).
8 Eine solche Abwägungsentscheidung kann nur jeweils einzelfallbezogen unter Berücksichtigung der konkreten, mit der beantragten Abstandsunterschreitung verbundenen Vor- und Nachteile getroffen werden.
9 Eine solche einzelfallbezogene Beurteilung ist im Allgemeinen nicht revisibel. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht diese Gesamtabwägung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte. Der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. etwa VwGH 16.5.2018, Ra 2016/04/0027, mwN).
10 Wenn die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang vorbringt, das Verwaltungsgericht hätte auf die auf dem Baugrundstück mögliche Bebauungsdichte abstellen müssen, wodurch es nicht zu einer zusätzlichen Beschattung auf dem Nachbargrundstück durch das gegenständliche Carport käme, ist darauf zu verweisen, dass das Verwaltungsgericht ohnehin davon ausgegangen ist, indem es festgestellt hat, dass bei der derzeitigen Bebauung des Baugrundstückes durch das Carport eine zusätzliche Beschattung des Nachbargrundstückes eintrete, nicht aber dann, wenn das Wohnhaus auf dem Baugrundstück über ein weiteres Obergeschoß verfügte. Weiters hat es auf das Erfordernis der Schaffung zusätzlicher brandschutztechnischer Maßnahmen bei einer entsprechenden Bebauung des Nachbargrundstückes abgestellt und ausgeführt, dass die Nachteile für die mitbeteiligten Parteien den Vorteil der "Verwertung" des bestehenden, konsenslosen Carports für die Revisionswerberin überwögen, wobei das Verwaltungsgericht dem mit der Beseitigung des "Schwarzbaues" verbundenen finanziellen Nachteil für die Revisionswerberin mit näherer Begründung keine entscheidende Bedeutung zugemessen hat. Inwiefern diese rechtliche Beurteilung des Verwaltungsgerichtes unvertretbar sein soll, legt die Revision nicht dar. Die Gewichtung eines bestimmten Umstandes bei der Abwägungsentscheidung in einem konkreten Fall geht in seiner Bedeutung nicht über den Einzelfall hinaus und stellt daher keine grundsätzliche Rechtfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG dar (vgl. auch dazu VwGH 16.5.2018, Ra 2016/04/0027).
11 Nach der ständigen hg. Judikatur müssen die in § 25 Abs. 8 BGG genannten Voraussetzungen kumulativ vorliegen, weshalb schon bei Fehlen einer dieser Voraussetzungen die Erteilung einer Ausnahmebewilligung im Rahmen des der Behörde dabei eingeräumten Ermessens nicht zulässig ist (vgl. VwGH 24.8.2011, 2009/06/0161, mwN). Da das angefochtene Erkenntnis sich auch auf das Nichtvorliegen der Voraussetzung des § 25 Abs. 8 lit. c BGG stützt und insoweit, wie oben ausgeführt, Gründe im Sinn des § 28 Abs. 3 VwGG von der Revisionswerberin nicht vorgebracht wurden, hängt das Schicksal der Revision nicht (mehr) von der weiters aufgeworfenen Frage ab, ob im Revisionsfall auch die Bestimmung des § 25 Abs. 8 lit. a BGG anzuwenden ist.
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 19. Dezember 2018
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